In Mexiko steigen jedes Wochenende offizielle Raves – trotz der weltweit dritthöchsten Corona-Sterbefallquote

Symbolbild: Strand bei Tulum In Mexiko steigen jedes Wochenende offizielle Raves – trotz der weltweit dritthöchsten Corona-Sterbefallquote

Mexikos erfasste Sterbefälle durch das Corona-Virus sind die dritthöchsten der Welt. Trotzdem bleibt die mexikanische Stadt Tulum ein Party-Hotspot.

Im November kamen virale Clips von der Küstenstadt ans Licht, die im Süden der Halbinsel Yucatán liegt. Die Videos zeigten Raver*innen, die ohne Maske auf dem Festival Art With Me, einem Event mit etwa 1200 Teilnehmer*innen, eng aneinander gedrängt tanzten. Als Reaktion darauf veranlasste der Gouverneur von Quitana Too, Carlos Jaoquín González, ein landesweites Maskengebot, da die Fallzahlen gestiegen worden waren. Trotz dieser Umstände flogen DJs und Raver*innen nach Tulum, um an legalen Veranstaltungen teilzunehmen, während die Todeszahlen weiterhin in die Höhe schossen und zusätzlich ansteckende Mutationen auftauchten. Laut der New York Times verzeichnete Mexiko die dritthöchsten Fatalitäten, die aus der Pandemie resultierten und überholte damit Indien.

„Ich habe zwiespältige Gefühle über die Art und Weise, wie die Leute die Dinge angehen“, sagte Matthew Benjamin aka Bushwacka! gegenüber Resident Advisor. Der britische DJ veröffentlichte letzten Monat einen Facebook-Post, in dem er DJs, die in Tulum spielen, stark kritisierte. „Es fühlt sich einfach ein wenig seltsam an, dass es in Mexiko in Ordnung ist, solche Dinge zu tun, aber all die Leute, die dort ankommen, kommen von Orten, an denen solche Sachen nicht in Ordnung sind. Es fühlte sich einfach nicht wie der richtige Zeitpunkt an, als die Flughäfen links, rechts und in der Mitte geschlossen wurden, die Reisebeschränkungen aus vielen Ländern immer strenger wurden und den Leuten gesagt wurde: ‚Fliegen sie nicht, wenn sie nicht müssen.‘ Es fühlte sich an, als gäbe es eine Art Anspruchsdenken.“

Eine Reihe von Outdoor-Events, die in Ländern wie Italien, Tunesien und Kroatien stattfanden, brachten den Begriff „Pest-Raves“ hervor und zogen Kritik von Leuten wie Dave Clarke, Butch und Frankie Decaiza Hutchinson (Discwoman) nach sich. Kürzlich meldeten sich Bicep in The Independent zu Wort und nannten das Verhalten der „großen DJs„, die während der Pandemie auf Raves auflegten, „absolut ekelhaft„.

Der Instagram-Account Business Teshno war einer der ersten Kritiker an den Vorkommnissen in Tulum. Die Organisation, die in Berlin ansässig ist, postet regelmäßig Videos von hochkarätigen DJs, die während der Pandemie stark besuchte Festivals und dergleichen bespielen. Es gibt Clips von Solomun, Marco Carola, Solardo und Father & Son, die alle Anfang dieses Jahres in Tulum auflegten. Resident Advisor hat Solomun und Marco Carola kontaktiert, jedoch keine Antwort von Solomun erhalten sowie eine Interview-Absage von Carola bekommen.

Mexiko ist mit seinem warmen Klima und den lockeren Corona-Maßnahmen ein beliebtes Reiseziel. DJ Snakeman, eine Hälfte von Father & Son, erzählte Resident Advisor, wie das Duo dazu kam, in Tulum zu spielen. „Wir waren auf Ibiza und da alles dort überall geschlossen war, entschieden wir uns, nach Tulum zu kommen. Es war der einzige Ort auf der Welt, an dem Partys stattfanden und alles offen war.“ Er habe sich sicher gefühlt, weil er und sein DJ-Partner Andy Cly (der auch sein Sohn ist) bereits immun gegen Covid-19 waren, nachdem sie sich im August letzten Jahres mit dem Virus infiziert hatten. Snakeman riet denjenigen, die sich nicht mit Covid-19 angesteckt hatten, zu Hause zu bleiben, sah aber kein Problem darin, Partys für diejenigen zu besuchen, die er für immun hielt.  „Wenn die Leute es noch nicht hatten, müssen sie natürlich vorsichtig sein, weil das Virus gefährlich sein kann, aber ich für meinen Teil weiß nicht, ob es notwendig ist, die ganze Wirtschaft herunterzufahren.“

Der spanische Promoter Carlos Vazquez zog vor ein paar Monaten nach Tulum und brachte seine Rossé-Club-Events dorthin. „Jede Woche ziehen Promoter und DJs hierher. Das ist im Moment das Epizentrum des Nachtlebens.“ Vazquez sagt außerdem, dass seine Partys auf 250 Personen begrenzt sind, mit einer Tanzfläche, die nicht mehr als 40 Personen fasst. Er fügte hinzu, dass Rossé-Nächte „Covid-19-Protokolle an der Tür“ haben und „jeder Masken tragen muss“. Vazquez zählt Michael Bibi und Marco Carola zu seinen aktuellsten Gästen. Hier ein Video, das am 1. Januar veröffentlicht wurde. Es ist von der ersten Rossé-Veranstaltung in Tulum. In dem Video kann man sehen, dass niemand eine Maske trägt oder Abstandsregeln einhält.

 

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Quintana Roo, wo sich Tulum befindet, hat laut der New York Times eine der niedrigsten Sterberaten im Vergleich zu anderen mexikanischen Bundesstaaten. Doch wie das Art With Me Festival zeigte, kann der Besuch von Raves im Ausland zu Ausbrüchen zu Hause führen. The Daily Beast berichtete über Teilnehmer*innen, die krank wurden, und beschrieb das Festival als „Covid-Superspreader-Event„.

Einige behaupten, dass der Partytourismus in Tulum zur lokalen Wirtschaft beigetragen habe. Andere sagen, der Mangel an staatlicher Unterstützung in Großbritannien und Europa habe DJs gezwungen, im Ausland zu arbeiten, um sich finanziell über Wasser zu halten.

 

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Quelle: Resident Advisor