Platten des Monats – Juni 2024

Das sind sie, unsere Tonträger-Favoriten aus dem Juni-Heft unterteilt in Alben und Compilations, Singles und EPs sowie die jeweiligen Platten des Monats. Diesmal mit einem Thomas-Schumacher-Remake des Mokum-Klassikers „The Passion”, einer neuen EP von Alex Stein, einer Hommage an alle Classic-House-Fans sowie tollen Alben von Moby, Björn Torwellen und Monty Luke.

Singles & EPs – Platte des Monats

Thomas Schumacher
The Passion (Electric Ballroom)
Dass Thomas Schumacher eine Vorliebe für Techno-Klassiker und ein feines Händchen bei der Bearbeitung derselben hat, durften wir schon einige Mal erleben und betanzen. Nun hat er sich beim 1993er Mokum-Release von Technohead alias Michael Wells und Lee Newman bedient und daraus einen zeitgemäßen Techno-Stomper gebastelt. Das Tempo wurde gedrosselt, die bekannte Melodie aber beibehalten. Ich nenne das Ganze ‚Edutainment‘. Der Aufbau seines Remixes inklusive Break ist natürlich Weltklasse und lässt auch kleine Psy-Elemente auftauchen. Auf der Flip gibt es dann auch noch dankenswerter Weise das Original, was bei Discogs gerade recht teuer ist. Rundum gelungen. 10 tseb

Singles & EPs – Top Ten

Alex Stein
Delusion (Terminal M 232)
Das Label von Monika Kruse bleibt seinem erfolgreichen Stil treu: Peaktime-Techno mit Rave-Reminiszenzen. Der in Berlin lebende Brasilianer Alex Steiner Tavares vollzieht das im Titeltrack in Perfektion. Die kurzen Mentasm-Sounds runden das Bild ab. „The Leap“ auf B ist etwas zurückgenommener und versprüht südamerikanische Vibes, ohne Gefahr zu laufen, in die Klischee-Afro-House-Schiene abzurutschen. Stabiles Release. 8 harthorst

ARTEMIDES
Who We Are (Gabriel Ananda Remix) (NASAJA)

Seth Schwarz und Lydgen haben mit ihrem Song „Who We Are“ eine hypnotische Odyssee geschaffen, die sowohl durch den Geigensound von Seth Schwarz als auch durch die sanfte Stimme von Lydgen begeistert. Im sehr erfrischenden Remix von Gabriel Ananda sind allerdings nur die Vocals geblieben. Das ist aber kein Downgrade. Der Remix beginnt mit einem funky, rhythmischen Bass und umarmt den Hörer als entspannte Progressive-Nummer. Dann aber passiert’s und wie aus dem Nichts setzt ein Pianoriff ein, das an die Raves der 90er Jahre erinnert. Genau im richtigen Moment kehrt Lydgens eingängiger Gesang samt leiser Chöre im Background zurück, ehe die Vocals später noch einmal verspielt zerstückelt eingesetzt werden. So grenzt sich der Remix nicht gänzlich vom melancholischen Original ab, sondern punktet durch Schizophrenie, in zwei, drei Momenten zu einer wahrlich gut gelaunten House-Nummer zu mutieren. 10 scharsigo

BsAsDeep
Blow Room (Onward)
Uhhhhhhhhhhh yeahhhhhhhhh! To all the Kerri Chandler, Mr. V and Franck Roger Fans in da House – THIS IS A MUST HAVE!!! Wie geil biddeschöne kann House auch heute noch sein? Das belegt die neue Onwards No. 9 mit den Housesupernerds BsAsDeep an den Reglern. Der Opener „Lust In Da House“ pumpt housig fett, dazu tolle Chords und kleine Rhythmusmelodien – das Teil marschiert ohne Ende! Mehr Flächen und gleichzeitig eine höhere Aufmerksamkeit auf das Schlaginstrumentarium beatet „Blow Cafe“ – swingt und läuft exzellent. Und dann wäre da ja noch das Titelstück auf der B-Seite: „Blow“ schießt mit seinen vielen Layern, dem Chordloop, Entschleunigungen und seiner Gesamtkonstruktion den Vogel ab – House wie von einem anderen Stern, der Dich durch alle schwarzen Löcher in fremde Galaxien katapultiert. Was für ein geiler Scheiß, der die Höchstpunktzahl deutlich überschreitet! Als Zugabe performt Maxi Iborquixa „Sampling At The Disco“, einen eleganten, funky Disco-House Slammer, der locker über den Flur gleitet. 10 Cars10.Becker

