Mit dem DJM-S7 hat Pioneer einen neuen Zweikanaler auf den Weg gebracht, der das in die Jahre gekommene Erfolgsmodell S9 beerbt. Mit speziellen Battle-Features, modernisierten Kreativfunktionen und DVS-Funktionalität kämpft er um die technische Krone in der Turntablisten-Oberliga. Also ab ins Marschgepäck und auf ins Gefecht. Als Munition dienen uns natürlich ausschließlich Liebe, Beats und bunte Blumen.
Bereits auf den ersten Blick macht der DJM-S7 einen exquisiten Eindruck und in seiner Gesamterscheinung sofort deutlich, dass er Pioneer S-Klasse-Vertreter ist. Mit seinen 267 x 108 379 mm weist er ein Battle-Mixer-Gardemaß auf. Und da es in der Turntable-Schlacht auch mal robuster zugeht, beglückt der Hersteller unverändert mit einer stabilen und oberseitig sauber verschraubten Faceplate aus matt-schwarzem Metall, das im oberen Drittel von einer Plexiglasschicht abgelöst wird. Der Kehrseiten-Deckel besteht ebenfalls aus solidem Stahlblech, die Seitenelemente sind hingegen aus widerstandsfähigen Kunststoff gefertigt. Hintenrum lässt sich der neue Scratch-Abkömmling ebenfalls nicht lumpen und beweist seinen Profi-Ambitionen. Als Eingänge sind zwei eigene Stereo-Cinchs für Phono und Line plus einem separaten Aux vorhanden, auch die gute alle Masseschraube ragt heraus. Weiterhin gibt eine kombinierte XLR/Klinke-Buchse für Mikrofone Rappern die Chance auf Entfaltung. Und wer alternative Media-Player bzw. Controller einsetzen möchte, findet hier ebenfalls zwei passende USB-A-Anschlüsse – die gab es beim DJM-S9 noch nicht Auch das andere Ende des Digitalgeschehens, sprich ein Computersystem mit passender DJ-Software, lässt sich selbstredend an den 7er koppeln. Genau gesagt sind es sogar zwei. Denn intern sind zwei Soundkarten mit 24 Bit und 48 kHz verbaut, ausgeführt über separate USB-B-Ports. Abgeleitet werden die Signale schließlich wahlweise über ein Master-Cinch-Paar oder symmetrische XLR-Anschlüsse, ergänzt um ein getrenntes Booth-Out-Paar im symmetrischen Klinkeformat.
Vor den Kopf geschaut
Ein Battle-Mixer zu den wenigen DJ-Tools, bei denen die Stirnseite höchste Aufmerksamkeit gebührt. Da macht der DJM-S7 keine Ausnahme. Denn abgesehen von einem Klinke- und Miniklinke-Paar für den Anschluss zweier Kopfhörer sind dort Turntablism–spezifische Funktionen angelegt. Darunter vor allem die sowohl für den CF als auch die Kanalfader stufenlos einstellbaren Blendkurven von weich fließend bis zum harten Cut. Nicht fehlen darf ebenso je ein Hamster-Switch pro Fader, um die Blendrichtung umzukehren. Dem CF wurde zudem ein eigner „Feeling Adjust“-Regler zugedacht, um seinen Führungswiderstand zu justieren. Auch das Mikrofon lässt sich von hier, wahlweise im Talkover-Betrieb, zuschalten und im Lautstärkepegel sowie in der Tonhöhe anpassen. Die Frontpartie gibt schließlich noch ein Feature preis, das es bei keinem anderen S-Klasse-Mixer gibt: Den Bluetooth-Eingang. Er besteht aus einer Pairing-Taste, mit dem beispielsweise ein Smartphone auf bekannte Weise gekoppelt werden kann. Dessen Eingangslautstärke lässt sich per Poti einstellen. Über welchen Mixerkanal das kabellos zugeführte Signal dann läuft, wird im Utility-Modus festgelegt. Zur Auswahl stehen der Kanal 1 oder 2 und der Master.
