Das britische Disco-Soul-Duo Jungle ist zurück. Das neue Album „Volcano“ erscheint fast auf den Tag genau zwei Jahre nach „Loving in Stereo“ und ist ein weiteres Indiz für den Ruf von Jungle als eine der aufregendsten und innovativsten Gruppierungen in der modernen elektronischen Tanzmusik. Ihre Reise hatten Tom McFarland und Joshua Lloyd-Watson einst als klassische Bedroom-Producer im Londoner Stadtteil Shepherd’s Bush begonnen, wo ihre Passion für zeitgenössische, gefühlvolle Soul- und Disco-Beats zu reifen begann. Es sollte nicht lange dauern, bis ihre hingabevolle Arbeit erstmals Früchte trug, denn bereits im ersten Jahr nach ihrer Gründung wurde das Debüt „Jungle“ mit Gold ausgezeichnet und für den Mercury Prize nominiert. Der Nachfolger „For Ever“ (2018) schaffte es in die britischen Top 10 und „Loving in Stereo“ (2021) preschte schließlich bis auf den ersten Platz der US-Billboard-Charts vor. Die Erwartungen für ihren nunmehr vierten Albumstreich „Volcano“ sind entsprechend groß, aber Jungle wären nicht Jungle, wenn sie diese nicht mit Leichtigkeit erfüllen würden. Wir haben mit Joshua Lloyd-Watson gesprochen.
Mit der Musik von Jungle verhält es sich ein stückweit so wie mit den Rezepten renommierter Restaurantketten: Die Hauptzutaten bleiben beständig und werden im Laufe der Zeit durch kleinere Raffinessen verfeinert. „Stimmt doch, oder?“, fragen wir und erhalten Bestätigung von Joshua Lloyd-Watson: „Ja, das stimmt. ‚Volcano‘ ist eine einzigartige Mischung aus unserem klassischen Disco-Soul-Sound, gespickt mit neuen Elementen. Wir haben versucht, den groovigen, lebendigen Charakter unserer früheren Arbeiten beizubehalten, während wir gleichzeitig kompliziertere Schichtungen und etwas experimentellere Soundscapes eingeführt haben.“
Das Ergebnis dieses mit Bravour unternommenen Versuchs ist ein Paradebeispiel des zeitlosen und gleichzeitig modernen Musikmachens, offenbart durch die harmonische Fusion verschiedener Stile und das perfekte Zusammenspiel aus Synthetik und Organik. Im Gespräch gibt uns Lloyd-Watson Einblicke in die Jungle-Methoden zur organischen Klangerzeugung: „Bei der Schaffung eines organischen Sounds geht es darum, das Spontane, das Unvollkommene und das Menschliche zu umarmen. Wir lieben es, mit verschiedenen Instrumenten, Aufnahmetechniken und Klangtexturen zu experimentieren. Wir beginnen oft mit einer einfachen Idee oder einem Groove und bauen dann Schicht für Schicht darauf auf, sodass sich der Song organisch entwickelt. Wir glauben fest an die Kraft der Zusammenarbeit, sowohl innerhalb der Band als auch mit anderen Künstler*innen.“
Mit ihren Live-Shows verzücken Jungle die internationalen Massen. Bedingt durch das ausgeprägte Tour-Leben entstand „Volcano“ zu einem Großteil „on the road“ und in einem Airbnb in Los Angeles. Auf die Frage nach dem damit verbundenen Stressfaktor und ob die Produktion im heimischen Studio womöglich zu einem anderen Resultat geführte hätte, erklärt uns der 43-Jährige: „Klar, das kann manchmal stressig sein. Aber es brachte auch eine einzigartige Energie und ein Gefühl der Dringlichkeit in den Prozess, was unserer Meinung nach der Musik zugutekam. Das Ergebnis im heimischen Studio wäre vielleicht ein anderes gewesen, aber wir lieben die Ungeschliffenheit und Spontaneität, die durch unser unkonventionelles Setup entstanden ist. Jeder Ort und jede Umgebung verleihen der Musik ihre eigene Note, und dieses Album ist ein wahres Spiegelbild der jeweiligen Zeit und des jeweiligen Ortes.“
Jungle befinden sich derzeit auf großer Nord- und Mittelamerika-Tour. Im November sind Joshua Lloyd-Watson und Tom McFarland in Zürich, München, Berlin, Hamburg und Köln zu sehen. Weitere Infos gibt es auf ihrer offiziellen Website.
„Volcano“ ist am 13. August via via Caiola Records erschienen.
Aus dem FAZEmag 138/08.2023
Text: Hugo Slawien
Foto: Filmawi
www.junglejunglejungle.com