Mouse on Mars – Zu zweit im Studio

Dreieinhalb Jahre nach ihrem letzten Album „21 Again“ kehren Mouse on Mars mit dem neuen Longplayer „Dimensional People“ zurück. Ursprünglich als räumliche Komposition mit objektbasierter Mischtechnik geplant, ist „Dimensional People“ nun eine Erweiterung dieser Idee und macht deutlich, wie Andi Toma und Jan St. Werner neue Kontexte für Orte, Klänge, Erinnerungen, Empfindungen, Atmosphären, Technologien, Beziehungen und auch Menschen entdecken. Mit auf dieser Entdeckungstour sind Albumgäste wie Zach Condon (Beirut), Eric D Clarke, Ensemble Musikfabrik oder Lisa Hannigan.  

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Ende Februar erschien auf Telekom Electronic Beats TV das Making Of zum Album. Über das das gemeinsame Arbeiten im Studio berichtet vergnügt und detailliert Jan St. Werner. 

Seit 25 Jahren gibt es nun Mouse on Mars, unsere herzlichsten Glückwünsche! 

Ja, danke schön. Wir sind extrem schnell älter geworden, deswegen sind wir ja auch immer noch so jung.

Wie sieht denn eure Rollenverteilung im Studio aus? 

Ich mische gerne mit ausgestreckten Ellebogen, Andi lieber mit den Füßen. Privatsphäre ist wichtig, deswegen geht auch mal einer raus, wenn der andere mit einem Sound alleine sein will. Wir haben vor dem Studio eine Eckcouch mit Magazinen, da kann man sich die Wartezeit verkürzen, oder sich einen Scotch aus der Minibar holen. Die Stewardess nimmt uns auch manchmal mit ins Cockpit, dann hat man natürlich gar keinen Bock mehr auf Mischen. Grundsätzlich hängen wir aber beide gerne vor dem Rechner ab und beobachten bunte Balken. Ich mag gedämpfte Arrangements in Rostrot, Grünteebraun oder Amperblau, Andi lieber Helloweenpink, Kürbisgelb oder Himbeere-Asphalt. Wir haben eine Geheimsprache, die nur aus Zisch- und Schreilauten besteht. Unser Kumpel Oliver Greschke baut gerade eine App für MoM-Instruments, unser App-Label, mit der man dann über Sprachsteuerung Midibefehle an die Studiocontroller ausgeben kann.

Und haben sich die Rollen im Studio im Laufe eurer Karriere verändert?

Ja, Andi mochte es früher lieber schwarz auf weiß und ich arbeitete bis vor zwei Jahren nur mit Notator auf dem Taschenrecher. mit zunehmend schlechterem Hörvermögen mussten wir aber jüngere Toningenieure anstellen, die den Frequenzbereich über 12 khz bearbeiten. Was da in unserer Musik passiert, wissen wir seit 2003 nicht mehr. Manchmal tragen wir Themenshirts, dann verkörpert Andi den Hobbit und ich Harry Potter. Oder wir machen Perückentausch.

In welchem Zeitraum ist das neue Album „Dimensional People“ entstanden? Gibt es auch so eine Art Auslöser, der zum Start einer neuen Produktion führt? Wie lief das beim neuen Werk?

Wir hatten viele verschiedene Projekte, wie unser App-Label MoM-Instruments, die Experimente mit Moritz Simon Geist alias Sonic Robots, die Arbeit mit Orchestern, wie der Ensemble Musikfabrik und die clubbigeren Projekte, die wir auf Monkeytown veröffentlichen. All das waren unterschiedliche Baustellen, die wir eher getrennt voneinander betrachtet haben. Mit „Dimensional People“ kam plötzlich alles unter einen Hut. Das lag auch an der Möglichkeit, aus dem Stereokorsett zu steigen und objektbasiert zu mischen, also räumlich.

Könnt ihr was zur angekündeten Installation zum Album verraten?

Wir haben die Installation zum ersten Mal am MIT in Boston aufgeführt. Der Klang kommt abstrakt aus dem Boxenarray, ist aber so beweglich und räumlich, dass man gar nicht merkt, dass keine Musiker im Raum sind. Dazu kommen die Percussionroboter von Sonic Robots, die die Vermittlung zwischen der abstrakten Klangwelt und der physischen Realität darstellen. Die Erfahrung ist ähnlich wie in einem Club, in der man den DJ nicht anstarrt, sondern sich so bewegt und tanzt, wie es einem gefällt. Wir können ins Publikum spazieren, zuhören und zurück an den Rechner, um Veränderungen vorzunehmen. Wenn hinten rechts in der Ecke einer zur Musik singen würde, wäre das auch okay und es würde nicht weiter auffallen. So stellen wir uns das vor: dass man die Musik spürt, nicht sieht.

Nach gut 25 Jahren gemeinsamer Studioarbeit ist es natürlich offensichtlich, dass die Vorteile überwiegen. Aber gibt es dennoch ein paar Haare in der Suppe, die das Arbeiten zu zweit schwieriger machen, als es alleine wäre?

Wir haben keine haare mehr. was man auf den Fotos sieht, sind Echthaarsubstitute von derselben Manufaktur, die auch Angela Merkel und Jürgen Prochnow beliefert. Verschiedene Perspektiven zu haben ist ja das Gute. Wir wollen nicht den einen endgültigen, perfekt klingenden Track, wir wollen, dass alles beweglich bleibt und sich immer wieder neu formieren kann.

Gibt es evt. bestimmte Marotten, die den jeweiligen anderen auf die Palme bringen? 

Marotten sind die Leitern des Lebens.

 

„Dimensional People“ erscheint am 13. April auf Thrill Jockey.

Aus dem FAZEmag 074/04.2018

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www.mouseonmars.com
Foto: Nicolai Toma