Neben den Decks – Künstler*innen und ihre Nebentätigkeiten: DJ DAG über das Messerschmieden

Für unsere neueste Edition von „Neben den Decks – Künstler*innen und ihre Nebentätigkeiten“ haben wir mit der Frankfurter Trance-Ikone Dag Lerner alias DJ DAG gesprochen. Dass der ehemalige Resident des Dorian Gray und des Omen schon immer eine Vorliebe für außergewöhnliche Hobbys hatte, beweist er uns mit seinem Faible für das Messerschmieden. Ihr solltet euch also nicht nur vor seinem exzellenten Trance-Sound, für den er 1993 die Goldene Schallplatte erhielt, in Acht nehmen …

Viele denken jetzt sicher: „Wie kommt ein DJ dazu, ein Messer zu schmieden?“ Nun, ich hatte schon immer ein großes Interesse an extravaganten Hobbys: Sei es mein Herzblut für die Fanszene der Frankfurter Eintracht, Harleys, amerikanische Autos, Geschichte oder historische Waffen. Auch bin ich ein großer Outdoor-Fan und liebe das Zelten im Wald. Da braucht ein Mann natürlich ein gutes Messer. Nachdem ich mir zig Messer gekauft hatte, lag es nahe, selbst mal eins herzustellen. Ich komme aus einer Schlosserfamilie, das Schmieden steckte mir also quasi von Geburt an im Blut.

Eines Tages kontaktierte ich meinen Freund Andreas, der das Schmieden schon über zehn Jahre praktiziert – oldschool mit Holzkohle, wie es seit Tausenden von Jahren gemacht wird. Außer dem Schleifen wird alles per Muskelkraft gehandhabt. Ich finde, wenn man sich für ein Handwerk interessiert, sollte man es zunächst in seiner rudimentärsten Form erlernen. Das ist zwar schwieriger, als direkt mit modernen Hilfsmethoden zu starten, doch man will ja nicht alles auf dem Silbertablett serviert bekommen. Wenn ich ein Stück Stahl per Hand in eine Messerform gehämmert habe, anstatt es einen Motorhammer tun zu lassen, bekomme ich einen sehr persönlichen Bezug zu dem, was ich geleistet habe.

Ich traf mich also mit Andreas auf einem Grundstück in Frankfurt-Oberad, auf dem auch seine Schmiede steht. Wir hatten ein Six-Pack Bier, einen kleinen Grill und ein unbearbeitetes Stück Stahl. Zunächst haben wir die Esse angefeuert und den Stahl erhitzt. Dann habe ich den glühenden Stahl mit dem Hammer bearbeitet, was bedeutet: Glühen, Bearbeiten, Glühen, Bearbeiten und immer so weiter. Nachdem ich das Stück Stahl in die Form eines Messers gehämmert hatte, ging es ans Schleifen. Dieser Prozess nimmt beim Schmieden am meisten Zeit in Anspruch. Dafür benötigt man einen Bandschleifer, denn per Hand zu schleifen dauert dann doch ein wenig lang.

 

In der Nähe meines Wohnorts steht eine 400 Jahre alte Eiche im Wald. Das Eichenholz diente mir als Material für den Griff, der selbstredend zunächst geformt werden musste. Auch die Parierstange (oder Handschutz) aus Messing musste zurechtgefeilt werden. Anschließend habe ich den Griff ausgebohrt und den Erl (Teil einer Klinge, die sich im Heft befindet) erhitzt und eingebrannt. Nachdem alles angepasst war, ging es ans Härten der Klinge. Dazu muss man wissen, dass dies der wichtigste Teil des Schmiedens ist. Ungehärtet ist die Klinge zu weich, um funktionstüchtig zu sein. Sie wird also nochmal in der Esse erhitzt, bis sie rotglühend ist, und schließlich im Ölbad abgeschreckt. Wenn dann die Feile drüber gleitet wie auf Glas, ist die Klinge ausreichend gehärtet. Den finalen Schritt markierte abschließend das Zusammenbauen und das Verkleben des Griffs mit Epoxidharz. Ein letzter Feinschliff und das Messer war fertig!

Mit dem gesamten Schmiedeprozess war ich sechs Tage lang und viele Stunden beschäftigt. Aber es hat sich gelohnt. Auf das Ergebnis bin ich verdammt stolz!

 

Aus dem FAZEmag 114/08.21
www.djdag.com