KMG – Kartel Music Group gründet EMK Records

Boyoca by Nlall O’Connor

Dank ihrer zukunftsorientierten und progressiven Einstellung zu Künstler*innen und Labels konnte sich die 2002 gegründete Kartel Music Group, ein unabhängiges, global aktives Musikdienstleistungsunternehmen, sukzessive in der elektronischen Branche etablieren und eine hervorragende Reputation erarbeiten. Zum Portfolio der Kartel Music Group gehören seither integrierte Lösungen für Marketing und E-Commerce, Kampagnenmanagement, digitaler und physischer Vertrieb, Produktion, Promotion, digitale Medien, kreative Dienstleistungen sowie Synchronisation und Lizenzierung. Mit der kürzlich ins Leben gerufenen multifunktionellen Plattform EMK (Electronic Music Kartel) hat sich das Unternehmen vor Kurzem ein weiteres Standbein aufgebaut, das elektronische Musik in all ihren Formen würdigen und fördern möchte. EMK dient gleichermaßen als Label, Verlag sowie als Mediaplattform und konnte bereits eine Reihe an hochwertigen Artists für sich gewinnen, deren aktuelle Releases wir euch näher vorstellen möchten. Zuvor könnt ihr aber noch unser Gespräch mit Kartel-Music-Group-CEO Charles Kirby-Welch nachverfolgen, der uns spannende Einblicke in die Philosophie von EMK gewährt. 

Race Banyon by Fraser Chatman

Hallo Charles, erzähl uns doch etwas über die Intention von EMK. Was habt ihr auf lange Sicht mit dem Label geplant? 

Nachdem wir uns mit der Kartel Music Group 20 Jahre lang ein globales Label- und Vertriebsgeschäft aufgebaut haben, das sich der Förderung der unabhängigen DIY-Community verschrieben hat, haben wir erkannt, dass die Künstler*innen einen Partner brauchen, der mehr investiert. Als Label und Verlag können wir uns stärker engagieren und unabhängige Kreative unterstützen, die einen langfristigen Entwicklungspartner brauchen. In der modernen Musikbranche sind Transparenz und faire Vertragsstrukturen von essenzieller Bedeutung. Zwar erleben wir mit dem jüngsten Börsengang von Universal aktuell den Höhepunkt der Dominanz der Major Labels in ihrer traditionellen Form, aber die großen Musikkataloge der Zukunft werden in unabhängigem Besitz sein. Wir sind sehr stolz, mit der Kartel Music Group und EMK Teil dieses Wandels zu sein.

EMK ist kein reines Plattenlabel. Es fungiert auch als Verlag sowie als Multimediaplattform … 

Richtig. Wir entfernen uns einen Schritt vom traditionellen Plattenlabel und wagen einen innovativen Blick nach vorn. Wir stellen uns ständig der Herausforderung, uns neu vorzustellen, wie ein Plattenlabel und ein Verlag im modernen digitalen Zeitalter aussehen und welche Funktionen sie haben sollten. Bei Kartel haben wir das Geschäft eines/r Künstler*in immer ganzheitlich betrachtet.  Songwriting und Komposition treiben die Aufnahme voran, die wiederum das Live- oder DJ-Geschäft vorantreiben. Unsere Geschäftsphilosophie wird von diesem Prinzip geleitet.

Kommen wir zum Musikalischen. Im Fokus stehen auf EMK aktuell Releases von DEFSET, BOYOCA und Race Banyon. Was kannst du uns über diese Künstler erzählen? 

Wir wollen auf EMK primär neuen und aufstrebenden Acts eine Bühne bieten. Hierzu zählen in jedem Fall DEFSET und die Jungs von BOYOCA, deren Karrieren sich noch in den Startlöchern befinden. Wir glauben an ihr Talent und die Visionen, die sie verfolgen und sind entsprechend glücklich, sie auf ihrem Weg zu unterstützen. Gleiches gilt natürlich auch für den Neuseeländer Race Banyon, mit dem wir allerdings bereits bei der Kartel Music Group zusammenarbeiten. Kartel pflegt eine sehr innige Verbindung zu seinem Land, denn einer unserer ersten Klienten – die Band Fat Freddy’s Drop – stammt von dort. Die Kooperation ist ein Paradebeispiel für eine kompromisslose Erfolgsgeschichte der DIY-Independent-Community. 

Daran anknüpfen wollen nun also besagte Interpreten. Die Releases von DEFSET, BOYOCA und Race Banyon stehen hierbei sinnbildlich für das breit gefächerte elektronische Spektrum von EMK und versprechen Abwechslungsreichtum sowie feinste musikalische Kreativarbeit.