Layout
Die Zeiten, in denen 2-Kanal-Mixer funktional bewusst minimalistisch daherkamen, sind seit Jahren vorbei. Und der Pioneer DJM-S7 ist, wie schon der S9, geradezu eine technische Antipode zu Jam Master Jays puristischem „2 TTs & a Mic“-Prinzip. Er fährt auf kleinstem Raum eine beträchtliche Sammlung an Funktionen auf, die sonst Clubmixern und Controllern vorbehalten sind. Ein gutes Stück weit ist das natürlich getrieben durch die unterstützen DJ-Programme Serato DJ und zunehmend Pioneer Rekordbox, die eben diese ausgedehnte Menge an Kreativfunktionen bieten. Da wirkte es ziemlich anachronistisch, diese nicht auch über einen Battle-Mixer zugänglich zu machen. Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle bereits erwähnt, dass der Zweikanaler als DVS-Baustein eingesetzt werden kann und die Arbeit mit Timecode-Vinyls ermöglicht. Das sollte bei einem Turntablism-Tool der Premium-Kategorie aber ohnehin eine Selbstverständlichkeit sein.
Mixer-Basics
Führen wir im ersten Schritt die Basisfunktionen auf. Dazu zählen an der Oberkante der dreistufige Eingangswahlschalter, um einen angeschlossenen Mac bzw. PC, Line-Signalgeber (z. B. XDJ-Mediaplayer) oder ein klassisches Plattenspielersignal auf den Kanalzug 1 oder 2 zu legen. Dem schließen sich jeweils ein Trimregler sowie 3-Band-EQ pro Channel an. Die gummierten Hi-, Mid- und Low-Regulatoren arbeiten stets als Isolatoren, löschen folglich die Frequenzen vollständig aus. Im obigen Zentrum lassen sich dann der Master-Level sowie getrennte Booth Level für die Kanzel-Abhöre einstellen. Darunter befinden sich noch ein kleiner Utility-Knopf, um die Grundeinstellungen zu ändern, sowie ein Shift-Button, mit dem man in die zweite Funktionsebene gelangt. Und praktisch alle Knöpfe besitzen eine Unterfunktion. Doch so fürstlich die obere Mixer-Hälfte auch mit Funktionen besetzt ist, so peinlich genau hat Pioneer auf den unteren 50 % darauf geachtet, dass kein Regler die fliegenden DJ-Finger stören kann. Auf der freien Fader-Fläche sind zentral lediglich die kontaktlosen Kanalfader, der Crossfader sowie mittig die Pegelanzeigen für die beiden Kanalzüge plus dem Master untergebracht. An der oberen rechten Flanke greift man schließlich auf die Headphone-Sektion mit Reglern für die Lautstärke sowie die Mischungsverhältnisse von Cue/Master und Kanal 1 und 2 zu. Beim Crossfader vertraut der Hersteller logischerweise auf sein hauseigenes und exzellentes Magvel Pro-Bauteil. Der Magnet-CF entspricht der neuen Version, wie sie bereits im DJM- S11 verbaut wird und in der Vertikal-Stabilität verbessert wurde. Die Linefader sind zwar weiterhin kein Magvel und lassen sich ab Werk nicht bereits durch bloßes Pusten bewegen. Der minimale Gleitwiderstand dürften aber gerade Club-DJs als sehr angenehm empfinden und schnelle Vertikal-Cuts sind damit immer noch möglich.
