Layo & Bushwacka! – Musik mit Seele, Energie und Kanten

Layo Paskin und Matthew Benjamin treiben seit über 20 Jahren gemeinsam als Layo & Bushwacka! produktives Unwesen. Als DJ-, Produzenten- und Labelowner-Duo stehen sie mittlerweile ganz oben in der musikalischen Nahrungskette. Angefangen hat alles 1988 im legendären Londoner Club The End – und aufgehört – wird noch lange nicht! Frisch von ihrer Asien-Tour zurück, nehmen sich Layo & Bushwacka! beim Zwischenstopp in der UK die Zeit, um mit uns über ihre Anfänge, ihr neues Album „Rising & Falling“, persönliche Zukunftsvisionen – und einiges mehr – zu sprechen.

Ihr kennt euch nun schon 24 Jahre. Überrascht ihr einander noch oder sind alle sieben Siegel der persönlichen Offenbarung bereits geknackt?
Layo:
Ich bin mir nicht sicher ob man es „überraschen“ nennen kann. Wir sind in diesem Zeitraum zusammen- – und einander – gewachsen. Wie wir in einigen Dingen identisch ticken, trennen uns in anderen wiederum Welten. Ich bin eher der Einzelgänger und bevorzuge es, Dinge enger beieinander zu halten. Matt ist da etwas anders. Aber es gibt nichts, was ich z.B. nicht mit ihm besprechen kann. Unser Zweiergespann harmoniert sehr gut.
Matt: Ich glaube nicht, dass wir uns wirklich gegenseitig überraschen können. Es sei denn, es gibt drastische Neuigkeiten, gute – oder eben schlechte.

13 Jahre lang habt ihr den renommierten Club The End bespielt, der zudem auch die Wurzeln von Layo & Bushwacka! trägt. Wie empfandet ihr die Schließung des Clubs 2009?
Layo:
Die Gefühle waren sehr gemischt. Einerseits das großartige Gefühl der Errungenschaft unser Schicksal damit selbst zu besiegeln, aber andererseits, auch Trauer natürlich. Ich hatte den Club zusammen mit Mr. C gegründet und das The End war somit ein elementarer Teil von mir. Ich glaube nicht, dass ich damals völlig verstand, was dieser immense Verlust für meinen weiteren Lebensweg darstellen könnte. Es wäre eine Herausforderung geworden, das wusste ich, aber es kamen andere Dinge hinzu die sich sehr dramatisch entwickelten. Ich und die anderen Beteiligten wollten neue Gebiete erkunden, was sich auch bis heute nicht geändert hat.
Matt: Für mich war das The End mein zuhause. Ich spielte jeden Monat dort, vom ersten bis zum letzten Tag. Und klar, ich vermisse es manchmal. Aber Dinge verändern sich nun einmal. Immer noch großen Respekt habe ich vor der Entscheidung von Layo und dem Team, dieses Projekt ausgerechnet auf seinem Höhepunkt zu beenden. Es war eine Zeit der Trauer und Aufregung zugleich.

Eure Partyreihe Shake it! stellte den Schlagabtausch zum The End dar und zählt neben etlichen Fans auch Gast-Acts wie Carl Cox, Richie Hawtin und Laurent Garnier. Als DJ-Duo werdet ihr interkontinental gebucht. Und zu euren Labelkollegen gehören Prodigy, Radiohead und Bassment Jaxx. Beeinflussen Land, Events und Künstler euren persönlichen Stil, bewusst oder unbewusst?
Layo: 
Mich beeinflusste das The End sehr stark. Die vielen guten Acts mit denen wir spielten nahmen ebenso Einfluss auf unsere Studioarbeit wie die vielen Künstler die wir im Club hörten. Im DJing inspirierte mich während der diversen Etappen meiner Laufbahn meist eine spezielle Person. Und auf einem Label wie XL zu produzieren, hat sicherlich auch unbewusst Auswirkungen. Dies ist übrigens eine sehr große Ehre für uns – keine Frage –, aber auch ein gewisser Druck resultierte daraus.
Matt: Ehrlich gesagt, manchmal bekomme ich noch Starallüren (lacht). Es ist etwas, das ich liebe, und das an der gesamten Branche: die Möglichkeiten, sich mit vielen tollen Künstlern zu treffen und gemeinsam zu assoziieren. Es ist wirklich wunderbar. Das zu tun, was ich tue, hat es mir ermöglicht, diese Konnektivität innerhalb verschiedener Ebenen zu pflegen.

Ihr wurdet monatlich nach Brasilien eingeflogen um im Club Sirena für ein paar Stunden Platten aufzulegen. Das kann nicht jeder behaupten. Hattet ihr schon einmal das Gefühl „abzuheben“? Und wenn ja, wie erdet ihr euch um auf dem Boden zu bleiben?
Layo:
Ja, die Zeit zwischen 1999 und 2005. Wir fühlten uns wirklich wie Superstars, alles war sehr spannend und wir genossen es enorm. Wir waren nicht sehr Geschäftsfokussiert wie viele heutzutage in den Dingen die wir liebten. Das Auflegen, die Partys – man sorgte sich nicht um eine Marke, sondern viel mehr aufs Produzieren und gute Auftritte. Und übernachten … das wollten wir seinerzeit halt nicht irgendwo, sondern lieber bei uns zuhause in London. Es fühlte sich wie ein Abenteuer an, und mit dem The End, war es ein ganz spezielles.
Matt: Brasilien ist lange Zeit unsere zweite Heimat gewesen und wir hatten unsere beste Zeit überhaupt in Südamerika. Wir haben wunderbare Freunde dort und auch einiges zur hiesigen Szene beitragen können. Heute ist diese Szene aufgrund der Komplexität nicht mehr dasselbe, aber es ist immer noch toll für uns dort zu sein.

