Open Air statt Ausgangssperre? Aerosol-Forscher schreiben offenen Brief an die Regierung

Bundesweite Lockdowns und Ausgangssperren: Aufgrund der Corona-Pandemie ist unsere Freiheit derzeit massiv eingeschränkt. Doch ist es wirklich sinnvoll, das öffentliche Leben gänzlich zu meiden und sich in den eigenen vier Wänden einzusperren? Der Aerosol-Forscher Gerhard Scheuch hat im Verbund mit Kollegen einen offenen Brief an die Regierung geschrieben, in welchem sie deutlich machen: Corona ist ein Innenraum-Problem und die Politik sollte ihre Bürger zum Rausgehen motivieren.

„In der Fußgängerzone eine Maske zu tragen, um anschließend im eigenen Wohnzimmer eine Kaffeetafel ohne Maske zu veranstalten, ist nicht das, was wir als Experten unter Infektionsvermeidung verstehen“, heißt es etwa in dem Schreiben. Umso paradoxer ist es für Scheuch und Co., dass die politischen Maßnahmen fast ausschließlich in der Öffentlichkeit greifen: Beliebte Plätze und Parks werden trotz großer Flächen abgeriegelt, nachts darf man nicht mehr raus, obwohl sich die Chancen auf Kontakte dann sowieso minimieren.

Wie wichtig dem ehemaligen Präsidenten der Internationalen Gesellschaft für Aerosole in der Medizin (ISAM) Veränderungen in der politischen Handhabung dieser Problematik sind, geht auch aus einem Interview mit der „Hessenschau“ hervor. Die Politik habe laut Scheuch nicht verstanden, wie Aerosolübertragungen überhaupt stattfinden. 99,9 Prozent der Infektionen würden in Innenräumen stattfinden, weshalb es völlig verkehrt sei, öffentliche Plätze und Veranstaltungen zu sperren bzw. zu untersagen. In Bezug auf die Ansteckungsgefahr in Außenbereichen erklärt Scheuch: „[…] Wenn ich dort ausatme, verfliegt die Aerosolwolke sofort und verdünnt sich. Es entsteht nicht die Konzentration, um sich zu infizieren. In einer irischen Studie wurde gerade festgestellt, von 232.000 Infektionen waren 262 im Außenbereich, also 0,1 Prozent.“

Doch wie reduziert man nun die Ansteckungsgefahr in Innenräumen? Laut Scheuch sei vor allem das regelmäßige Lüften ein entscheidender Faktor, um dies zu bewerkstelligen. „Wir fordern, Außenbedingungen in Innenräumen zu schaffen. Wir müssen die Aerosolwolken, die wir produzieren, so schnell wie möglich verdünnen und aus dem Zimmer schaffen“, erläutert er.

Abschließend fällt der Experte nochmals ein vernichtendes Urteil zur bundesweiten Corona-Politik. Die Kommunikation sei „katastrophal“. Durch die Ausgangssperren würde man der Bevölkerung suggerieren, dass es draußen gefährlich sei. „Aber genau das Gegenteil ist der Fall, man muss die Leute motivieren, raus zu gehen. Ich sage immer, Open Air statt Lockdown und Ausgangssperren […].“

Das würden wir so unterschreiben. Der offene Brief scheint jedenfalls schon Wirkung gezeigt zu haben. Laut Scheuch gäbe es gerade „massiv viele Anfragen“ und auch der Kontakt zu Politikern und Beraterkreisen sei bereits aufgebaut worden.

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Quelle: Hessenschau