Let’s go to pad
Ähnlich wie der DJM-S9 und Battle-Kontrahent Rane Seventy lockt der DJM-S7 mit einem stattlichen Arsenal an Controller- und Kreativ-Funktionen. Dazu gehören Standards wie ein Browse-Encoder mit Load-Sektion pro Kanal, um durch eine Software-Tracklist zu manövrieren und Titel ins Deck zu laden. Sofort ins Auge springen allerdings die 2 x 8 Performance Pads im Zentrum, welche durch jeweils 4 schmale Modi-Buttons gekrönt werden. Die Leuchtkissen erfreuen Fingertrommler durch ihre verzögerungsfrei arbeitende Hartgummi-Qualität und sind sogar noch ein wenig größer als beim S9. Mit Ihnen lassen sich die zugeordneten Software-Funktionen in rekordbox oder Serato DJ steuern. Beide Progs schalten bei bei Anschluss des DJM-S7 alle Funktionen frei, für Serato wird sogar eine kostenlose Lizenz für die Pitch `n Time-Erweiterung mitgeliefert. Im direkten Zugriff hat man bei Serato DJ die Pad-Modi Hot Cue, Roll, Saved Loop und Sampler. Drückt man zusätzlich Shift, lässt sich die Modi Pitch Play, Slicer Loop, Saved Flip oder die Serato Scratch Bank erreichen. Damit wäre das Ende der Fahnenstange aber keinesfalls erreicht. Denn bei Doppel-Druck auf die Mode-Taste rutscht man in die dritte Ebene mit den Funktionen Gate Cue, Cue Loop, Auto Loop und Transport. Zu guter Letzt lassen sich sogar noch vier eigene Pad-Zuweisungen einrichten. In den User-Mode gelangt man durch zweifachen Modus-Tasten-Druck plus Shift. Rekordbox-Anwender können dem Funktionsumfang entsprechend maximal zwei Ebenen hinabklettern. Anwählbar sind dann die Software-Funktionen Hot Cue, Pad FX, Beat Jump und Sampler sowie Keyboard, Beat Loop und Key Shift zu öffnen. Wie genau die einzelnen Modi funktionieren, sparen wir aus Platzgründen aus. Nicht unter den Tisch fallen lassen wollen wir aber die Neuerung, dass sich die Pad-Modi nicht nur für jeden Mixer-Kanal separat einstellen, sondern dort auch zwei kombinieren lassen. Aktiviert man beispielsweise zunächst die Hot Cue-Taste und folgend noch dem Sampler-Mode, liegen auf den oberen vier Pads die Schnellstartpunkte und auf den unteren die Samples. Das funktioniert allerdings nur in erster Modi-Ebene und nicht mittels Shift über die anderen Ebenen hinweg.
Gehebeltes Effektfeuerwerk
Spätestens seit Pioneer mit dem DJM-S9 Ende 2015 die Schlacht selbst eröffnete, sind Effekte zu einem Auswahlkriterium beim Battle-Mixer-Kauf geworden. Auf den ersten Blick scheint es, als hätte der Hersteller im Vergleich zu den anderen S-Modellen Abstriche gemacht, denn die Faceplate weist nur sechs statt der bisherigen 12 FX-Button auf. Schnell wird aber deutlich: Sie sind lediglich anders, und zwar ebenfalls über mehrere Ebenen organisiert. Auch hier kommt dem Shift-Button die entscheidende Aufgabe des Umschaltens zu. So bringt der Kämpfer in erster Ebene linksseitig die Hardware-internen Beat FX Echo, Back-Spin und Flanger sowie rechtsseitig Reverb, Vinyl Brake und Phaser mit. Diese lassen sich also Software-unabhängig auf alle extern zugeführten Signale wie analoges Vinyl anwenden. Mit den genannten sechs sind die internen Möglichkeiten aber keinesfalls erschöpft. Tatsächlich birgt der Mixer alle 22 Beat FX des großen DJM-S11. Sie lassen sich in einer Dienstprogramm-Software zusammenstellen und zwei FX-Bänken speichern, um sie Hardware-seitig über eine Tastenkombination wieder abzurufen. Ähnlich verhält es sich, wenn man Shift zusammen mit der Back Spin-Effekttaste aktiviert. Dann gelangt man in den Software Effekt-Modus und kann in Serato oder Rekordbox die entsprechenden Effekte ansteuern und editieren. Grundsätzlich lassen sich ein interner Beat FX plus bis zu fünf Software-Typen gleichzeitig einbringen. Für die Effekt-Echtzeitbearbeitung stellt die Hardware zum einen zwei Beat-Tasten bereit, um die synchronisierte Effekttaktung einzustellen. Hinzu kommt ein Level/Depth-Regler für die zugemischte Effektintensität. Ein kleines OLED-Display gibt visuelle Hilfestellung bei der Parametereinstellung. Ausgelöst werden die Effekte schließlich mittels eines großen Effekthebels pro Kanal. In Lock-Oberstellung erklingt der Effekt dauerhaft, nach unten geführt wird er nur für die Zeit des Zugs gespielt und federt dann sofort in die Off-Mittelposition zurück. Gut dabei ist: Je nach eingestelltem Effektmodus werden diese in selbiger Farbcodierung beleuchtet. Gleichzeitig hätten die Hebel aufgrund der häufigen mechanischen Belastung vielleicht robuster ausgeführt werden können. Aber das ist ein rein subjektives Empfinden. Pioneer hat mutmaßlich ausreichend Belastungstests durchgeführt.