Gibt es einen Höhenpunkt in der Laufbahn von Layo & Bushwacka!?
Layo:
Für mich war der wirkliche Höhepunkt der Anfang, als wir 1999 Lowlife schrieben und uns noch alle Möglichkeiten offen standen.
Matt:
Puh, das ist eine schwierige Frage! Aber alles in allem, war es – wie Layo schon sagt –, ab ´99 bis ca. 2004. Die Zeit war wirklich unglaublich und wir sind wirklich gesegnet, dies erlebt haben zu dürfen.

Und wie steht es mit einem Tiefpunkt?
Layo:
Die Bemerkung der Veränderung der Szene, während unserer Residency im Amnesia auf Ibiza im vergangenen Sommer.
Matt: Tiefpunkte hatte ich eher persönliche, die sich dann aber automatisch auf uns beide auswirkten.

Euer Stil ist schwer zu greifen und bewegt sich von tanzbarem Techno, House, Breakbeat  bis Ambient. Was fokussiert ihr in eurer Musik?
Layo:
Die Dynamik! Aber mit Wärme, Seele, Energie und Kanten.
Matt: Beim DJing spielen wir in der Regel deepen Sound, der aber energisch ist und auch mal funky klingt. Unseren Stil kann man mit treibenden Techhouse/Techno betiteln. Chillig geht es da bei uns eher selten zur Sache.

Layo, dein Vater hat in den 80ern als Architekt das The End entworfen und du dessen Geschäftsführung übernommen. Hast du die kreative Ader von euch beiden?
Nun, es war Mitte der 90er und London befand sich in einer enormen Rezession. Ich veranstaltete von 1993 bis 1995 die Lagerhallen Partys „Too Much Muzik“. Also bat ich meinen Vater nach einer passenden Location Ausschau zu halten. Er fragte mich ob ich einen Investor hätte und ich antwortete ihm: „Mr. C!“. Und so begann das Ganze damals. Ich glaube schon, dass er und meine Mutter als Schriftstellerin, für das kreative Etwas in mir ausschlaggebend waren. Unsere Familie ist ja auch sehr kultiviert. Ich erinnere mich, als ich noch klein – und wir in Frankreich waren. Keinen einzigen Tag konnten wir an den Strand gehen bevor nicht das Kulturprogramm absolviert war, und wir uns irgendetwas angesehen hatten, was auch ihnen gefiel. Somit gab es „Cezanne´s House“ in der Provence, gefolgt von schwimmen im Meer (lacht). Zu der Zeit langweilte es mich, aber angesichts meiner später verfolgten Interessen war es brillant.

Matt, du hast während dessen eine Ausbildung zum Tontechniker absolviert. Ergibt sich daraus eine automatische Rollenaufteilung im Producingprozess?
Ich bin sehr technisch – und auch ein wenig musikalisch – versiert, und habe mir das, was ich weiß, zum Großteil selbst beigebracht. Den Rest haben die Mentoren übernommen. Im Studio nehme ich die Zügel im Audio-Mixing – und anderen technischen Bereichen – in die Hand.

„Rising & Falling“ ist euer viertes Album nach Low Life (1999), Night Works (2002) und Feels Closer (2006). Gab es einen Grund eure Fans so lange darauf warten zu lassen? Oder getreu dem deutschen Motto „Gut Ding will Weile haben“?
Layo:
Vorher fühlte es sich einfach nicht richtig an. Die musikalische Landschaft, wir, der Wechsel von Vinyl zu digital, den wir – ich bin nicht sicher, aber ich meine im letzten Jahr –, vollzogen haben … Wir wussten beide, dass wir die Zusammenarbeit dafür in einer kreativen Art und Weise beenden wollten, ganz ohne Zeitdruck.
Matt: Da stimme ich Layo mal voll und ganz zu.

Releast wird das neue Album auf Olmeto Records – welches neben End Recordings –, zu eurem eigenen Label zählt. Bei XL Recordings seid ihr auch unter Vertrag. Wie handhabt ihr eure Veröffentlichungen labeltechnisch?
Layo:
Nun, nach XL wollten wir ein Label, das nur für uns gilt. Kein großes Labelkollektiv mit vertraglichen Bindungen, welches automatisch auf einen Fulltimejob hinausläuft. Auf Olmeto Records und End Recordings schreiben wir die gesamte Musik selbst. Freunde und Künstler die wir schätzen, laden wir dann zu einer Remixproduktion ein.  Damit verpassen wir dem Label dann vielfältige Nuancen.
Matt: Wir halten die Dinge gerne einfach. Unsere Label sind in erster Linie der Absatzmarkt für unsere eigene Musik.

Eure Referenzen und Tourhistorie sprechen für sich. Gibt es dennoch einen wünschenswerten Meilenstein für euch?
Layo: 
Also für mich persönlich? Indem ich etwas völlig anderes machen würde. Einen Neubeginn wagen und in einer ganz anderen Branche arbeiten. Etwas kreatives ganz sicher, aber weg von der Musik.
Matt: Ja den gibt es. Mein Soloprojekt „Just Be“, über das ich mich wahnsinnig freue und welches ich in absehbarer Zukunft fokussiere. Ich werde das volle Programm durchzuziehen (lacht).

Danke euch beiden für die Zeit die ihr euch genommen – und die Einblicke, die ihr uns gewährt habt. Alles Gute weiterhin! / Katrin Weber


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