Im Interview mit Armin van Buuren – neues Album „Breathe“ und Genre-Auflösungen

Im Interview mit Armin van Buuren – neues Album „Breathe“ und Genre-Auflösungen

Gerade erst hat A-State-Of-Trance-Head Armin van Buuren sein aktuelles Studioalbum „Breathe“ über Armada Music veröffentlicht. Sage und schreibe 51 Tracks enthält das 2-Disc-Werk, darunter zahlreiche Kollabos mit renommierten Künstlern wie ARTBAT, Oliver Heldens, Alok und vielen mehr. Auch wenn eine Fülle an Interpreten mitgewirkt hat, ist das Album für Armin das persönlichste seiner Karriere. Warum? Das erzählt uns der niederländische Musiker im Interview.

Hallo Armin, schön, dass du uns für ein paar Fragen bereitstehst. Lass uns über dein neues Album sprechen. „Breathe“ ist dein neuntes Soloalbum und der Nachfolger von „Breathe In“. Welche Geschichte möchtest du mit dem Titel erzählen – und worin unterscheidet sich das neue Werk vom Album aus dem Jahr 2024?

„Breathe“ besteht eigentlich aus zwei Alben – Breathe In und Breathe Out – die wie Spiegelbilder funktionieren: dieselbe Person, aber in einem anderen Raum. Mit Breathe In habe ich wiederentdeckt, wer ich bin – als Mensch und als Künstler. Breathe Out ist der Welleneffekt, der darauf folgt: die Freiheit, sich ohne Zögern auszudrücken. Es ist mutiger, an manchen Stellen auch experimenteller. Es erzählt die Geschichte von jemandem, der Frieden mit dem Chaos geschlossen hat und nun aus einem ruhigeren, authentischeren Ort heraus erschafft.

Das Album enthält viele spannende und genreübergreifende Kollaborationen – unter anderem mit Pendulum, Bon Jovi und Moby bei „Extreme Ways“. Welche Zusammenarbeit war für dich am aufregendsten, und wer steht noch auf deiner Wunschliste? Was wäre für dich ein Traum-Feature?

Jede dieser Kollaborationen hat mir etwas Neues beigebracht, aber die Arbeit mit Moby an „Extreme Ways“ war besonders eindrucksvoll – vor allem, weil dieser Song für viele Menschen eine persönliche Bedeutung hat. Ihm neue Ideen einzuhauchen, ohne seinen Charakter zu verlieren, war eine Herausforderung, aber eine, die ich gern angenommen habe. Auf meiner Wunschliste stehen definitiv noch Hans Zimmer oder jemand wie Ludovico Einaudi – ihre Fähigkeit, mit Klang Geschichten zu erzählen, ist einfach unglaublich. Auch Billie Eilish und Finneas finde ich großartig – ihre Produktionen sind so intim und eigenständig, diesen Kontrast würde ich gerne musikalisch erforschen. Und mit jemandem wie Chris Martin von Coldplay zu arbeiten, wäre ein absoluter Traum.

„Breathe“ wirkt wie ein Konzeptalbum. Es beschäftigt sich mit kreativer Freiheit, mentaler Gesundheit und persönlichem Wachstum. Wie sehr hat sich dein Lebensstil im Laufe der Jahre verändert? In einem Podcast mit Moby im Januar hast du über Alkoholkonsum bei Events und Auftritten gesprochen. Wir haben vor ein paar Monaten zum Beispiel auch Dr. Motte interviewt, den Erfinder der Love Parade, der gar keinen Alkohol konsumiert. Würdest du sagen, es gibt ein strukturelles Problem mit Alkohol in der Branche? Und wie könnte man damit umgehen?

Mein Lebensstil hat sich drastisch verändert. Früher war ich in einem endlosen Kreislauf gefangen: Tour, Studio, wieder von vorn – und ich habe selten innegehalten, um mich selbst zu reflektieren. Heute sind Meditation, Tagebuchschreiben und auch mal nein sagen essenzielle Werkzeuge für mich geworden. Ein Zitat, das mich stark geprägt hat, ist: „Die Höhle, die du fürchtest, birgt den Schatz, den du suchst.“ Diese Erkenntnis hat mir geholfen, mich auch mit unbequemen Wahrheiten auseinanderzusetzen – etwa damit, wie sehr Alkohol in unserer Szene normalisiert ist. Ja, es gibt definitiv ein strukturelles Problem. Exzess wird gefeiert, aber über die Kosten – besonders die persönlichen – wird kaum gesprochen. Ich glaube, wir müssen Räume schaffen, in denen bewusstere Entscheidungen möglich sind. Und wir müssen zeigen, dass man auch nüchtern performen, sich verbinden und eine gute Zeit haben kann.

Welche deutschen Artists aus dem Bereich der elektronischen Musik findest du aktuell spannend? Gibt es Nachwuchstalente, die dir besonders auffallen?

Lilly Palmer bringt eine New-Age-Intensität mit, die wirklich erfrischend ist. Man spürt, dass sie bei jedem ihrer Sets vollkommen im Moment ist – egal ob auf einer großen Festivalbühne oder in einem kleinen Club. Und Marlon Hoffstadt… was für eine Kraft. Er ist furchtlos, ständig auf der Suche nach neuen Ideen – das inspiriert mich sehr. Er war Teil eines meiner jüngsten Line-ups im Ushuaïa auf Ibiza, und ich war absolut beeindruckt davon, wie genau er den Finger am Puls der Zeit hat.

Viele deiner langjährigen Fans sehen dich nach wie vor als Trance-Künstler. Hat Trance deiner Meinung nach heute noch einen Platz in der Musiklandschaft – gerade, wo sich die Grenzen zu Techno zunehmend auflösen? Wo siehst du das Genre in zehn Jahren?

Absolut! Trance entwickelt sich ständig weiter, aber es wird nie verschwinden. Was ich aktuell beobachte, ist eine wunderbare Verschmelzung – Genregrenzen verlieren an Bedeutung. Viele Artists greifen die Emotion und Energie des Trance auf und kombinieren sie zum Beispiel mit der Härte von Techno. Ich denke in zehn Jahren wird es Trance definitiv noch geben – aber weniger definiert durch BPM-Zahlen und stärker durch das Gefühl, das die Musik transportiert.“

Hier könnt ihr „Breathe“ streamen:

„Breathe“ von Armin van Buuren ist am 27. Juni 2025 via Armada Music erschienen. Hier könnt ihr euch die Extended Mixe für euer DJ-Set holen.