DJ Ponz & Mr. V
Stand Up / Harry Romero Remix (Sole Channel Music)
Als Mr. V in den 00ern mit Releases auf Vega Records (dem Label von MAW Mastermind Little Louie Vega) alles im House Bereich abräumte und die Tanzflächen zum Bersten brachte, befand er sich mit seiner Frau Miss Patty auf dem absoluten Höhepunkt seiner Laufbahn und von cluborientierter Housemusik. Zu diesem Zeitpunkt gründete er sein eigenes Sole Channel Music Label und ist seither seinem Stil treu geblieben: Eine funky Basshook, warme Chordloops, narrative Vocals und eine treibende Clubhouserhythmik. Dementsprechend klingt auch die Zusammenarbeit mit Dj Ponz auf „Stand Up“, wobei Harry Romero im Mix mit seinen Percussions den zusätzlichen Drive verpasst. Wenn auch nicht neu, die Genialität in seinen Produktionen ist ungebrochen vorhanden. 9 Cars10.Becker

Elninodiablo
Infinitely Venus (NEIN Records)
Seid ihr bereit für den Dancefloor? Elninodiablo liefert nämlich mit „Infinitely Venus“ ein geschmackvolles und verspieltes Debüt-Release für NEIN Records ab. Mit einem spaßigen Mix aus VHS-Glitch, Space-Disco-Vocoder, angesagten Trap-Rhythmen und clever collagierten Filmsamples taucht „Infinitely Venus“ in die Zeit der späten 70er / frühen 80er ein. Dabei kommt die EP frei von der einschränkenden Genre-Enordnung daher und nimmt das Beste aus verschiedenen Genres und biegt es in eine völlig neue, überschwängliche Ecke. Newbeat-Drums treffen ab und zu auf hektischen Cowbells oder auf Arpeggio-Basslines und so beschwört „Infinitely Venus“ das Beste aus den Anfängen der Rave-Zeit herauf, um einen im Handumdrehen in Trance zu befördern. Sehr geil gemacht. Sollte wirklich jeden zum Tanzen bringen. 9 Transmitter

Giuseppe Angeloro, Gianluca Pellerano
RPX 003 (RPX)
Mit dem neuen Release auf RPX versuchen Giuseppe Angeloro mit zwei und Gianluca Pellerano mit drei Tunes einen Retro-Sound einzusammeln, ihn aber in die Zukunft zu projizieren. Die beiden Tracks von Angeloro bringen uns dabei einen 80s influenzten Electro mit melodischen Synthies und fetzigen Fx-Sounds, was schon mal gut nach vorne geht und leichte Industrial Vibes verbreitet. Die drei Tunes von Pellerano setzen die 80s noch präsenter in Szene, bringen eine gehörige Rave Attitüde ins Spiel und lassen die Beats viel wuchtiger und technoider erscheinen. Das ist eine coole EP, die sich wild und ungestüm gibt, im Herzen aber einfach nur verspielt ist. 9 Rusty

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Heerhorst
Stimulator EP (Arcane)

Seit mehr als sieben Jahren ist Bastian Heerhorst aka „Fukkk Offf“ nun schon als Heerhorst unterwegs. Seitdem erforscht er neue Klangwelten im Techno-Genre und produziert dabei Musik, die als eine Art Mischwerk aus Stilen und Einflüssen, die genreübergreifend von reinem Techno über Melodic bis hin zu Industrial Darkness reichen, funktioniert. Eigentlich kein Wunder, dass er bei Eli Browns Label Arcane gelandet ist. Schon der EP-Opener „Dejo“ startet mit treibendem Techno und Acid-angehauchtem Psy-Elementen, samt groovender Bassline. „Mbali“ schlägt anschließend einen ähnlichen Weg ein, wirkt dabei aber noch treibender, noch kraftvoller und punktet mit indianischen Rufen. Der Titeltrack macht dann erst recht keinen Hehl daraus, für große Major-Festivals geboren zu sein. Ein clubbiger, Abschluss für große Hallen und Stages. 8 scharsigo

Der V.Ö.-Termin der „Stimulator“-EP ist noch nicht bekannt.

