Marius Gjersø – Grazile Electro-Akustik

Credit: Lisa Tatjana Frimanslund

Nach seinem Abschluss an der renommierten Musikhochschule in Oslo war Marius Gjersø mehr als ein Jahrzehnt lang als Trompeter und Musiker tätig. Dabei kombinierte der Norweger unzählige Klanglandschaften, in denen er Trompetenklänge und Electronica verband und sein Live-Konzept auf der Bühne mit visuellen Elementen ergänzte. Bevor er nun mit den Arbeiten an seinem Debütalbum „Yûgen“ begann, reiste er quer durch Japan, wo ihn die Begegnung mit der japanischen Kultur, den Umgangsformen und der Ästhetik nachhaltig beeindruckte. Diese Eindrücke entwickelten sich zu wichtigen Einflüssen auf das Album. Das Ergebnis sind neun gefühlvolle, elektroakustische Stücke, denen er seine teils butterweichen Trompeten-Lines beifügt. Das Werk erscheint am 27. Januar auf NXN Recordings.

An diesen Punkt heute zu gelangen, war dabei nicht immer das avisierte Ziel Gjersøs, berichtet er im Interview: „Vor und während der Highschool spielte ich hauptsächlich klassische Trompete, interessierte mich sehr für Funk und Soul und später dann immer mehr für Jazz und Improvisation. Ich spürte, dass das der Weg war, der mich weiterbringen würde. Ich absolvierte noch einen Bachelor in Musikwissenschaft an der Universität von Oslo und versuchte gleichzeitig, mehr in die Welt der Improvisation einzutauchen. Nach drei Jahren an der Universität begann ich dann mein Studium der Jazztrompete an der Norwegischen Musikakademie.“ Inspiriert habe ihn dabei allem voran der „nordische Ansatz“ im Jazz: „Der persönliche Klang, die Klanglandschaften, der Raum und die Emotionen machen dabei einen großen Teil der Kommunikation aus. Das hat mich angezogen. Norwegische Musiker wie Jan Bang, Ståle Storløkken, Arve Henriksen, Eivind Aarset, aber auch eine Legende wie Jon Hasse sprechen mich wirklich an und sind auch heute noch eine große Inspiration.“

Die Idee zum Album hatte Gjersø dabei schon seit 2010 im Hinterkopf. Ein genauer Plan zur Umsetzung ereilte ihn aber erst vor rund fünf Jahren: „Ich tauschte meine Stompboxen gegen Ableton Live aus und begann, Ableton auch zum Produzieren zu nutzen. Die Möglichkeiten, die sich mir plötzlich boten, schienen endlos. Das Programm war so intuitiv, spielerisch und inspirierend, dass mir dann vor etwa drei Jahren klar wurde, dass ich das gesamte Album von Anfang bis Ende selbst produzieren könnte. Die Fertigstellung dieses Albums würde ich wahrscheinlich als mein persönliches Highlight in meiner bisherigen Karriere bezeichnen. Vor allem, wenn ich an die Reise denke, die ich machen musste, um an diesen Punkt zu gelangen.“

Diese prägende Reise, die sich enorm auf das Werk auswirkte, war im Ursprung nur als Ski-Reise nach Hokkaido geplant: „… aber wir begannen die Reise mit einer Silvesterfeier, auf Japanisch Shogatsu genannt, in Tokio. An diesem Abend besuchten wir einen buddhistischen Tempel, hörten die Glocken um Mitternacht läuten und genossen dann eine heiße Suppe mit Tausenden von anderen im Yoyogi Park. Es war anders als alles, was ich bisher erlebt hatte, und ich war wirklich fasziniert. Während dieser Reise und bei einigen weiteren seither habe ich versucht, japanische Sitten und Gebräuche kennenzulernen, und ich bin nach wie vor fasziniert. Vor allem, wie überlegt und achtsam sie mit jeder Kleinigkeit umgehen. In jeder Bewegung steckt eine grazile Schönheit und Kunst.“

Im kommenden Jahr wird Marius Gjersø zahlreiche Konzerte spielen, Termine in Deutschland sind ebenfalls geplant. Darüber hinaus hat er ein Improvisationsalbum mit dem norwegischen Gitarren-Duo KÔök aufgenommen, das im Frühjahr 2023 erscheinen wird. Mit dem Album feiern sie ihr zehnjähriges Bestehen als Gruppe, auf dem auch der brillante Morten Qvenild am Synthesizer und Per Oddvar Johansen am Schlagzeug zu hören sind: „Ich hoffe, dass 2023 ein Jahr voller Shows, Live-Musik und neuer Kooperationen mit verschiedenen Musikerinnen und Musikern in unterschiedlichen Umgebungen werden wird. Ich kann es kaum erwarten.“

Aus dem FAZEmag 131/01.2023
Text: Triple P
Credit: Lisa Tatjana Frimanslund
www.instagram.com/mariusgjerso