MAYDAY 2019 – So cool war es in Dortmund

Schlagerparty mit den Kraxlhubern in der Stadlhütte von Hintermonzing? Tanz in den Mai mit DJ Wolfi im Pusteldorfer In-Schuppen „FunTastic“? Oder Sam Paganini bei MAYDAY in den Dortmunder Westfalenhallen? Eure technoide Antwort auf diese – zugegeben – rhetorische Frage kennen wir natürlich. So habe auch ich mich am 30. April mal wieder unters Ravervolk gemischt und bei der mittlerweile 34. MAYDAY das kunterbunte Programm aller Facetten der elektronischen Musik genießen dürfen. Ich, mein Kumpel Basti und rund 15.000 Gleichgesinnte, die sich in den Dortmunder Westfalenhallen eingefunden haben und auf drei Floors (Arena, Empire, Factory) feierten, konnten das ganze Spektrum an soundstilistischer Vielfalt mitnehmen. MAYDAY – die traditionsreiche Veranstaltung, die 2019 bereits ins 28. Jahr ging, überzeugte in Sachen Line-up, Licht- und Soundtechnik sowie perfekter Organisation auf ganzer Ebene. Hier die Details eines schillernden Abends:

Nachdem der ICE von Köln nach Dortmund aus „technischen Gründen“ nicht fuhr – danke, Deutsche Bahn! – wurde tatsächlich dann doch kurzerhand Ersatz gestellt. Wer hätte das gedacht?! Nach unserer Ankunft in Dortmund kämpften wir uns durch die Massen, um mit der U-Bahn-Linie 45 die Westfalenhallen zu erreichen. Good Vibrations bereits unter der Erde. Ausgelassene, aber vollkommen friedliche Stimmung.
Einmal durch den VIP-Eingang geschlendert haben wir uns dann erst einmal einen Überblick verschafft. Arena? Gute Idee. Hier waren gerade die Jungs von AKA AKA on Stage, die mit einem „kawummhaltigen“ Set absolut überzeugten. Chapeau, Holger und Johannes! Hut ab aber auch vor Thomas Gerdon und seinem Team. Der Lichtdesigner, der auch für die Show des Open Air Floors bei NATURE ONE verantwortlich ist – hat erstklassig abgeliefert. Klar – in der Mitte, hoch über der Bühne, trohnte das MAYDAY-Logo – rundherum unzählige Moving Lights, und gekonnt versteckt: zahlreiche Laser-Installationen. Die exzellente Untermalung des Klangbildes. Einziger Wehrmutstropfen, wie ich persönlich finde: Man hat sich 2019 wohl gegen eine Vier-Punkt-Beschallung entschieden und die meterhohen Boxentürme lediglich als Frontbeschallung gen Partycrowd ausgerichtet. Mir hat ehrlich gesagt der unverwechselbare Surround-Sound immer besser gefallen. Aber gut, time to change.

Für mich ein absolutes Highlight: Das Set von Sam Paganini im Empire. Der Italiener, der von 01:30 bis 03:00 Uhr auf der Bühne stand und den rappelvollen Dancefloor beschallte, war ein unverwechselbares Zugpferd, das die Massen anzog. Generell muss man sagen: Die Tanzflächen der drei Areas waren nahezu jederzeit mehr als nur gut besucht. Es kam durchaus das Gefühl auf, dass der Floor, auf dem man gerade stand, komplett sold-out war. Das sorgte natürlich für eine – sorry für den Ausdruck – ultrageile Stimmung. Definitiv ein Pro war im Empire: der Klang. Der war so deliziös und präzise ausgesteuert und so „auf den Punkt“, wie man ihn nur selten hört. Auch die Lightshow: großartig. Kein Overkill, der an ein Technikmonster erinnert. Nein. Bewusst gewählte Lichtelemente, an bewusst gewählter Stelle angebracht. Moving Heads, Strobos, LED, Nebelmaschinen – und fertig. Auf Sam Paganini folgte dann Len Faki, der ebenfalls „auf die Zwölf“ bot und die Moods seines Vorgängers Paganini in neue Sound-Hemisphären beförderte. Kein Beinchen auf dem Dancefloor, das da nicht mitwippte oder tanzte.

