
Wenn die Prinzipien der Physik auf die hypnotische Kraft von Techno treffen, entsteht ein einzigartiges Klanguniversum. Ein solches hat der Deep-Techno-Artist JOIX mit seiner neuen EP „Science“ erschaffen, die am 14. März erschienen ist. Inspiriert von wissenschaftlichen Konzepten und Science-Fiction-Literatur übersetzt er komplexe Theorien in atmosphärische Klanglandschaften, die gleichermaßen zum Denken und Tanzen anregen.
Sein Faible für Wissenschaft kommt nicht von ungefähr – bereits in den 90er-Jahren absolvierte JOIX eine Ausbildung zum Feinmechaniker in einer Forschungseinrichtung für Kernphysik. „Nach der Arbeit an Fräs- und Drehmaschinen habe ich fast jeden Feierabend mit Freunden an Synthesizern und Drummachines verbracht“, erinnert er sich. Sein Interesse an Physik vertiefte sich durch einen Besuch des Teilchenbeschleunigers im CERN in Genf, eine Erfahrung, die ihn nachhaltig geprägt hat: „Seitdem lässt mich die Synergie von Techno und Wissenschaft nicht mehr los.“
Doch nicht nur physikalische Prinzipien haben seinen Sound beeinflusst – auch die Welt der Science-Fiction spielt eine große Rolle. Autoren wie Philip K. Dick, Frank Herbert und Stanislaw Lem sind für ihn essenzielle Inspirationsquellen, deren Geschichten in seine Musik einfließen. Das Resultat ist ein Album, das nicht nur Konzepte aus Kosmologie, Astrophysik, Quantentheorie und Teilchenphysik musikalisch interpretiert, sondern auch die klanglichen Möglichkeiten von Deep-Techno erweitert.
Ein zentrales Element seines Sounds ist der Einsatz von roboterartigen Stimmen und experimentellen Sounddesigns. „Ich liebe es, wenn ein Vocal langsam seinen Zustand wechselt – von Sprache zu weißem Rauschen oder einem rhythmischen Element“, erklärt JOIX. Dabei gehe es ihm um mehr als nur um klangliche Effekte: „Techno und Wissenschaft sind in gewisser Weise vergleichbar – beide sind nicht unmittelbar greifbar, aber sie lösen Emotionen aus.“ Technisch setzt er auf eine Kombination aus Modularsynthesizern und Software, die ihm maximale Freiheit im Experimentieren ermöglicht. Bereits seit 2009 baut er seinen Sound auf Doepfer-Modulen auf und nutzt Ableton Live als Produktionsumgebung. Auch live setzt er auf ein Setup, das Spontaneität erlaubt: „Neben Ableton habe ich ein Mini-Modularsystem und ein Didgeridoo dabei – das gibt dem Set eine ganz eigene Würze.“
JOIX in Live-Action:
Mit „Science“ legt JOIX den ersten Teil eines musikalischen Konzepts vor, das bald vervollständigt wird. Die nächste EP trägt den Namen „Fiction“ – die zweite Hälfte der musikalischen Fusion aus Wissenschaft und Fiktion. Bis dahin stehen jedoch erst einmal zahlreiche Live-Gigs an, unter anderem eine Tour durch Japan. „Ich war schon mehrere Male dort und liebe die Offenheit des Publikums. Stilistische Schubladen sind dort nicht so eng definiert wie in Europa – das macht es unglaublich spannend.“
Hier könnt ihr in „Science“ reinhören und die EP digital erhalten:
Auf „Science“ erschafft JOIX mit vier Tracks einen Soundkosmos, der Wissenschaft in Klang verwandelt: „Big Bang in neuer gregorianischer Fassung“ erweitert den Original-Mix von 2019 um eine noch tiefere, raumgreifendere Atmosphäre. „Schrödingers Katze“ spielt mit experimentellen Klangwelten und mehrdeutigen Zuständen. „Gravitational Wave“ fängt das epische Rauschen einer Gravitationswelle ein und bricht in einem gewaltigen Break, während „Darmstadtium“ der Entdeckung des gleichnamigen Elements gewidmet ist.
Mit „Science“ beweist JOIX, dass Techno weit mehr sein kann als reine Clubmusik – es ist eine künstlerische Auseinandersetzung mit den elementaren Fragen des Universums. Und während sich Schallwellen unsichtbar durch den Raum bewegen, lassen sie ihre Zuhörerinnen und Zuhörer nicht nur tanzen, sondern auch staunen.
Tracklist „Science“:
1. Big Bang (Gregorian Mix) 07:00
2. Schroedinger’s Cat 06:39
3. Gravitational Wave 06:06
4. Darmstadtium 05:12
Die EP „Science“ von JOIX ist am 14. März 2025 via Jericho Sounds erschienen.
Aus dem FAZEmag 158/04.2025
Text: Lisa Bonn
Credit: Yuuki Harada
Web: www.joix.de