Sein Debütalbum „Proximity“ schrieb Leo Neelands alias DEFSET während des ersten Lockdowns im Jahr 2020. „Es war die einzige Gelegenheit, die ich seit Jahren hatte, mich auf Musik zu konzentrieren. Meine Arbeit im Bereich VFX (Visual Effects) war beendet und ich verbrachte mehr Zeit damit, mit meinen modularen Synthesizern herumzuspielen“, erzählt er und gerät dabei ins Schwärmen: „Ich dachte über meine Erfahrungen in den 90er-Jahren nach, ging meine alte Plattensammlung durch und entdeckte neue Künstler*innen, die die Kluft zwischen der alten Acid-House-Szene und der zeitgenössischen elektronischen Musik zu überbrücken schienen.“ Entsprechend groß ist dieser 90er-Rave-Einfluss auch auf „Proximity“ spürbar, das eine überaus gelungene Klangmischung aus immersivem Techno und atmosphärischer elektronischer Musik offenbart. Geprägt ist die Musik von DEFSET dabei auch von seiner angesprochenen langjährigen Tätigkeit in der VFX-Industrie. Neelands wirkte mitunter an echten Blockbuster-Filmen wie „Harry Potter“, „Der Hobbit“ oder „Iron Man 3“ mit. „Ich habe Filme schon immer geliebt, vor allem den Einfluss, den Musik und Ton auf Drama und Emotionen haben. Da ich so lange mit Filmen gearbeitet habe, habe ich wohl etwas von diesem filmischen Gefühl in meine Musik übernommen“, erklärt er abschließend. Proximity“ erscheint am 29. Oktober.

Wenige Tage vorher, am 15. Oktober, steht mit „He’s A Fool“ von BOYOCA ein weiteres hochwertiges Release auf EMK an. Das Duo um Tim Boyce und Lewis Carr steht für einen unverwechselbaren, organisch-elektronischen und von Soul inspirierten Sound, der das Natürliche und das Synthetische perfekt ausbalanciert. Entsprechend finden wir auf der Vier-Track-EP melodische Garage- und Breakbeat-Grooves, die auf akustische und elektronische Instrumente sowie maßgeschneiderte Vocal-Samples treffen. Eine sehr plastische und dynamische Platte mit großartigen Clubcuts. Bis BOYOCA ihren Sound perfektioniert hatten, musste allerdings eine Weile vergehen. „Der Spagat zwischen elektronischen Beats und realen und organischen Klängen kann eine heikle Angelegenheit sein. Es hat lange gedauert, bis wir das erkannt haben, und wir haben viel experimentiert, denn bei unseren ersten Versuchen klang alles nur wie ein großes klangliches Durcheinander“, so die Briten, die auf ein großes Arsenal an Live-Instrumenten und Synthesizern zurückgreifen können. „Wir mögen die Balance zwischen dem Schreiben von Songs mit einem Klavier oder einer Akustikgitarre und dem Schreiben von Ideen am Bildschirm mit einer Basslinie oder einem Percussion-Rhythmus im Kopf. Meistens hängt es von der Inspiration ab, was wir gerade hören oder von welchem Festival wir gerade zurückkommen“, fahren Boyce und Carr fort, die die Stilrichtung ihrer Musik als „Green-House-Sound“ bezeichnen.

Der Neuseeländer Eddie Johnston alias Race Banyon komplettiert die EMK-Vorstellungsrunde mit seiner Single „Attention/Ride This Out“. Er arbeitete unter anderem bereits mit Größen wie Ty Dolla $ign und Jamie XX zusammen und trifft mit seinen geschmackvollen, minimalistischen Produktionen weltweit auf großen Zuspruch. Nicht umsonst bezeichnete „Red Bull Sound Select“ Johnston vor Kurzem als „Neuseelands nächstes großes Ding“. Wenn wir die Single hören, können wir da nur zustimmen, denn die Platte ist knusprig-housig, sehr melodisch und ein echter Ohrenschmaus, klar inspiriert vom legendären Chicago-House-Sound, aber auch mit Breakbeat- und Drum ’n‘ Bass-Elementen versehen. „Die Bassline ist eine Art Drum ’n‘ Bass-Sound – ich zögerte, sie beizubehalten, weil ich dachte, sie könnte zu kitschig sein, aber ohne sie fühlte es sich flach an. Ich habe das Schlagzeug durch einen alten Alesis-Kompressor gejagt, um dem Track diesen knackigen, pumpenden 90er-Sound zu geben“, erklärt Johnston, dessen Künstlername Race Banyon auf den gleichnamigen „Simpsons“-Charakter zurückgeht. „Als Teenager habe ich häufig die ,Simpsons‘ gesehen. Ich mochte einfach den Namen Race Banyon. Er hat etwas Lustiges an sich und erinnert mich an einen Cowboy. So sehe ich mich eigentlich nicht und irgendwie ist mir der Name mittlerweile peinlich, aber es könnte schlimmer sein“, witzelt er abschließend.

 

 

Aus dem FAZEmag 116/10.21
Credit: Nlall O’Connor (Boyoca), Fraser Chatman (Race Banyon)
Text: Milan Trame
www.kartelmusicgroup.com