DJM S7-exklusiv: Loop MIDI
Eine spannende Neuerung, die mit der Effektsektion und den Effekthebeln in Zusammenhang steht, ist Loop MIDI. In den Modus gelangt man wiederum mittels Shift und zusätzlichem Drücken des Effekt-Buttons Flanger (Loop 1) bzw. Reverb (Loop 2). Den sechs Effektbuttons sind in dieser Ebene weitere Software-Funktionen zugeteilt, die sich über die Hebel als Loop auslösen und natürlich wieder abstellen lassen. Welche Effekte oder MIDI-Funktionen das sind, hängt einmal mehr von den Voreinstellungen in Serato DJ oder Rekordbox ab. Als Preset ist in Serato die Echo-Taste mit dem Sampler Slot 1 verknüpft, dessen Klang sich mittels Hebel starten und plus Shift wieder stoppen lässt. Die Back Spin-FX-Taste ist hingegen mit der Anhebung und Rücksetzung der Tonhöhe belegt. So richtig schön dynamisch wird‘s, wenn man mehrere MIDI Loops gleichzeitig aktiviert und mittels Effekthebel entsprechend gemeinsam manipuliert – auch das ist also möglich. Das alles passiert synchron zum BPM-Tempo des laufenden Tracks oder nach manuellem TAP-Tempo. Unabhängig von der Beat FX-Abteilung hat man schließlich noch pro Kanal noch die Möglichkeit, das Musiksignal über einen Filterpoti zu bearbeiten. Voreingestellt ist ein kombinierter Lowpass/Highpassfilter mit Resonanzveränderung als zusätzlichem Subparameter. In den Settings lässt sich alternativ ein Echo-, Noise-, Pitch- oder Wide Filter-Effekt einstellen. Abschließend sei noch erwähnt, dass, wie schon bei den anderen S-Modellen, eine eigenständige Loop-Sektion Einzug in den S7 gefunden hat. Diese arbeitet wie bekannt und generiert wahlweise taktgenaue Auto Loops oder manuelle gesetzte Schleifen. Diese lassen sich durch dezidierte Buttons nachträglich in der Länge verdoppeln oder halbieren.
Für wen?
Der DJM-S7 ist ein Profi-Battler, dessen Einsatzfähigkeit jedoch über die Turntablisten- und Hip-Hop-Fraktion hinaus in den Club-Bereich hineinreicht. Gerade jene, die unverdrossen mit DVS arbeiten und gar nicht mehr als zwei Kanalzüge benötigen, werden aufgrund der zahllosen Kreativfunktionen ihre Freude haben. Aufgrund zahlreicher Details wie Bluetooth-In, zusätzlichen USB-A-Anschlüssen, größeren Performance Pads mit kombinierter Zuweisbarkeit und neu strukturierten Effektsektion inklusive Loop MIDI-Neufunktion hat er dem 9er sogar einiges voraus. Auf Augenhöhe ist der S7 mit dem Rane Seventy, so wie sich der DJM-S11 ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Rane Seventy-Two liefert. In beiden Fällen dürfte es eine Frage bestimmter Details und der Marken-Präferenz sein, für welches Modell man sich entscheidet. Rane beeindruckt seit jeher mit Stabilität und dynamischem Klang. Pioneer punktet einmal mehr mit Usability und innovativem Funktionsumfang. Die Kosten machen jedenfalls nicht den Unterschied: Beide Kämpfer verlangen einen Sold von 1.499 EUR.
Aus dem FAZEmag 114/08.21
www.pioneerdj.com