Neu im Kino: „Teaches of Peaches“ – eine Frau kennt keine Furcht

Foto: Avanti Media Fiction

Eine der authentischsten und polarisierendsten Künstlerinnen der Gegenwart erhält ihren eigenen Kinofilm: Merill Nisker alias Peaches. Die Kanadierin gilt als Pionierin des modernen Feminismus, als schillernde Figur der LGBTQIA*-Bewegung und überschreitet mit ihrer Musik regelmäßig die Grenzen zwischen Electronica, Pop und Indie. Jetzt veröffentlicht das Regie-Duo Philipp Fussenegger und Judy Landkammer mit „Teaches of Peaches“ einen Dokumentarfilm, der den Karriereweg der gefeierten Künstlerin anhand von exklusivem privatem Archivmaterial und spektakulären Show-Aufnahmen eindrucksvoll nachzeichnet. Fussenegger und Landkammer haben mit uns über das Leben und Wirken einer furchtlosen Pop-Ikone gesprochen und Einblicke in ihren Film gewährt.

Peaches und ihre Musik stehen für einen rigorosen Powerfeminismus, den Kampf gegen Genderstereotype und die Zerschlagung des Patriacharts. Mit bissigem Humor und scharfsinnigem Verstand setzt sie sich für LGBTQIA*-Rechte ein, rückt Fragen nach Gender- und sexueller Identität in den Fokus und hinterlässt dabei einen bleibenden Eindruck in der Popkultur. „Es gibt viele Fans, die erzählen, dass Peaches einen riesigen Einfluss auf ihre persönliche Entwicklung gehabt hat oder ihre Musik und Kunst ihnen in Lebensmomenten wie z.B. einem Coming-out geholfen hat“, erklärt Judy Landkammer, die zum ersten Mal 2009 auf die Musik der Kanadierin gestoßen war. Regie-Kollege Fussenegger hatte den Peaches-Sound bereits einige Jahre zuvor am Körper spüren dürfen – wortwörtlich und in einem wahrhaftigen Moment der Intimität: „Das war während meiner Teenager-Zeit. Die Musik lief rauf und runter, als ich das erste Mal mit einem Cis-Mann Sex hatte.“

Peaches ist laut. Ihre Texte sind scharf und rabiat und nicht selten mit einer unbequemen Wahrheit ausgestattet. „Black Cracker bringt es im Film gut auf den Punkt, wenn er sagt, dass Peaches oft für Menschen einsteht, die nicht unbedingt für sich selbst – aus welchen Gründen auch immer – sprechen können“, sagt Judy Landkammer. „Peaches ist sehr laut, wenn es um Rechte von Transpersonen geht und hat keine Angst, das auch ganz offen auf der Bühne zu zeigen. Das ist leider nicht selbstverständlich.“ Dass radikale Ansätze meist auch Gegenstimmen auf den Plan rufen, ist hinlänglich bekannt – das erfahren wir Tag für Tag beim Scrollen durch unsere Feeds, beim Lesen der Gazetten und in der Tagesschau. Könnte Peaches also zur Zielscheibe von konservativen und anti-woken Gruppierungen werden? Jein, sagt Fussenegger und erläutert: „Zu Beginn ihrer Karriere hatte sie auf jeden Fall viele Gegner*innen oder wurde schief angeguckt. Als weiblich gelesene Person hatte bzw. hat man es in der Medienbranche leider sowieso mit viel Gegenwind zu tun. Was Peaches politische Positionierungen angeht, besonders in Richtung Pro Choice und Rechte von Transpersonen, meinte sie während der Arbeiten an dem Film einmal, dass sie ja zu unbekannt sei, als dass irgendwelche Demos, etwa von Abtreibungsgegner*innen vor den Konzerthallen, stattfinden würden. Hoffen wir mal, dass das auch so bleibt …“

„Teaches of Peaches“ ist weder ein klassischer Tourfilm noch eine klassische Biografie. „Wir wollten, dass dieser Film ein queerer ‚Feel Good Movie‘ wird, sodass die Leute das Kino mit einer positiven Energie verlassen, egal ob Hardcore-Fan oder Casual-Kinogänger*in. Wir wollten einige Botschaften zu bestimmten Themen vermitteln, ohne den Leuten etwas aufzudrängen, so wie Peaches auch bestimmte Botschaften vermittelt, sei es zu Queerness, Altern oder Body-/Sex-Positivität“, so Landkammer, die derzeit zusammen mit ihrem Regiepartner an einem Film über den Berliner KitKat Club arbeitet. „Die Arbeit der letzten Jahre hat uns als Team noch enger zusammenwachsen und unseren künstlerischen Stil weiterentwickeln lassen: eine Vorbereitung darauf, ein neues Thema mit derselben Sensibilität anzugehen, während wir das Leben verschiedener Leute in der Berliner Clubszene begleiten werden“, so Fussenegger abschließend. Cut.

„Teaches of Peaches“ ist ab dem 9. Mai in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen. Die Laufzeit beträgt 102 Minuten.

 

Aus dem FAZEmag 147/05.2024
Text: M.T.
Foto: Avanti Media Fiction
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