Paul van Dyk – Mensch & Maschine

Paul van Dyk – Mensch & Maschine

Kaum ein Name ist so eng mit der Entwicklung der Dance-Music-Szene der letzten drei Jahrzehnte verbunden wie Paul van Dyk. Als Produzent, DJ und Labelbetreiber gehört der Berliner zu den prägenden Gestalten des globalen Trance – nicht nur stilistisch, sondern auch strukturell. Früh verließ er die rein cluborientierte Nische und trug elektronische Musik auf die großen Bühnen, in Arenen und auf internationale Festivals, lange bevor das Genre im Mainstream Fuß fasste. Sein Welthit „For An Angel“, seine Ernennung zum weltweiten Nummer-Eins-DJ im DJ Mag oder sein einflussreiches Label VANDIT – Paul van Dyk blickt auf eine Vita voller Meilensteine zurück.
Nach einer fünfjährigen Album-Pause kehrt der Visionär nun mit seiner ersten vollständigen Studio-LP seit fünf Jahren zurück und rückt das Zusammenspiel von Mensch und Maschine in den Vordergrund. Wir haben mit Matthias Paul, wie der Musiker mit bürgerlichem Namen heißt, über die Platte gesprochen.

„Meiner Meinung nach gibt es keinen besseren Zeitpunkt, etwas wieder aufzunehmen, als den, wenn man sich danach sehnt“, antwortet der 53-Jährige auf die Frage, was ihn nach fünf Jahren wieder dazu bewegt hat, ein Album aufzunehmen. Die beiden Vorgänger-LPs „Escape“ und „Guiding Light“ waren beide 2020 erschienen und eine längere Pause im Anschluss somit eine logische Konsequenz.
Nun scheint van Dyk wieder Feuer und Flamme zu sein für hymnische Synth-Landschaften, deepe Arrangements und cineastische Atmosphären, die in den 15 Tracks auf „This World Is Ours“ zu hören sind – Kollaborationen mit Acts wie Paul Thomas, The Yellowheads, EKKO, FUENKA oder John 00 Fleming inklusive.

Derzeit und die nächsten Monate befindet sich van Dyk auf dem Album gleichnamiger Tour:

Das zentrale Thema des Albums, die Überschneidung von künstlicher Intelligenz, Technologie und menschlicher Natur, sei vor allem durch Gespräche mit den Kollaborationspartnern und Leuten wie Christian Schottstaedt und Reznor entstanden. „In Tracks wie ‚Take Me Away‘, ‚Against The Algorithm‘, ‚Let Go And Listen‘, ‚Back 2 The FVTR‘, ‚Gatekeeper‘ und (natürlich!) ‚This World Is Ours‘ haben wir unsere Gefühle und Intuition zur Zukunft unseres Planeten zum Ausdruck gebracht“, so van Dyk, der künstliche Intelligenz bereits viel deutlicher in unsere Leben integriert sieht, als es im öffentlichen Bewusstsein wahrgenommen werde. Die Entwicklung sei zwar in vielen Bereichen komfortabel, etwa wenn man zur Beantwortung von Fragen eine automatische Texterkennung nutzt, in anderen Bereichen hingegen jedoch viel zu rasant: „Musiktechnologie, Film und Unterhaltung, soziale Medien, Militär, Finanzen – in diesen Sektoren, glaube ich, wäre es in unserem Interesse, innezuhalten und die Auswirkungen auf die Welt zu bewerten.“

Das offizielle Musikvideo zu einem der Tracks des Albums, „Beautiful“, mit der in Schweden geborenen Singer-Songwriterin Julia Westlin

Obwohl van Dyk eine eher kritische Attitüde zum Einsatz von KI in der Musikproduktion unterhält („KI kommt nicht aus dem Herzen“), fand sie auf seinem Album ihren Platz in „The Poem“. Für ihn ein seltsames Gefühl: „Ich gab ihm die Schlüsselworte: ‚Schreib ein schönes Gedicht‘, ‚Schreib es über die Seefahrt und das Meer‘ und ‚eine positive Einstellung‘, und es antwortete mit einem geradezu beängstigend schönen Gedicht. Dann benutzte ich eine ‚alte und weise‘ KI-generierte Stimme, um es zu erzählen. Das waren die einzigen Hinweise, und die kreative, emotionale, menschliche Ebene, mit der sie reagierte, war für mich nicht von der Realität zu unterscheiden.“
Besonders deutlich wird van Dyks skeptische Haltung auf der Zusammenarbeit mit John 00 Fleming – „Against The Algorithm“: „Algorithmen programmieren uns bereits in erheblichem Maße. Dies sollte uns eine Warnung für die Zukunft sein. […] Wir wollten einen Track kreieren, der sich gegen den Algorithmus – die Forderungen der Streamingdienste – stellt. Der endlose Strom gleich klingender 2-Minuten-30-Sekunden-Songs, die perfekt in Playlists und Radiorotationen passen.“
Bleibt zu hoffen, dass ihm der Algorithmus das nicht übel nimmt.

Das Album „This World Is Ours“ von Paul van Dyk ist am 11. April via VANDIT Records erschienen.

Aus dem FAZEmag 159/05.2025
Text: M.T.
Web: www.paulvandyk.com