Jasmin Blust
Rave In Space (Zehn Records)
Ein Rave im Weltall? Diese futuristische Illusion gibt uns Jasmin Blust, zumindest Sound-technisch. In Form eines melodischen, Synthie-lastigen Techno-Tracks schiebt sich der erste eigene Track der Künstlerin aus Offenburg progressiv voran und bringt das auf den Punkt, was sich bereits in ihren Melodic-Techno-Sets auf Soundcloud oder ihrem Remix zu „Fallin‘“ erleben lässt. Die markanten Synths, die ein wenig an Electronic Body Music erinnern, ergänzen sich zur vorantreibenden Bassdrum mit durchgehend zerstückelten Elementen im Arrangement. Programmatisch erinnert der Track ein wenig an „Lost In Space“, im Original von Space Frog. Die Vocals „Rave In Space“ in Jasmin Blusts Track ähneln jedoch eher der Cover-Version von Derb aus den 2000er-Jahren. Hinzu gesellen sich Angelic Choir Chords, die an alte Hardtrance-Produktionen erinnern, aber derzeit auch im technoiden Bereich immer angesagter werden. Insgesamt ein schöner Melodic-Techno-Track mit Referenzen an EBM und Trance. Hätte man die zerstückelten Elemente etwas spärlicher eingesetzt, wäre das Resultat noch spannender. 8 D-Rave

Luca Olivotto
Kind of Lovin EP (Small Great Beats)
Nachdem mein geschätzter Kollege Carsten Becker im vergangenen Monat die Quadrakey-EP auf Small Great Things zur Platte des Monats gekürt hat, freue ich mich sehr, euch diesen Monat das neue Sublabel Small Great Beats vorzustellen. Die Güte der Releases und der Sound scheint auch auf dem neuen Label nicht vom Mutterlabel abzuweichen. Small Great Beats wird eine exklusive Serie sein, die maximal zweimal pro Jahr in limitierter Auflage von 200 Vinyls erscheint. Den Auftakt bildet Luca Olivottos funky Fünf-Track-EP „Kind Of Lovin’“, die in blauem Vinyl daherkommt. Den Anfang macht der Titelsong „Kind Of Lovin’“, ein hymnisches Stück Deep House, das von einem swingenden 909-Drums-Groove und einer federnden Basslinie in Kombination mit ineinander verschlungenen Pianos, Streichern und Vocal-Hooks angetrieben wird. „Blue“ gefällt durch cineastische Streicherfluten und “Hear My Call“ durch organische Percussions und jazzy Keys. Die Flip startet mit dem der sehr groovigen „Sun After Dark“, das durch raue, geshuffelte Drums begeistert. “My Soul“ schließlich rundet die EP stillvoll und klassisch housy ab. Volle Punktzahl. Klasse. 10 svenman

Moh Maya
Alchemist (Human By Default)

Human By Default entwickelt sich immer mehr zu einem meiner Lieblingslabel, denn auch dieses Release von Moh Maya gefällt mir wieder wahnsinnig gut. Vor allem im Titeltrack funktioniert dieser perkussive Anstrich in Verbindung mit einer groovigen Bassline, einem Gitarrensample und orientalischen Vocals sehr gut. Aber auch in „El Gallo Dos“ kommt eine sehr harmonische, warme und housige Stimmung dank groovy Beatgerüst, verspielten Vocals und melancholischer Gitarre auf. In beiden Tracks kommt eine wohlige Wärme auf, die mich einfängt, die Augen schließen und an ferne Orte reisen lässt. 9 Rusty

