Ladytron – #sieben

Foto: Wendy Redfern

Es war Ende der 90er-Jahre, als Ladytron in Liverpool ihren Startschuss fand und den Namen von einem Roxy-Music-Song ableitete. Mit „604“ veröffentlichte die Band 2001 ihr Debütalbum, es folgten zahlreiche von Kritiker*innen gefeierte Werke. Ladytron avancierte zu den Vorreitern der damals aufblühenden Elektro-Pop- und Elektro-Clash-Szene und beeinflusste zahlreiche weitere Acts. Nach „Gravity The Seducer“ aus 2011 folgte eine längere Pause und Produktionsarbeiten für Künstler*innen wie Lush und Christina Aguilera. 2019 feierte das Quartett  bestehend aus Helen Marnie (Leadgesang, Synthesizer), Mira Aroyo (Gesang, Synthesizer), Daniel Hunt (Synthesizer, Gitarre, Gesang) und Reuben Wu (Synthesizer) ein fulminantes Comeback. Mitte 2021 ging ihr Song „Seventeen“ aus ihrem 2002 erschienenen Erfolgsalbum „Light & Magic“ plötzlich auf TikTok viral, der Song stieg auf der gesamten Welt in die Top 10 ein und wurde erneut zum Hit. Nun setzen Ladytron mit „Time’s Arrow“ zu ihrem siebten Studioalbum an. Die zehn Titel erscheinen am 20. Januar via Cooking Vinyl und wir haben mit Daniel und Helen gesprochen.

Der neue Langspieler handelt mit seinem analogen Sound von Schönheit, Vergänglichkeit und die Zerbrechlichkeit der Kultur, die uns umgibt. „Es geht um das Vergessen“, sagt Daniel Hunt, „… wie zerbrechlich es ist. Nicht um irgendwelche Orte, sondern um eine Verschmelzung von ihnen. Das Album klingt für mich mit jedem Hören besser. Es könnte unser bestes sein. Ich finde aber, ein Album klingt auf subtile Art und Weise anders, sobald es von anderen gehört und erlebt wird. Daher beurteile ich eine Platte meist erst, wenn sie draußen ist.“ Helen fügt hinzu: „Ich bin sehr zufrieden mit dem Endergebnis, auf dessen Weg es einige Herausforderungen gab. Die größte für mich war, dass ich einige der Tracks über ein recht kurioses mobiles 3G-Internetgerät abmischen musste – aber am Ende haben wir es geschafft. Das Album fühlt sich für mich üppig, filmisch und wunderschön an.“ Mit den Aufnahmen zum Album begann die Band im März 2020, musste die Studioarbeit jedoch nur wenige Tage später aufgrund der Pandemie-bedingten Lockdowns abbrechen, berichtet Daniel: „Wir hatten keine andere Wahl, als in kurzen Schüben zu arbeiten, bis wir das Album Anfang 2022 fertig hatten. Wir fragten uns in der Tat mehrmals, wie die Welt aussehen wird, bis das Album im Kasten war.“ Helen hat sich im Laufe der letzten Monate Zeit für sich genommen und sich ein neues Zuhause im Norden Schottlands geschaffen: „Manchmal habe ich es geschafft, mich mit Danny zu treffen, um in Liverpool und Edinburgh aufzunehmen. Viel Aufregung, viel Vorfreude.“

Das Ergebnis wird schon jetzt von ersten Medien als Meisterwerk eingestuft, mit der vorangegangenen Single-Auskopplung „City Of Angels“ konnten Fans einen ersten Eindruck gewinnen: „Wir haben immer eine Vision, etwas Schönes zu schaffen, aber bis zur Endphase ist man sich nie ganz sicher, in welche Richtung das Album gehen wird. Ich wusste, dass ich Songs machen wollte, die einen Hauch von Magie haben, sogar etwas Surreales, aber ich wollte auch Songs machen, die ein Gefühl der Freude, des Loslassens und der Freiheit haben. Ich möchte immer Songs auf dem Album haben, zu denen die Leute tanzen können. Ich glaube, unser Sound ist reifer geworden. Wir sind immer noch ganz Ladytron, aber wir haben keine Angst, etwas hinzuzufügen, das vielleicht neu für das Projekt ist. Wir müssen uns immer weiterentwickeln, lernen und an uns selbst arbeiten“, erzählt Helen. Für Daniel gibt es einen erkennbaren Entwicklungsbogen über alle Alben hinweg und eine Art stetige Verschiebung der Balance innerhalb der Band: „Für mich gibt es Fäden, die verschiedene Teile jedes Albums miteinander verbinden, unabhängig von der Chronologie.“ Nach dem Album-Release stehen für März drei UK-Shows auf der Agenda, ehe es im Mai für einige Konzerte in die USA geht. Was danach passiert? Daniel antwortet mit einem Grinsen: „Schauen wir mal.“

Aus dem FAZEmag 131/01.2023
Text: Triple P
Foto: Wendy Redfern
www.instagram.com/ladytron