In the Lab with Frank Sonic – Superbooth 2022 Special

Credit: Angela Kroell

Der modulare Wahnsinn geht weiter, liebe Freund*innen der elektronischen Musik. In den vergangenen Wochen habe ich stundenlang YouTube-Videos geschaut, ein bisschen Literatur durchforstet und auch wieder ein paar neue Module gekauft. In meiner Make-Noise-Familie befinden sich neben dem 0-Coast, dem Strega und dem 0-Ctrl auch Q-Pas, Morphagene, Maths, Tempi und Wogglebug.

So richtig durchgestiegen, wie die einzelnen Signalwege funktionieren, bin ich aber immer noch nicht. Ein guter Grund also, zur diesjährigen Superbooth nach Berlin zu fahren. Mit Sicherheit das Happening der Modularsysteme! Und genau dahin nehme ich euch in dieser Ausgabe mit. Ich treffe mich dort mit meinem Freund Mario Hammer, der meine Reise schon seit einiger Zeit begleitet. Unter dem Namen Mario Hammer And The Lonely Robot hat er sein ganz eigenes Universe of Analog Modular Sounds geschaffen. Sein letztes Album „Enveloppé“ erschien im letzten Jahr über den Vertrieb von Kompakt Records auf seinem eigens gegründeten Label. Mit seiner einzigartigen Ambient-Musik erreicht er gerade bei der Kunstausstellung ARTECHOUSE „Renewal 2121“ in Washington DC und Miami Beach mehrere Hunderttausend Menschen. Dort begegnet der Zuschauer*in eine überentwickelte Metropole, in der die Natur um ihr Überleben kämpft. Aber zurück nach Berlin: Die Superbooth gibt es tatsächlich schon seit 20 Jahren. In ihrer jetzigen Form findet sie seit 2017 auf dem wunderschönen Berliner FEZ-Gelände statt. Was mich am allermeisten beschäftigt, ist die Frage, wie man als Euro-Rack-Newcomer am schnellsten den Einstieg in die nach außen sehr kompliziert wirkende Modular-Welt schafft. Gibt’s da diesen Door-Opener-Moment, der einem die ganze Welt sozusagen plötzlich verständlich macht? Wer könnte mir das besser erklären als Mario. Als er vor zwölf Jahren sein erstes Modular-System in „Schneiders Laden – Berlin“ erstand, arbeitete er mit dem „Trial & Error“-Prinzip, wie er mir später im Gespräch erzählte. „Einfach machen und keine Angst“ vor den neuen vielzähligen Möglichkeiten haben.

Nach einer herzlichen Begrüßung im Foyer drehen wir erstmal eine Runde über das weitläufige Gelände. Es tut so gut, wieder hier zu sein! Die Emotionen kochen schnell hoch, bei dem ganzen geilen „heißen Scheiß“. An jeder Ecke kann man irgendetwas Analoges zwitschern, blubbern und modulieren vernehmen. In der „Zeltstadt“ hat Arturia einen futuristischen Truck hingestellt und stellt die V Collection 9 vor. Nur ein paar Meter dahinter haben sich die Jungs und Mädels von Teenage Engineering ein kleines gemütliches Camp aufgebaut. Unter Beduinendächern stellen sie uns den neuen „OP-1 Field“ Synthesizer vor. Ein tolles Re-Design des Klassikers mit gefühlt 100 neuen Features. Fühlt sich für mich als Besitzer der alten Version ein bisschen so an, als wäre man mit dem Auto in der Aufbereitung gewesen.

Durch einen kleinen Waldweg vorbei an Live-Bühnen geht es weiter ins Bungalow-Dorf. In kleinen DDR-Datschen findet man hier Firmen wie Vermona, ER-M, Buchla oder Doepfer. Supersexy zwischen Bäumen und einer kleinen Eisenbahnstation namens „Badesee“ haben die Veranstalter*innen hier eine kleine Oase der klassischen Modularsynthese erschaffen. Die Zeit vergeht wie im Flug. „Health“ auf dem iPhone meldet schon 15.000 Schritte, bevor wir Andreas Schneider auf der FEZ-Dachterrasse treffen. Heiß begehrt und superrare, am ersten Messetag den „Man of the Superbooth“ für ein Interview zu bekommen. Aber Mario und er sind eben schon viele Jahre befreundet und Vitamin B macht auch hier natürlich einiges einfacher. Anstatt ihn mit den Fragen zu löchern, mit denen sie schon die 20 anderen Redakteur*innen vorher konfrontiert haben, versüße ich ihm mit ein paar Entweder-Oder-Fragen seinen Nachmittag. Was für ein herzlicher, sympathischer Typ, der Andreas! Im Anschluss haben wir noch genug Zeit, die Innenräume des FEZ zu erforschen. Immer wieder mit Liebe gemacht ist einfach der Superbooth-Raum von Moog. 2019 habe ich dort zum ersten Mal den Matriarch gehört, den ich mir damals noch auf der Rückfahrt vorbestellt habe. In diesem Jahr gibt es von Moog zwar nicht viel Neues, aber der von Hand gestaltete Raum, in dem man in diesem Jahr vorher sogar seine Schuhe ausziehen musste, hinterlässt trotzdem Eindruck. Im Obergeschoss habe ich noch die Chance, den neuen Oberheim OB-X8 anzutesten: Was eine Waffe! Weitere Highlights waren zusammengefasst für mich der Erica Synths „Perkons HD-01“ und der Viram „Octopoid“ (den es aber leider vorerst nur als Prototyp gibt). Nach einem langen Tag geht es am Abend für mich wieder zurück. Am AKAI-Stand verabschiedete ich Mario und stellte abschließend nach dem Rundgang fest, dass viele Modular-Anwender*innen, mittlerweile die MPCs anstelle des Laptops in ihre Live-Sets integrieren. Auf der Rückfahrt nutze ich die Zeit, um die Eindrücke zu verarbeiten. Die Superbooth ist einfach jedes Jahr das Highlight für Producer*innen, Analog-Freaks und Synthesizer-Enthusiast*innen. Ein großes Dankeschön an Mario, der mir den ganzen Tag über mit seinem Wissen zur Seite stand. Ich habe viel gelernt und das werde ich in den kommenden Wochen im Studio aufarbeiten. In der Juli-Ausgabe erfahrt ihr dann, welche Fortschritte ich gemacht habe.

Zu guter Letzt noch ein paar Moog-Haves des Monats: Die Jungs von Engineering Samples haben eine neue Preset-Collection für den Sub37 herausgebracht. Eine wuchtige Soundbank für alle Fans von Stephan Bodzin und Co! Auch Audiotent hat für den Sub37 vor Kurzem eine neue Bank herausgebracht. Unter dem Namen „Sequent“ wummert die Presets gewaltig!


Andreas Schneider im investigativen Schnellinterview:

Auto oder Fahrrad? BEIDES!

Samstag oder Sonntag? Sonntag!

Midi oder CV? BEIDES!

East Coast oder West Coast? BEIDES!

Gummibärchen oder Schoki? Schoki!

Heirat oder wilde Ehe? Heirat!

Stadt oder Land? BEIDES!

Berliner Currywurst mit oder ohne (Darm)? Ohne!

Aus dem FAZEmag 124/06.22
Text: Frank Sonic
Credit: Angela Kroell
www.superbooth.com/de/