Zu einem waschechten Künstlerleben gehören bekanntermaßen weitaus mehr Themen als die Kunst an sich, die Bühnenpräsenz und der nächste Tour-Termin. Vielmehr sind die Protagonist*innen nicht selten getrieben von Selbstfindung und der oftmals vorherrschenden Komplexität der eigenen Identität. Genau diese Themen hat Lukas Marx alias LAUTMALR nun auf seinem zweiten Album „In Between The Noise“ verarbeitet. Das Werk ist damit der zweite Langspieler des in Berlin lebenden Musikproduzenten. In acht Stücken geht Lukas Marx dabei auf eine intime und persönliche Reise, die von dem Drang angetrieben wird, einen authentischen Platz im Leben und in der Gesellschaft zu finden. Musikalisch ist das Album durchtränkt von organischen Instrumenten und einer dunklen und körnigen Klangästhetik – technoide Stücke treffen auf experimentelle Klangcollagen und hypnotisierende Synthesizer auf verrauschte Stücke von Kassettenaufnahmen.
Zur Musik gekommen ist er dabei schon früh im elterlichen Kellerstudio, berichtet Lukas: „Dahin verschwand ich jeden Tag nach der Schule und kam oft erst zum Abendessen wieder hoch. Hier hatte ich die Möglichkeit, ungestört an eigener Musik zu arbeiten, verschiedene Instrumente und Studiotechnik auszuprobieren und mit lokalen Künstler*innen erste Tracks zu produzieren. Fasziniert von der Möglichkeit, eigene Klangwelten zu kreieren und so meiner Gefühlswelt Ausdruck zu verleihen, hat mich die Musik seitdem nie wieder losgelassen.“ Geschehen ist dies in einer kleinen Stadt im Saarland, einer Region, die ihn sowohl als Menschen als auch als Musiker recht stark geprägt hat: „Besonders das Jugendzentrum vor Ort hat mir früh die Möglichkeit geboten, mit meinen ersten Bands zu proben und mit Gleichgesinnten Konzerte zu veranstalten. Auch wenn das Angebot aus heutiger Sicht sehr überschaubar war, hat vielleicht gerade das meine Kreativität und eine gewisse DIY-Mentalität freigesetzt.“ Diese hatte er bereits bei seinem ersten Album „Chasing Past“ an den Tag gelegt, nun sogar inklusive Kurzfilm auch im Rahmen seines neuesten Werks: „Es fiel mir lange Zeit schwer, mich als Musiker anzunehmen und den damit verbundenen Herausforderungen zu stellen. Ich habe immer wieder nach einer für mich passenden ,Schublade‘ gesucht und schließlich festgestellt, dass es diese nicht gibt. Den Mut zu erlangen, meinem eigenen Weg zu folgen und aufzuhören, mich mit anderen zu vergleichen, war ein langer und oft schwieriger Prozess, aber inzwischen gelingt es mir immer besser, damit umzugehen. Das Album jetzt spiegelt diese Entwicklung wieder und ich hoffe, damit auch andere Menschen zu inspirieren, ihrer inneren Stimme zu folgen. Der Kurzfilm bot mir die Möglichkeit, eine weitere Ebene für mein Album zu kreieren und dadurch die Botschaft zu vertiefen. Ich war schon immer ein sehr visueller Mensch und das Zusammenspiel von Musik und Bild fasziniert mich sehr.“
Im Zuge seiner soundtechnischen Entwicklung und Veränderung sieht Lukas das aktuelle Projekt als eine Art Aufarbeitung zu seiner eigenen Vergangenheit. Verbunden mit einer neuen Tiefe: „Nachdem ich über zehn Jahre lang als Audio-Engineer gearbeitet und in dieser Zeit keine eigene Musik mehr gemacht hatte, war das erste Album ,Chasing Past‘ so etwas wie die Initialzündung für das Projekt LAUTMALR und somit ein Annäherungsprozess an meine eigene Musik und mich selbst als Künstler. ,In Between The Noise‘ ist damit eine Art Aufarbeitung für mich. Was hat mich so lange Zeit vom Musikmachen abgehalten? Wieso ist es mir so schwer gefallen, zu mir als Musiker und Produzent zu stehen? Hier geht es für mich auch darum, das Wiederentdeckte zu bewahren und zu manifestieren. Klanglich würde ich sagen, dass das neue Album mit seiner eher dunklen Soundästhetik homogener wirkt und emotional auch tiefer geht als sein Vorgänger.“ Inspiriert wird er im Studio durch Klänge, die bestimmte Emotionen und Erinnerungen in ihm auslösen. Hat er solch einen Sound gefunden, versucht er genau an diesem Gefühl dranzubleiben und es durch zusätzliche Elemente weiter zu verdichten: „Hierbei bin ich bei meiner Arbeitsweise relativ undogmatisch und verwende sowohl Hardware wie den Juno 6 und ein altes Tascam-Tapedeck, also auch beispielsweise Software-Synths von Arturia und Plug-ins von Soundtoys und Goodhertz für die Bearbeitung. Generell empfinde ich die Klangwelt und Atmosphäre eines Tracks als mindestens genauso wichtig wie die Melodie und Harmonie einer Komposition.“
Für die nächsten Wochen und Monate stehen zahlreiche Projekte inklusive Features und Kollaborationen mit anderen Künstler*innen auf seiner Agenda. Neue Ideen für neues eigenes Material gibt es ebenfalls, verrät er im Gespräch und fügt hinzu: „Außerdem ist es ein Herzenswunsch von mir, Musik für Filme machen zu können.“
Erschienen ist „In Between The Noise“ bereits am 12. Mai inklusive einer Limited-Edition-Vinyl, die unter www.lautmalr.com erhältlich ist.
Aus dem FAZEmag 136/06.2023
Text: Lisa Bohn
Foto: Johanna Berghorn
www.instagram.com/lautmalr