Pioneer DJ DDJ-XP2 – das doppelte Donnerlottchen

Gerade für DJs, die mit einem Digital Vinyl-System (DVS) arbeiten, tun sich in Kombination mit jeder neuen DJ Software-Generation immer größere Anwendungslöcher auf. Denn anders als bei reinen All-In-One-Controllern lässt sich über Einzelkomponenten (Turntables, Media-Player, Mixer) ein Teil der Software-Features nicht mehr unmittelbar erreichen.

Das betrifft vor allem das weite Feld der Performance- und Remix-Funktionen mit seinen zahlreichen Hot Cues, Samples und Beat Loops usw. Genau hier schlägt die große Stunde sogenannter Add On-Controller. Sie machen die bisher nicht (direkt) erreichbaren Kreativfunktionen in Gestalt einer zusätzlichen Hardware zugänglich. Ein Musterbeispiel war der vor zwei Jahren veröffentlichte Pad-Controller DDJ-XP1 von Pioneer DJ. Allerdings war dieser konzeptionell vor allem auf die Steuerung der hauseigenen DJ Software rekordbox zugeschnitten. Der Nachfolger DDJ-XP2 öffnet sich schon ab Werk gleichwertig dem Wettbewerber Serato DJ.

Äußerlich ist der Controller weiterhin logisch strukturiert und sowohl im symmetrischen Layout wie auch in der Größe mit dem Vorgänger identisch. Er ist in vier Hauptsektionen gegliedert: Mittig oben befindet sich ein Browser-Part, woran sich links und rechts einige Decksteuerungs-Funktionen anschließen. Die Außenflanken sind mit Slide-FX-Bahnen zur Effektsteuerung belegt. Im Zentrum stehen schließlich die 4 x 4 = 16 Performance-Pads pro Playerseite bereit, um auf die zugewiesenen Funktionen innerhalb der Software zugreifen zu können. Dem Einsatz als reiner Add-on-Controller entsprechend beschränkt sich die Anschlusssektion auf einen USB-Port. Die Verarbeitung des flachen Vollkunststoff-Controllers ist absolut tadellos. Er wirkt robust und dürfte auch so manch rüden Rucksacktransport unbeschadet überstehen. Insbesondere die bunt hinterleuchteten Gummi-Pads fühlen sich wertig an, auch wenn sie weiterhin nicht anschlagdynamisch reagieren.

Den 16 Pads pro Playerseite lässt sich einer von insgesamt vier Betriebsmodi auf direktem Wege zuteilen. Weitere vier sind auf der zweiten Ebene über Shift erreichbar. Auf konkrete Beschriftungen der schmalen Mode-Tasten hat Pioneer beim XP2 wohlweislich verzichtet, da die zugeordneten Aufgaben je nach eingesetzter DJ Software variieren. So stellt die Pad Mode 1-Taste in rekordbox DJ volle 16 Hot Cue-Slots bereit, während sie in Serato DJ den parallelen Zugriff auf 8 Hot Cues und 8 Samples ermöglicht. Diese Kombination von zwei Funktionen auf einer Pad-Ebene ist gerade beim Serato DJ-Mapping häufiger der Fall. Ab Werk lassen sich über die Pads weiterhin folgende Serato-Funktionen steuern: 12 Auto Loops + 4 Beat Jumps, 8 Slices + 8 Samples, 8 Saved Loops + 1 Manual Loop + Loop-Funktionen, 16 Pitch Play-Tonlagen, 12 Rolls + 4 Beat Jumps, 8 Transport- + 8 Grid-Funktionen. Das Pitch Play, also Abspielen von Hot Cues in unterschiedlichen Tonhöhen, stellt dabei eine Sonderfunktionen dar, die optional mit dem Serato Pitch ‘n Time-Paket erworben werden muss.