Rüber in die Factory. Die steht wofür? Das ist so klar wie Kloßbrühe: Hier stehen sämtliche Variationen der harder Styles im Vordergrund. Von Hardcore über Hard Techno bis hin zu Frenchcore. Hier feierte Sefa aus Holland sein Debüt mit seinem Sound: einer Mixtur aus Frenchcore und Klassik. Hier spielten die Brachialen Musikgestalter alias BMG eines ihrer hochgelobten Live-Sets. Hier war Dr. Peacock für den sinnbildlichen Abriss der Area zuständig und hier waren MC H und Tha Watcher als Hosts all night long im Einsatz. Heißer Sound in heißer Location – denn an Pyrotechnik und Frame-Jets wurde hier keinesfalls gespart. Als ich bei BMG on Stage ein Video für unsere Website drehte, hatte ich kurze Zeit Angst, mein Equipment würde gleich in Flammen aufgehen. Aber: Alles gut gegangen!

Weniger gut fand ich persönlich die Performance von Tiësto. Für viele steht – heute muss man aber sagen: stand! – der Name des Niederländer für den Inbegriff des Trance. Heute ist es so, dass er eher der EDM-Schiene verfallen ist. Klar, über Geschmack lässt sich streiten. Aber ich hatte den Eindruck, dass auch die Partymeute lieber etwas Progressiveres gesehen und gehört hätte statt … na ja. Richtig gut kam bei allen die Show der Friends of MAYDAY an – eine 20-minütige Live-Performance mit einem Best-of an Hymnen aus 28 Jahren MAYDAY. Danach enterte der gebürtige Deutsche und seit seinem 13. Lebensjahr in Miami lebende Markus Schulz die Bühne. Eigentlich hätte ich hier ein „Abfahrt“- oder „Fast forward“-Set erwartet. Doch Mr. Global DJ Broadcast entschied sich für ein sehr vocal-haltiges Trance-Set mit nur gelegentlichen „Bämm“-Elementen. Was Boys Noize, Neelix und Talla vs. Taucher spielten, bedarf keiner großen Erklärung, außer vielleicht: Techno, Psytrance / Goa, Trance-Classics der Raving Society. In der Reihenfolge.

Und dann … Dann war es auch schon wieder neun Uhr am Morgen des 1. Mais – und MAYDAY „when music matters“ schloss erfolgreich ihre Pforten.

Nun ist es ja so, dass die Diskussion rund um MAYDAY groß ist und in den Social Medias hitzig vorangetrieben wurde / wird. Von Hate-Comments bis hin zu „das Geilste, was ich je erlebt habe“ liest man. Natürlich ist das bei anderen Veranstaltungen ähnlich, doch ich glaube, MAYDAY polarisiert und spaltet doch in gewisser Hinsicht die Szene – und die Meinung derer, die sich mit ihr identifizieren. Meine Meinung ist, dass sich MAYDAY im Laufe der Zeit sehr verändert hat, aber man muss auch die alten Zeiten ruhen lassen und sollte nicht ständig Vergleiche zu den Jahren ziehen, in denen MAYDAY noch 27.000 Besucher anlockte oder in denen Hymnen wie „Sonic Empire“ im Jahr 1997 die Pole Position der Deutschen Charts erreichten. Ich finde, MAYDAY ist immer noch ein großartiges Event, das die komplette Bandbreite der elektronischen Musik widerspiegelt. Und das auf höchstem professionellen Niveau. Die Crew dahinter (I-Motion, die auch NATURE ONE, RUHR IN LOVE und TOXICATOR veranstaltet) hat das Konzept erfolgreich einer alten Zeit in reifer Form ins Hier und Heute exportiert. Man ist der Schiene treu geblieben und organisiert so eine Veranstaltung, die sich von vielen anderen zweifelsfrei abhebt. Und all denjenigen Hatern, die auf Facebook & Co. nur „War das ´ne scheiß Mayday!“ posten, sei gesagt: Bleibt doch einfach zuhause! Und all denjenigen sei gesagt, die in MAYDAY auch im 34. Jahr noch immer ein spannendes, partyreiches und friedvolles Happening finden: Wir sehen uns 2020!

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