Alben & Compilations – Platte des Monats

Moby
Always Centered At Night
(Always Centered At Night)
Legende Moby mit seinem 22. (!) Studioalbum. In der Diskografie des New Yorkers befinden sich fraglos zahlreiche besondere Werke, doch Nummer 22 dürfte zweifellos einen Ehrenplatz in seiner Vita erhalten. 13 Tracks und 13 Kollaborationen zählt Always Centered At Night“, das von Mobys Underground-Einflüssen aus verschiedenen Jahrzehnten inspiriert ist. Folglich bunt gestaltet sich auch der Sound der Platte, die auf jedem Stück einen unterschiedlichen Vokalisten präsentiert. Und so klingen die einzelnen Tracks gar nicht unbedingt auf den ersten Blick nach Moby, sondern vielmehr nach den jeweiligen Backgrounds der Feature-Artists. „Bitte schreibt nichts Kommerzielles, lasst es schräg sein, lasst es persönlich sein“, teilte Moby seinen Partnern mit. Aufgrund dieser vielen individuellen Noten und persönlichen Einflüsse mag „Always Centered At Night“ zwar kein homogenes Album sein. Allerdings tut das dem Hörvergnügen auch keinen Abbruch, denn diese Zusammenstellung aus emotionalen Balladen, munteren Jazz-Einlagen und elektronischen Beats ist schlichtweg fantastisch. Ein Album, das nur so vor Einzigartigkeit strotzt und dessen gefühlstechnischer Höhepunkt die Kollabo mit Benjamin Zephaniah („Where Is Your Pride“) markiert, ein langjähriger Aktivist und Vorbild Mobys, der 2023 nach langer Krankheit verstarb. „Where Is Your Pride“ ist eines seiner letzten Werke und transportiert eine kraftvolle Botschaft, eingebettet in einem tollen treibenden, Breakbeat. Eines von vielen wundersamen Stücken. 10 Laenkford

Alben & Compilations – Top Ten

A State of Trance 2024
Mixed by Armin van Buuren (Armada Music)
Zum mittlerweile 21. Mal liefert der niederländische Topstar Armin van Buuren seine Mix-Compilation „A State Of Trance“ ab, parallel zu seiner gleichnamigen Radioshow. Drei Mixe mit insgesamt 42 umfasst ASOT 2024, die alle einen anderen Fokus auf das Genre legen, aber alle dafür sorgen, dass Emotionen und Euphorie im Vordergrund stehen. „Ich bin erstaunt über die Qualität der Musik, die jedes Jahr auf den Markt kommt. Das ist es, was mich antreibt, diese Alben auch nach über zwei Jahrzehnten noch zusammenzustellen“, erklärt Armin zu seiner diesjährigen Ausgabe. Und Tracks wie „Now Love Will Begin“ (Armin van Buuren x HI-LO), „In My Mind“ (Gabry Ponte x Giuseppe Ottaviani feat. Malou), „Fulfillment“ (Ferry Corsten x Marsh) oder dem Remix von Agents Of Time von „Love Is A Drug“ (Armin van Buuren feat. Anne Gudrun) zeigen eindrucksvoll, wie hoch hier die Messlatte liegt und wie viel Spaß die Mixe machen. Aber natürlich auch die weiteren Tracks von u. a. Above & Beyond, Artbat, Lilly Palmer oder le shuuk bieten einen wunderbaren Überblick über das, was gerade state of the art ist. Eine sehr gelungene Compilation, wie man es auch nicht anders von Armin van Buuren gewohnt ist. 9 Terrence Trance D’Arby

Björn Torwellen
10000 Black Seeds (Nachtstrom Schallplatten)
Björn treibt seine Studien von Man-Maschine Interaktion mit acht neuen Titeln weiter voran. Analog gemixt verpasst Björn seinem Auftritt ein organisches Feel und eine tolle Soundästhetik, die sich auf „For Those Who Wander“ gut antizipieren lässt. Überhaupt feuert er ein wahres Spektakel an Energie ab, wenn Techno Banger wie „Under The Cloak Of Anger“ oder Power Techno im Stil von „March Of The Transients“ den Tänzer in die Untiefen von Techno entführt. „10000 Black Seeds“ führt die Musik auf seine Ursprünge zurück und Björn entwickelt sich dabei selbst weiter. Techno pur in Reinform und das auf höchstem Niveau. 9 Cars10.Becker

Club Summer 2024
(ZYX)
Der Sommer steht bevor. Urlaube mit Partys, Club- und Festivalbesuchen en masse. Viele der hier versammelten Stücke werdet ihr unter Garantie in den kommenden Wochen und Monaten zu Gehör bekommen. Damit ist die Compilation Club Summer 2024 die perfekte Einstimmung auf den kommenden Urlaub mit Tracks von u.a. David Guetta, Armin Van Buuren, Talla 2XLC, Niels Van Gogh, Cappella, Guru Josh Project x Tom Franke x K.W.S., Truetone oder DSTRTD SGNL. Tipp. 8 houser