Eine sinnvolle Neuerung gegenüber dem XP1 ist, dass sich die Pads auch als Transport-Steuerelemente einsetzen lassen. Sprich: Für klassische Spinning-Aktionen, die normalerweise über DJ Player ausgeführt werden, darunter das Starten und Anhalten von Tracks oder Ändern der Tonhöhe und des BPM-Tempos. Sollten also mal keine Jogweel-Units zur Verfügung stehen, lässt sich alleine mit dem XP2 ein Notfallset runterrocken. Zumal ja ergänzende Hilfsfunktionen wie Beat Sync, Key Sync und Key Reset in Form eigener Buttons pro XP2-Deck vorhanden sind. Wem die Pad-Zuweisung missfällt, hat in rekordbox DJ ab der Version 5.0.0 die Möglichkeit, sie über einen grafischen Editor den eigenen Wünschen anzupassen. Für Serato DJ ist das auf etwas anderem Wege ebenfalls möglich. Dazu muss man in der Software den MIDI-Assign Modus öffnen und weist die gewünschte Funktion einem Performance Pad zu. Für eigene Konfigurationen stellt der DDJ-XP2 gesonderte User Bänke bereit, in die man mittels Doppelklick eines Pad Mode-Buttons gelangt.

Als Ergänzung zu den Pad-Funktionen stellt das Tool, wie schon sein Vorgänger, clevere Zusatzfunktionen bereit. Als wichtigste sei die Effektsteuerung über die Touchslider an den Außenkanten erwähnt. So lässt sich in rekordbox DJ jeweils einer der 11 Beat- und 6 Release-Effekte auf einen der drei Slide FX-Buttons legen und feinfühlig über die 100-Millimeter-Stripes regeln. Effektkombinationen sind also weiterhin nicht möglich, weil es in der Software gar nicht vorgesehen ist. Anders in Serato DJ. Hier lassen sich auch dank der softwareseitigen Multi-Optionen variantenreiche Effektkombinationen auf- und wieder abbauen. Je nach Software und Effekt unterscheidet sich folglich, welche(n) Parameter man mit dem Touchslider bearbeitet. Mittels eines Hold-Buttons lässt sich der FX dann noch dauerhaft scharfschalten, ansonsten wird er ja durch Berühren des Sliderweges aktiviert. Ebenfalls mit einem eigenen Abschnitt bedacht, wurde die Loop-Sektion. Sie ist mit der des DJM-S9 Battlemixers identisch, sodass sich blitzschnell ein 4-Beat-Loop extrahieren und mittels zusätzlicher Tasten halbieren oder verdoppeln lässt. Geht man mit Shift in den Loop-Modus, kann man die Start- und Endpunkte individuell festsetzen.

Insgesamt bleibt der DDJ-XP2 vor allem für DJs, die mit DVS arbeiten und die Möglichkeiten ihrer DJ Software ausreizen wollen, eine Empfehlung. Vergleichbar günstig bekommt man derart viele Controller-Funktionen bei keinem anderen Add-On-Tool serviert. Besonders wertvoll machen den XP2 all jene Funktionen, die über das reine Performance Pad-Geballer hinausgehen. Also beispielsweise die Browser-Sektion, um Tracks suchen und in die virtuellen Decks bugsieren zu können. Ein echter Segen für alle, die eventuell keinen Mixer mit derartiger Funktion besitzen. Oder die separat angelegten Loop- und Slide-Effekt-Funktionen, die wiederum Freiräume für die Pad-Anwendung schaffen. rekordbox DJ-Nutzer, die schon einen XP1 besitzen, werden mit dem XP2 zwar keinen großen Sprung nach vorn machen, Anwender von Serato DJ hingegen werden den Zuschnitt auf die Software definitiv zu schätzen wissen. Dabei erweist sich Pioneer als geschickter Verführer. Denn im 329-EUR-Paket enthalten ist eine rekordbox DJ-Lizenz inklusive DVS-Erweiterung, die zum Fremdgehen einlädt.

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Aus dem FAZEmag 094/12.2019

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