Nick Höppner – Zehn musikalische Wegweiser

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Spricht man über Berghain/Panorama Bar und Ostgut Ton, kommt man an Nick Höppner nicht vorbei, der diese Berliner Institutionen seit vielen Jahren mitprägt – als Resident-DJ, Produzent sowie als ehemaliger und langjähriger Labelmanager. Sein Output umfasst nicht nur zahlreiche Solo-EPs, sondern auch viele Kollaborationen mit Acts wie Deadbeat, Auntie Flo oder Fort Romeau. Darüber hinaus hat der Wahlberliner 2015 sein Debütalbum „Folk“ veröffentlicht, dessen Nachfolger „Work“ nun im Juni erscheint. Welche Platten ihn und sein musikalisches Schaffen geprägt haben, verrät uns Höppner hier.

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Dinosaur Jr. – You’re Living All Over Me (SST, 1987)
Ich hatte auch schon vorher mit The Cure, Joy Division oder The Smiths begonnen, halbwegs anständige Musik zu hören, aber diese Platte hier hat mich mit 16 oder 17 so unfassbar umgehauen. Noch nie hatte ich mich von Musik so angesprochen, so gemeint gefühlt. Absolut lebensrettende Platte, zumindest kam mir das damals so vor. Phlegma und Verklemmtheit klangen nie schöner! Ab hier war jedenfalls klar, dass Musik für mich immer eine ganz wesentliche Rolle spielen wird.

 

A Tribe Called Quest – The Low End Theory (Jive, 1991)
Noch so eine Platte, von der mir jede Sekunde in Fleisch und Blut übergegangen ist. „Bravo Breakdance Sensation 84“, „License To Ill“ und „Raising Hell“ waren zwar nicht spurlos an mir vorübergegangen, so richtig entflammte meine Liebe zu Rap aber erst mit diesem Album.

 

A Guy Called Gerald – Black Secret Technology (Juice Box, 1995)
1995, zum Zeitpunkt ihres Erscheinens, gab es etliche Drum-’n‘-Bass-Platten, die technisch fortgeschrittener klangen als „Black Secret Technology“. Im Hinblick auf idiosynkratische Vibes und polyrhythmisches Jungle-Voodoo macht diesem Album aber nichts und niemand so schnell etwas vor. Hier findet vor der Breakbeat-Folie noch einmal kongenial zusammen, was das Jahrzehnt zuvor in Sachen Dancemusic ausgemacht hat. A Guy Called Gerald auf dem frühen Gipfel seines Schaffens.

 

Aphex Twin – Richard D. James (Warp, 1996)
Ja, offensichtliche Wahl – die Genialität von Aphex Twin ist aber nun mal unbestreitbar und ich habe diese Platte einfach unendliche Male gehört. Bis heute gut gealtert und damals schier unfassbar!

 

Dave Angel – Tales Of The Unexpected (Blunted, 1995)
Ich glaube, es gibt keine Techno-LP, die ich öfter gehört habe, auch wenn es sicher bessere gibt. Prägt mein Verständnis des Genres bis heute nachhaltig – Deepness, Detroit-Reminiszenzen, Jazz immer im Hinterkopf, Funk, ein gewisses Abstraktionslevel und vor allem: Vielseitigkeit.

 

Herbert – Part One-Five (Phono, 1995/96)
Ich muss zugeben, dass mich House zur Mitte der 90er-Jahre nicht sonderlich interessiert hat. Herbert sowie kurze Zeit später auch Moodymann und Theo Parrish haben das schlagartig geändert. Absolut essenzielles Genre-Update zur richtigen Zeit, das weit über die Grenzen des Klassizismus der Ursprungsorte von House hinauswies.

 

BFC – Chicken Noodle Soup (Planet E, 1993)
Ich hätte auch etliche andere herausragende Carl-Craig-Produktionen wählen können – vielleicht mein All-time-favourite-Producer. Ich glaube jedenfalls nicht, dass sich von jemand anderem mehr Platten in meiner Sammlung befinden …

 

Underground Resistance – Amazon/4-Hero-Remix (Underground Resistance, 2001)
Es gibt bessere Produktionen als diesen Remix von 4 Hero, aber diese Platte repräsentiert den Brückenschlag, der mich Jahre vorher über Jungle/Drum ’n‘ Bass den Weg zu (Detroit-)Techno finden ließ. Mir sind solche Verbindungslinien bis heute wichtig und auf einem idealen Dancefloor fände das auch immer noch gemeinsam statt!

 

The Streets – Has It Come To This (Locked On, 2001)
Es war der 23. Mai 2001, ich war erst ein paar Wochen zuvor nach Berlin gezogen. Im TV lief stumm das Champions-League-Finale zwischen dem FC Bayern München und dem FC Valencia. Ich hatte ein paar Pilze genommen und legte diese Platte immer und immer wieder von vorne auf. Später ging ich noch spazieren und die Bürgersteige kamen mir als aus Hamburg Zugezogenem unendlich breit vor. Es war ein köstlicher Abend.

 

Alice Coltrane – Journey In Satchitananda (Impulse! Records, 1971)
Eine der ersten Jazz-Platten, die mich richtig begeistert haben. Mäandernd, meditativ und hypnotisierend. Auch wenn ich mich selbst nicht für einen übermäßig spirituellen Menschen halte, kann mich Coltranes Streben nach Transzendenz berühren.

 

Aus dem FAZEmag 064/06.2017
Foto: Katja Ruge

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