Phon.o – Die Evolution der letzten Jahre

Im Letzten Jahr schloss sich Carsten Aermes aka Phon.o der 50 Weapons-Crew an, was auch ein Zeichen des Wandels für ihn war. Er veröffentlichte dort drei EPs, einer davon als Split-Single mit Anstam, und legt nun das Album “Black Boulder” nach, mit dem er stilsicher zwischen Dubstep, UK Funky, Techno und Garage balanciert und verlagert dabei geschickt immer wieder den Schwerpunkt, was für ein sehr geschlossenes und liquides Album sorgt.

Kannst du kurz erklären, wie sich die „Wandlung“ abgespielt hat? Gab es einen bestimmten Impuls oder Einfluss?
Es gab keinen einzelnen, bestimmten Impuls für meine Neuausrichtung. Grundsätzlich habe ich schon immer sehr viel verschiedene Musik gehört und aufgelegt. Ich brauch immer eine Veränderung für mich selbst und nach CLP hab ich mich mit Harmonielehre und anderen musikalischen Theorien befasst. Ich wollte und musste mich weiterentwickeln. Eine Weiterentwicklung ist für mich als Musiker essentiell. Ich kann nicht das Gleiche von vor sieben Jahren machen. Sieht man meine Remixe der letzten zwei Jahre so ist das nicht wirklich eine Wandlung, sondern vielmehr eine Evolution.

Hast du zu in diesem Zeitraum dann auch schon gewusst, dass die Zeit für ein Album reif sei?
Ja. Die Idee ein Album zu machen, war schon sehr früh geboren. Denn nur mit einem Album kann man eine Idee oder Vision umsetzen und dem Hörer präsentieren. Außerdem hat man nicht den Druck, dass jeder Song Dancefloor-tauglich sein muss. Man konzentriert sich dann wirklich auf die Songs und das ist wirklich das Beste für mich.

Bist du mit einem bestimmten Konzept ans Album gegangen, wofür steht der „Black Boulder“?
Es gab nicht wirklich ein Konzept. Es war mehr ein Gefühl. Aber, fest stand: ich möchte musikalischer werden, Songstrukturen entwickeln und einen warmen, subtil noisigen Sound kreieren mit Referenzen meiner Anfangszeit (Berlin Chords, Hallräume usw). Desweiteren war mir wichtig, dass man es gut durchhören kann, aber trotzdem den Dancefloor nicht aus den Augen verliert. Schon während der Produktion habe ich beim Auflegen und live spielen Songs »getestet« und Veränderungen vorgenommen.

Es war mir auch sehr wichtig, dass jeder einzelne Song einen eigenen Charakter und Sound bekommt, d.h. ich hab wirklich jedes mal neue Sounds gesucht und benutzt, ohne aber den Gesamtsound des Albums zu vernachlässigen.

Ich hatte recht früh – schon während der ersten Songs – eine ziemlich konkrete Vorstellung vom Album Artwork als Ganzes oder Klammer. Auch der Titel war schnell gefunden. Ich wollte etwas Abstraktes, Mystisches für das Cover generieren. Etwas mit Patina, Ecken und Kanten. Ein unperfektes Gebilde ohne inhaltliche Definition. Diese Idee skizzierte ich und traf mich mit meinem Freund Max Koriath. Er ist ein Produktdesigner und 3D-Artist und konnte mir genau nach meinen Vorstellungen dieses schwarze Gebilde – den Black Boulder – bauen. Der Brocken besteht, wie die Songs des  Albums, aus vielen kleinen Teilen und ergibt ein Ganzes.

Wie bist du bei 50 Weapons gelandet, wie hast du Modeselektor kennengelernt?
Ich kenne Gernot und Basti (Modeselektor) schon seit etwa 10 Jahren. Wir haben oft zusammen gespielt und abgehangen. Nach dem Ende von CLP machte ich erstmal einige Remixe um mich musikalisch wieder selbst zu finden und diese gefielen den beiden sehr gut. Sie fragten mich, ob ich nicht einen Remix für ihre »Art & Cash«-Single machen wollte. Modeselektor waren total begeistert von meinem Remix und fragten gleich nach weiteren Songs für ihr junges Label 50Weapons. Ich war begeistert, denn das Label ist perfekt für mich und meine Musik. Kurz darauf gab ich Ihnen drei Songs und die Sache nahm ihren Lauf. Es folgte ein 10Inch-Split mit Anstam und meine beiden 12inches. Und nun das Album. Besser hätte es für mich nicht laufen können. Ich habe ein perfektes musikalisches und personelles Zuhause.

Vor zwölf Jahren hast du deine erste Platte veröffentlicht. Was hat sich grundlegend im Gegensatz zu heute für dich verändert bezüglich Produktion, Vorgehensweise etc.?
Als ich 1997 anfing Musik zu machen, ging das alles nur mit Hardware. Wir hatten lediglich einen Atari für MIDI-Sequencen. Man musste immer alle Songs am Mixer live mischen und ewig viele Takes aufnehmen. Da ich mir das Studio mit Apparat geteilt habe, musste ich deshalb immer innerhalb weniger Tage alles fertig haben. Man konnte ja nicht viel speichern. Manchmal haben wir die Rechner und Geräte tagelang nicht ausgeschaltet um keine Sounds und Einstellungen zu verlieren.

Heute kann ich aber meinen Ideen viel mehr Zeit geben, d.h. ich nehm die Songskizzen in Ableton Live auf, lass sie ein paar Tage oder Wochen liegen und check dann, ob sie für eine weitere Ausarbeitung gut genug sind.

Es ist auch großartig, dass ich ja dann komplexeste Arrangements genauso 1:1 wieder laden kann (Das endgültige Arrangieren und Mixen passiert dann in Cubase). Das möchte ich nicht mehr missen, denn ich brauch den zeitlichen Abstand – u.a. auch weil ich nebenbei arbeiten muss – und die Möglichkeit ein Arrangement komplett umstrukturieren zu können.

Ein weiterer, großer Vorteil von dem Arbeiten mit Computern ist, dass man in den Sounds und in den musikalischen Strukturen nicht so limitiert ist. Ich kann mich also musikalisch ziemlich frei entfalten.

www.50weapons.com