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D-Trance 106
(Djs Present / Indigo)
Auch wenn das Gesicht der legendären D-Trance-Serie leider nicht mehr unter uns weilt – Gary D., ruhe in Frieden – erscheint seine Compilation-Reihe weiter und das in gleichbleibend hoher Qualität. Dass wir schon bei Katalognummer 106 angekommen sind, ist unfassbar, zeigt aber den Stellenwert der erfolgreichen Zusammenstellung. Wie schon bei den Vorgängern ist auch bei Nummer 106 zu beobachten, dass die D-Trance dem 90er Trance treu geblieben ist. Spannend auf der vorliegenden Vierfach-CD ist die Fusion von Klassik und Trance. So werden hier z.B. Vivaldi oder Händel in ein Trance-Gerüst gepackt. Aber natürlich trifft man hier auch auf viele große Namen und alte Bekannte wie Armin van Buuren, Vincent de Moor, DJ Wag, Josh & Wesh, DJ Radiate, Code Black, D»ort, Nosferatu, Syrin oder Matt Garner. Abgerundet wird die Ausgabe von Dr. Myds Megamix. Toll, dass es die D-Trance noch gibt. 9 trancer

Kasbo
The Learning of Urgency (Foreign Family Collective)

Kasbos drittes Studioalbum erscheint über ODESZAs Label Foreign Family Collective, handelt vom Entschleunigen und ist daher auch sehr persönlich. Denn der 28-Jährige setzte sich in den Jahren zuvor so unter Druck, dass er eine Art Zwang manifestierte, ständig mehr zu erreichen und zu tun, was letzten Endes in einem stressbedingten Hörverlust mündete. Zum Glück hat er die Kurve bekommen und verarbeitet in seinem Album viel aquatische Vibes, da sich seiner Meinung nach die Welt unter Wasser langsamer bewegt, Geräusche verblassen und ein Gefühl der Stille einkehrt. Diese Hintergründe sollte der Hörer wissen, um verstehen, warum das Album so melancholisch, sphärisch und beinahe spirituell wirkt. Ein Höhepunkt unter vielen stellt „Carry Your Name“ dar, dem PEARL ihre Stimme verleiht. Doch auch „Drift“, „Resenären“ und die Vorabsingle „Atlantis“ mit Shallou und BJOERN finden die richtigen Mittel, für ein paar Minuten auf den Pausenknopf zu drücken. 8 scharsigo

Machinedrum
3FOR82 (Ninja Tune)

Travis Stewart hat sich vor etwa einem Jahr in den Joshua Tree National Park in Kalifornien begeben, um Inspiration für sein 11. Studioalbum als Machinedrum zu erhalten. Es hat funktioniert, „3FOR82“ liefert zwölf hochintensive, nachdenkliche Tracks. Zwischen Drum & Bass, Hiphop, Jazz, R&B und Juke, schillernden Beat-Switches und einem einzigartigen Gespür für Klang, webt er ein Team von insgesamt 12 Features. So oft wie möglich wurden diese ins Studio geholt, für persönliche Treffen und um die Gespräche per Kamera aufzunehmen. Das Gesprächsthema: „Wenn du dein jüngeres Ich besuchen könntest, was würdest du ihm sagen?“ Daraufhin schrieben die Musiker Texte für oder als ihr jugendliches Ich. Highlights auf dem Album sind die DnB-angehauchten „HON3Y“ und „Rise (feat. Rozet)“, sowie das nostalgische, funky-soulige „WEARY“, auf dem Mick Jenkins sowie Stewarts Kumpel & Co-Produzent Jesse Boykins III mitwirken. Ein Album wie aus einer anderen Zeit. 9 scharsigo

Monty Luke
Nightdubbing (Rekids)
Der ehemalige Planet E-Manager launcht sein zweites Album, das sich schwerpunktmäßig mit Dub infizierter Dancemusik beschäftigt. Es ist der Versuch, tiefer in seine Einflüsse von House, Techno und Dub einzutauchen, die ihn als Künstler beeinflusst haben. Hier begegnen uns kontemplative Titel wie „Theme From Nightdubbing“, das sanft und ambient schwingt. Oder aber sein großer, housiger Bruder „Nightdubbing“, das dubbig das House bespielt und mit Vocals, Echos und warmen Chords eine wunderbare Atmosphäre schafft. Andererseits kann er durchaus auch progressiver zu Werke gehen, denn der fast schon ravige Rhythmusbassansatz auf „Sandstorms“ zeigt die kantigere Dubseite dieses Albums. Karibisches Feeling („Bob Molly“, Club („Supernova“) und Listening („Roots“ verschmelzen zu einem fantastischen Flow. 80 Minuten, die gleich wieder in die Rotation gehen. Klasse! 10 Cars10.Becker

