„Egal wie man die Sache betrachtet, wir sind noch immer an einem Punkt, an dem wir eine Frauenbewegung in der elektronischen Musik brauchen. Der Fakt, dass ich die Möglichkeit habe, einen Artikel aus einer weiblichen Sicht zu schreiben, zeigt, dass die Lücke, obwohl sie kleiner wird, immer noch existiert. Die Bezeichnung weiblicher DJ und die damit verbundenen ‚weiblichen‘ Events, entgegen ihrer guten Intentionen, erschaffen ironischerweise genau das Problem, das wir versuchen zu beheben. Die Unterscheidung zwischen männlich und weiblich sollte in der elektronischen Musik nicht existieren, aber tut es dennoch.
Ich kann nicht leugnen, dass es Momente gibt, in denen es ein Vorteil ist, weiblich zu sein. Ein Booking für eine Clubnacht mit rein weiblichem Line-up, wenn es nicht so viel Konkurrenz gibt, zum Beispiel. Die Tatsache, dass die meisten Frauen im Publikum mich bewundern, wenn ich spiele. Mir wird oft erzählt, dass es so cool sei, dass ich ein Mädchen bin, auf der Bühne stehe, du weißt schon, ‚mein Ding mache‘. Aber ist das wirklich ein Kompliment?
Es gab auch Momente, in denen ein Typ mit guten Intentionen mir vor meinem Set gezeigt hat, wie man den Mixer benutzt. Sowohl Männer als auch Frauen haben mich gefragt, ob ich „nur die Sängerin“ im Duo Him_Self_Her bin, sie haben mich gefragt, wer meine Musik für mich produziert, sie waren überrascht, wenn ich mich an die Decks stelle und „doch ein ziemlich guter DJ“ bin.
Nunja … ich habe 15 Jahre lang daran gearbeitet. Ich habe Vinyl-Sets in verschwitzten Hinterzimmern gespielt, ich habe Tickets für meine eigenen Events auf der Straße verkauft, ich habe einen Abschluss in Creative Music Production, ich schreibe, produziere und mastere meine eigene Musik. Ich gebe Vorlesungen in Musiktechnologie und ich besitze, manage und promote mein eigenes Label. Ich hab‘ einfach nur keinen Penis.
Man könnte also sagen, dass man als Frau in einem überwiegenden Jungsclub härter arbeiten muss, um seine Fähigkeiten und Relevanz zu beweisen. Aber in unserem aktuellen Markt, in dem jeder ein DJ ist, müssen das auch die Männer tun. Ich glaube fest daran, dass wenn man liebt, was man tut und hart arbeitet, aus einem gesättigten Markt, der aber auch gleichzeitig weltweite Öffentlichkeit direkt verfügbar macht, herausstechen kann. Wenn deine Musik und dein Konzept gut sind, ist es einfacher als je zuvor, gehört zu werden. Es passiert nicht über Nacht. Es benötigt Jahre harter Arbeit und Verbissenheit, aber es kann passieren.
Ich glaube auch fest daran, dass nett sein einen weiter bringt, als jede Anzahl von Selfies, die man machen kann. Die Onlinewelt voller Kritik und Hexenjagden, die wir aufbauen, ist nachteilig für uns alle, männlich oder weiblich, und wir müssen uns zurückwandeln, zu einem positiven, unterstützenden Ethos, der sich auf die Wurzeln der Dance-Kultur besinnt. Wir sollten uns daran erinnern, dass unsere Energie und unser Geist jeden um uns beeinflusst und wir haben die Kraft, die Atmosphäre innerhalb des Musikgeschäfts mit unseren Worten und Taten zu ändern. Wir sollten demütig sein. Wir müssen uns treu sein. Wir müssen das kollektive Bewusstsein ändern, um bedingungslose Güte, Zuneigung und Unterstützung zu zeigen. Wir müssen unsere Perspektive über weibliche DJs ändern und nicht weiterhin Talent anhand des Geschlechts bewerten. Wir können die Musikindustrie ändern. Wir können die Welt ändern.
Güte und Zuneigung haben kein Geschlecht.
Musik hat kein Geschlecht.“