Punk-Funk-Tech: Louisahhh auf How I Met The Bass

Fotocredit: Ella Herme

Louisa Pillot ist Louisahhh und wurde unter diesem Pseudonym bereits als „Königin des Techno“ betitelt, auch wenn sie mit dieser Bezeichnung ganz bescheiden umgeht. Kürzlich erst brachte die Wahl-Pariserin ihr Debütalbum „The Practice Of Freedom“ heraus. Für die bekennende Feministin und Aktivistin ist dies ein tiefer Einblick in ihre Persönlichkeit, mit der sie all diese starken Werte verkörpert, um weibliche Stärke zu repräsentieren, Sex-Positivität, Spiritualität oder Selbstakzeptanz zu fördern und für Gleichberechtigung einzustehen. Ein Debütalbum, was sämtliche Zweige der Musikproduktion vereint und schlichtweg genreübergreifend hohe Kunst aufzeigt. Spätestens hier muss die Frage gestellt werden, wie sie einst den Weg zum Techno, zu elektronischer Musik gefunden hat und welche Erlebnisse ihr auf dem Weg daheim zuteil wurden. Die Serie HOW I MET THE BASS wühlt genau in dieser Kiste und daher lud Initiator Marc DePulse parallel zum knapp 70-minütigen Podcast auch zu einer kurzen Unterhaltung ein.

Marc: Danke für deinen großartigen Mix. Es ist wie dein Debütalbum auch ein Sammelsorium aus Punk, Funk, Rock, Industrial und Tech. Lass uns also über deine musikalische Herkunft reden. Wie hat diese Musik dein Leben bewegt, deine Zukunft geprägt und warum hast du genau diese Tracks für deinen Mix ausgewählt?

Louisahhh: Für diesen Mix habe ich versucht, Songs auszuwählen, die meine Identität sowohl musikalisch als auch persönlich prägten. Ich denke, dass ein guter DJ auch immer ein hingebungsvoller Fan sein sollte. Dieser Mix ist ein Liebesbrief an die Musik, die so viel darüber aussagt, zu wem ich herangewachsen bin. Ich bin so dankbar für diese Tracks. Sie haben mein Leben gerettet und verändert. Ich habe versucht, eine ganze Reise meiner Anfänge einzufangen – verschiedene Samen, die gesät wurden, und die prismatischen Universen, die aus ihnen hervorgingen.

Zum Beispiel habe ich den Mix mit „Nightclubbing“ von Iggy Pop begonnen. Dieses Album wurde von David Bowie, einem weiteren großartigen Helden von mir, produziert und mitgeschrieben. Der erste Song, den ich lernte auf der Gitarre zu spielen, war Iggy Pops „The Passenger“, das von Siouxie and the Banshees gecovert wurde (deren Track „Peek-a-Boo“ später im Mix zu hören ist) und die Snare auf „Closer“ von Nine Inch Nails (Track 2 des Mixes) ist ein Sample der „Night Clubbing“-Snare. Maelstrom und ich haben einen Track namens „Nightclubbing“ für unsere „Traces“ EP geschrieben, der teilweise eine Hommage an diesen Song ist. Für mich ist es eine Kombination aus Erinnerung, Geschichte und Liebe, die durchgängig verwoben ist.

Jeder Song in diesem Mix hat Geschichten wie diese. Ein Großteil meiner Leidenschaft für Musik habe ich von meinem Vater geerbt. Er arbeitete mit einigen der hier vorgestellten Künstler zusammen und war so freundlich, seine eifrige, minderjährige Tochter mitzunehmen, um viele der Acts zu sehen, als ich noch zu jung war, um in Clubs und Veranstaltungsorte zu gelangen. Er hatte vor kurzem eine Operation (ihm geht’s gut!) und sagte er mir: „Niemand versteht, was Musik für mich bedeutet wie du“, nachdem er den Krankenschwestern befohlen hatte, Steely Dan in seinem Krankenzimmer laut aufzudrehen. Das ist wirklich alles. Diese Tracks verkörpern, was Musik für mich bedeutet. Es sind Erinnerungen und Beziehungen, ein ganzes Leben voller Liebe zur Musik und den Menschen, mit denen wir sie teilen können.

Fotocredit: Ella Herme

Marc: Du hast vor kurzem dein Debütalbum „The Practice Of Freedom“ auf HE.SHE.THEY veröffentlicht. Was ist die starke Botschaft hinter diesem Titel?

Louisahhh: Dies ist ein Album über Befreiung und wie das ganze spirituell, sexuell, im Tode, im Aktivismus, im Zerbrechen, im Heilen und Lieben aussieht.

Marc: Langsam sehen wir Licht am Ende des Pandemie-Tunnels. Was sind deine Pläne für die nahe Zukunft bzw. was können wir als nächstes von dir erwarten?

Louisahhh: Es gibt ein paar Dinge am Horizont, obwohl sich die Zukunft noch nie so unsicher angefühlt hat. Die Deluxe-Edition von ‚The Practice Of Freedom‘ wird diesen Sommer erscheinen, einschließlich all der fantastischen Remixe von so vielen Künstlern, mit denen ich sehr gesegnet bin. Zusammen mit einigen neuen Tracks und unveröffentlichten Artefakten aus den Aufnahmen des Album.

 

Text & Interview: Marc DePulse
Foto: Ella Herme

 

Das könnte dich auch interessieren:
Schwebende Geister – die Kolumne von Marc DePulse
Geschichten aus dem leisen Raum – die Kolumne von Marc DePulse