Novys Welt – Er hat ein knallrotes Gummiboot

Novys Welt 07/2012 – FAZE 005

Schön, dass meine werten Kollegen in der Sommersaison immer sowas von durchknallen, dass man sich wirklich nur noch wundern kann. Ich finde die Diskussion über Steve Angello ein wenig bizarr. Man filmt ihn bei einer Mixtape-Performance im vergangenen Jahr und prangert ihn öffentlich an. Er gibt in einer Erklärung alles zu und wird trotzdem weiter gebucht. Ich hab mit Kopfschütteln diese Erklärung gelesen – er sei taub auf einem Ohr und müsse viel im Flieger mit Kopfhörern arbeiten, und überhaupt passt ja das Licht nicht mehr zum Sound, wenn er live mixen würde. Darüber hinaus würde er ja schon mixen seit er zwölf ist, und mit der neuen Technik und dem Display auf den CD-Player kann man ganz klar sehen, wo ein Track anfängt und wo er aufhört, und deshalb braucht ein guter DJ wie er auch keinen Kopfhörer mehr.

Sensationell. Die Leute zahlen also gerne die völlig überzogenen Eintrittspreise, um dann ein Mixtape zu hören und ein bisschen Feuerwerk und Visuals dazu zu erleben?! Ich freue mich schon darauf, wenn der kleine Steve sich diesen Sommer mittwochs im Ushuaia während der Show mal zum Sonnen eincremt oder zwischendurch kurz ins Meer hüpft für eine kleine Erfrischung. Vielleicht kommt ja auch bei dem einen oder anderen Gig ein Double. Oder man stellt direkt eine Pappfigur auf die, mit dem Kopf nickt und die Arme in die Luft recken kann. Das wäre auch gleich noch ein toller Mechandise-Artikel fürs Fan-Kinderzimmer.

Bei allem Respekt, wie viele gute Platten der Mann und seine Mafia-Kollegen auch gemacht haben: Sorry, Mixtape-Performances sind ein absolutes No Go. Und eigentlich kann ich mich nur fremdschämen für so eine Deppenaktion. Schade, dass es kein Berufsverbot in unserer Branche gibt. Aber mit dem lieben Steve ist es noch nicht genug, denn vor kurzem ist ein weiteres Exemplar aufgetaucht, das an kompletter Selbstüberschätzung leidet und dem Begriff „DJ-Rider“ eine völlig neue Dimension des Schwachsinns verleiht. Auf der Seite harderbloggerfaster.com ist der Rider vom DJ-Superstar Steve Aoki aufgetaucht. Ein anonymer Wohltäter dachte wohl, dass dieses gute Stück etwas für die Öffentlichkeit sei.

Ich fasse hier ein mal ein paar Dinge zusammen, die der gute Aoki vom Veranstalter haben möchte: Ein aufblasbares Gummiboot für zwei bis drei Personen, vier Konfetti-Maschinen, eine CO2-Handmaschine (alles schön mit Bildern erklärt). Dann zwei große Fans, die rechts und links der DJ-Kanzel warten, vier Hotelzimmer, die nicht weiter als zwei Meilen vom Club entfernt sind. Zwei mittelgroße Kuchen mit der Aufschrift DIM MAK, drei Flaschen Champagner – wenn es eine All Ages Show ist, geht auch alkoholfreier zum verspritzen. Hinter der Bühne möchte Herr Aoki aber lieber Dom Perignon oder Cristal. Zum Umziehen hätte er gerne drei V-Ausschnitt-Shirts in Lage, sechs Mal Herrenunterwäsche und sechs Paar Socken. Dann braucht er noch einen, der sein Merchandise verkauft, und einen Regiestuhl mit Blick auf die DJ Area auf der Bühne platziert, und zu guter Letzt gute zwei Unzen vom lokalen Gras.

Steve Aoki macht also nicht nur Lärm zum Davonlaufen. Nein, er garniert das Ganze auch noch mit so einer völlig behinderten Egoshow. Musikalisch mögen die Geschmäcker ja verschieden sein. Ich persönlich kriege jetzt keine Gänsehaut, wenn so ein Halbaffe jedes Mal Champagner und Torte ins Publikum haut und in seinem Gummiboot über die Fans rudert. Dafür fehlt mir ein bisschen der Sinn. Rock’n’Roll ist super, aber wenn er jeden Abend so inszeniert wird, dann ist es eben kein Rock’n’Roll. Mir würde es besser gefallen wenn der Herr Aoki sich mal bei seinen Shows alle seine sechs Unterhosen und Socken gleichzeitig anziehen und einen gescheiten Strip hinlegen würde, während er sich dabei mit alkholfreiem Champagner übergießt und mit seinem DIM MAK-Kuchen einreibt. DAS wäre dann mal eine Performance der besonderen Art und würde wenigstens auch zur Musik passen.
Tja, meine lieben Freunde, ihr seht schon, wo ihr mich diesen Sommer nicht antreffen werdet. Ich spare mir die beiden Steves und gehe lieber zu „normalen“ Künstlern tanzen. Leider ist das wieder nur ein weiteres Beispiel dafür, wie abartig dieses ganze Geschäft geworden ist. Ich hoffe, dass es bald einen großen Crash gibt, der solche Protagonisten wieder verschwinden lässt und mehr Raum für ehrliche und gute Künstler und Musiker schafft.
In diesem Sinne.

Life is a Beach. Woooozaaaaaaaaaa.
Euer Tom

www.tomnovy.com

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