
Animal-Collective-Visionär Noah Lennox schlägt mit „Sinister Grift“ ein neues Kapitel im Kosmos seines Solo-Projektes Panda Bear ein. Nach der gefeierten „Rest In Dub“-Kollabo mit Sonic Boom (Peter Kember) hat sich der US-Amerikaner das erste Mal seit fünf Jahren in Solo-Manier ins Studio begeben und präsentiert uns nun eine von verträumtem Minimalismus und reduzierten Arrangements geprägte Platte, die in Kontrast zu den psychedelischen Eskapaden von Animal Collective steht. Auf das Wesentliche fokussiert, schlägt Lennox einen für ihn ungewöhnlichen Pfad ein, der sich als erfrischend anders und richtungsweisend entpuppt. Ein weiteres Mal sorgt Panda Bear, der sich 2025 auf große Europa- und Nordamerika-Tour begibt, für einen authentisch-zeitlosen Hörgenuss im Kontext der elektronischen Popmusik.
Ein Blick in Lennox‘ Diskografie genügt, um konstatieren zu können: Der Einfluss des im US-Bundesstaat Virginia geborenen Musikers geht weit über Genregrenzen hinaus. Zwischen Psychedelic Pop, Electronica, Freak Folk und Ambient hat er einen einzigartigen Stil gefunden, der die experimentelle Musikszene prägte und ihn zu einem der innovativsten Künstler seiner Generation formte. Sein Soloalbum „Person Pitch“ (2007) gilt als Meilenstein der experimentellen Popmusik und beeinflusste zahlreiche Künstler*innen der 2010er-Jahre. Mit seinen sonnendurchfluteten Harmonien, Loops und Samples verhalf Lennox dem Genre des Chillwave zu Popularität, auch wenn er selbst nie in eine solche Schublade gesteckt werden wollte. „Panda Bear Meets The Grim Reaper“ (2015) zeigte eine verspieltere, elektronischere Seite seines Schaffens und bewies einmal mehr seine Fähigkeit, tiefe emotionale Themen in zugängliche Klanglandschaften zu verpacken. Unvergessen bleibt auch seine Mitwirkung am Daft-Punk-Hit „Doin‘ It Right“ auf „Random Access Memories“, das ihm allen voran in der elektronischen Welt ein (noch) größeres Publikum bescherte. Und dann wären da noch die zahllosen Stücke mit Animal Collective, die als Schlüsselwerke der Indie- und Psychedelic-Szene gelten. Aber das ist ein anderes Thema.
Mit „Sinister Grift“ konzentriert sich Noah Lennox das erste Mal seit „Buoys“ wieder auf ein Solo-Album – zumindest auf dem Papier: Die LP wurde gemeinsam mit seinem Animal-Collective-Bandkollegen Josh Dibb in Lennox‘ Studio in Lissabon produziert. Während seine früheren Soloalben zwischen intimen, melancholischen Klängen und farbenfrohen elektronischen Klanglandschaften schwankten, strahlt „Sinister Grift“ eine Direktheit aus, die eine faszinierende emotionale Tiefe erzeugt und Panda Bear von einer kämpferischen, aber auch von einer verletzlichen Seite zeigt. Sinnbildlich hierfür: „Defense“ mit Cindy Lee – einem Alter Ego des Kanadiers Patrick Flegel – an der Gitarre. Weitere Unterstützung erhielt er von Rivka Ravede („Spirit of the Beehive“) und erstmals allen Mitgliedern von Animal Collective – allen voran aber von Josh „Deakin“ Dibb, der den Entstehungsprozess auch als Rückkehr zu den Wurzeln beschreibt: „Noah und ich haben 1991 begonnen, gemeinsam Musik auf Kassette aufzunehmen. Über 30 Jahre später waren es wieder nur wir zwei in einem Raum, auf der Suche nach Klängen und Gefühlen, die uns bewegen. Ich bin stolz auf das, was wir geschaffen haben.“ Oder, um es abschließend mit den Worten der französischen Electronic-Ikone Alan Braxe zu sagen: „Ein wunderschönes Album. Authentisch, zeitlos und einfach wahr.“
„Sinister Grift“ ist am 28. Februar via Domino erschienen.
Aus dem FAZEmag 157/03.2025
Foto: Chris Shonting
www.pandabearofficial.com