Moses hat gesprochen #052, FAZEmag 10.2018
Losing my mind
Ich habe leichte Schweißperlen auf der Stirn, meine Hände sind ungewöhnlich trocken und ich tippe mir leicht wirr auf mein rechtes Ohr, in der Hoffnung den nächsten Track zu erreichen. Die Bassline rollt hart. Im Hintergrund höre ich eine Stimme. Leichte Flächen kündigen an was mich erwartet. Snare. Break. Snare. Hihat. Diese Stimme. Sie spricht mich an: „YOU!“
„Ich? Was? Ne?”
„Hey you, you‘re losing your mind.“
Pünktlich zum Ende dieses wunderbaren Sommers spült Spotify (Achtung! Werbung! Markennennung! Ficken!) mir die Hymne von Adam Beyer und Bart Skils in die Techno-Bunker-Playlist. „Hey! You! You’re losing, you‘re losing, you‘re losing you‘re mind. Hey you!“ Blablabla.
Danke. Nicht nur dass ich 23 Festivals mit fünf Sets pro Festivaltag und durchschnittlich drei Tagen gebraucht habe, um diese Vocals (Hinweis: 23 x 3 = 69. Ich muss da kurz mal dreckig lachen. 69 Tage lang habe ich insgesamt 345 Mal diesen Track gehört) zu lernen, nein ihr kommt jetzt wirklich pünktlich um die Ecke damit. Jetzt kann ich nämlich einfach mitsingen. Kommt super an Flughäfen, Bahnhöfen und sonstigen öffentlichen Plätzen. Mit fast unsichtbaren Airpods oder besser ganz ohne Musik. Ohne Brille, denn dann sehe ich zumindest so verschwommen, dass ich gut und gerne Schlangenlinien laufe oder random irgendwelche Objekte treffe.
Selten gab es ein Stück zeitgenössischer Musikkunst, dass mich in kürzester Zeit so fasziniert und doch mehr genervt hat als die Titten von Micaela Schäfer – sorry Babe.
Das Ding hat das Zeug zum Klassiker. Aber bitte erst wieder in 20 Jahren spielen.
Danke.
Mehr Moses:
Repeat
Religion und ihre Tücken
Männersache
Deutschland, deine Trance-Musik
Politik in der Szene
Generation Techno
2017 – Ein Abgesang auf ein Jahr
Lost im Hain
Niveauterrorismus
Ein Leben ohne Facebook …
Filme aus der Hölle
How to: Berlin
Working kills your DJ skills
Donald Duck Trump
Populismus
Veranstalter-Feedback aus der Hölle
Ach, Jan Leyk …
50 Ausgaben Techno, Titten und Dosenbier!
Die Arroganz des Undergrounds