Peggy Gou
I Hear You (XL Recordings)
Nun ist es endlich so weit, acht Jahre nach ihrer ersten EP veröffentlicht Peggy Gou ihr Debütalbum namens „I Year You“. „I Hear You ist mehr als nur mein Debütalbum. Es verkörpert unzählige Stunden der Hingabe auf meiner Reise, um etwas Zeitloses zu erschaffen, und ist ein Zeugnis für die Kraft des Zuhörens, für uns selbst und für andere“, sagt die aus Südkorea stammende DJ und Produzentin über ihr Album und es lässt sich hier sehr gut zuhören. Gous Reise, auf der sie auch Lenny Kravitz und Villano Antillano an Bord hat, ist sehr funky, besucht vor allem House-Gefilde – deep, klassisch oder auch mal mehr techy –, besucht aber auch Hip-Hip, ihre Heimat, Vintage-Scapes und treibende Beat-Ströme. Ein überraschend erfrischendes und abwechslungsreiches Album voller Energie und Hau-Ruck-Stimming. Aufstehen, tanzen! Meine Favoriten: „Back To One“ und „1+1=11“. 9 Tech Guardiola

Talla 2XLC presents Techno Club Retroheroes Vol. 2
(ZYX)
Die Erfolgsgeschichte des deutschen Urgesteins Talla 2XLC geht von Monat zu Monat weiter. Auch die neue Doppel-CD-Compilation, die Talla zusammen mit DJ Tandu alias Ayla zusammengestellt und gemixt hat, bildet da keine Ausnahme. Ingo Kunzi aka DJ Tandu ist bekannt für Releases unter verschiedenen Pseudonymen (Beispiele sind Ayla oder Intrance) und verantwortlich für einige der emotionalsten Melodien in der Trance-Musik. DJ Tandu greift für seinen Retroheroes-Mix tief in seine Plattensammlung und vermixt Klassiker von Nu NRG, Vincent De Moor, Veracocha, Marc Dawn, DJ ELB, den legendären Taucher-Remix auf Ayla und viele mehr. Auf CD 2 verarbeitet Talla 2XLC diverse eigene Remakes und Remixes für Klassiker wie „Into The Wormhole“ oder „No Fate“. Eine großartige Zusammenstellung für alle Fans klassischer Trance-Melodien. 9 trancer

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10 Years Love On The Rocks – Sky Is The Limit
(Love On The Rocks)
10 Years Love On The Rocks – Sky Is The Limit“ ist eine Compilation, die das erste Jahrzehnt des bahnbrechenden Berliner Labels feiert. Gleichzeitig soll es eine Reflexion über seine eigene Reise und den aktuellen Status des Dancefloors sein. Quasi ein persönlicher Essay über acht Tracks zu zehn Jahren Love On The Rocks, von der Gründerin des Labels: PARAMIDA. Die Compilation enthält eine Auswahl von Künstlern, die die Idee der auserwählten Familie im Herzen des Labels widerspiegeln, wie Massimiliano Pagliara, Fantastic Man und Alex Kassian, bis zu den jüngsten Neuzugängen E Talking und Running Hot sowie Newcomern des Labels wie Sweely und Dreamphaze – eine Zusammenarbeit zwischen Alex Bradley und der Techno-Legende der 90er Jahre Neil Tolliday. Fachmännisch kuratiert lohnt sich das genaue Hinhören zu Hause und auf dem Dancefloor. Es gibt hier einen tollen Mix aus Balearic, Prog House, Trance und Ambient, der quasi auf jedem Track in eine andere Richtung abgewandelt wird. Hervorzuheben wären die Songs von Massimiliano Pagliara, Dreamphaze und E-Talking. 9 Transmitter


Aus dem FAZEmag 148/06.2024