qrauer – Im Spannungsfeld

Foto: Klaus Gigga

Mit seinem Debütalbum „Odd Fazes“ entführt uns das virtuose Duo qrauer in atemberaubende bisher unerforschte Klanglandschaften. Bereits auf ihrer im Frühjahr veröffentlichten „Heeded“-EP stellten uns Christian Grochau und sein Counterpart Ludwig Bauer in eindrucksvoller Manier zur Schau, wie man orchestrale Soundscapes, Minimal Techno und intelligente Tanzmusik zu einem raffinierten Genremix vereint. Für den jetzt in den Startlöchern stehenden Nachfolger packen die kongenialen Partner nochmals eine Schippe drauf und präsentieren acht atmosphärische Dance-Tracks, die sich in einem aufgeladenen Spannungsfeld zwischen moderner Klassik und Electronic bewegen. Wir haben die beiden zum Interview gebeten.

In Dresden geboren, zusammen aufgewachsen und zur Schule gegangen: Der gemeinsame Weg von Christian Grochau und Ludwig Bauer war schon früh vorschraffiert. Als die beiden dann auch noch frühzeitig ihre musikalischen Überschneidungen entdeckten, ging es los: „Unsere Wege haben sich immer wieder musikalisch gekreuzt. Nachdem Ludwig einige Male an meinem vorangegangenen Soloprojekt ‚Heart Island‘ mitgearbeitet hatte, kam irgendwann die Idee, ein gemeinsames Projekt zu starten. Während wir vorher eher in Jazz- und Popbands zusammengespielt hatten, kam dann mehr und mehr bei uns beiden das Interesse und die Lust auf Elektro auf“, erklärt Grochau, seines Zeichens Perkussionist, Produzent und Remix-Künstler. Bauer hingegen ist Pianist und Komponist, was auch die unterschiedlichen Herangehensweisen der beiden logisch erscheinen lässt. Er erläutert: „Meistens bringt einer von uns beiden eine Skizze mit. Bei Christian sind es oft Arrangements mit Groovegerüst und Harmonie-Ideen. Ich habe meist Audioschnipsel, Synthielines, Akkordfolgen oder Klavieraufnahmen dabei, welche Christian dann in Form bringt oder in schon bestehende, sich in Arbeit befindende Produktionen, einbaut. Die Pianostücke standen dann über die Zeit zunehmend für sich und haben einen spannenden Kontrast zu den anderen, sehr groovelastigen Stücken gebildet.“ Gemeinsame Inspirationen und Einflüsse waren also stets ein wichtiger Faktor für qrauer. Während diese anfangs primär in der Indie- und Jazz-Musik lagen, gesellten sich im Laufe der Zeit nach und nach die eben angesprochenen elektronischen Prägungen dazu: „Acts wie Stimming, Acid Pauli, Jon Hopkins oder Max Cooper gefielen uns sehr und haben uns Lust gemacht, weiter an unserer Musik zu arbeiten“, so Grochau. „Odd Fazes“ ist zweifelsohne der bisherige Höhepunkt dieser fruchtbaren Zusammenarbeit. Es verwandelt minimale Groves in komplexe, sich überlagernde Beats und schlägt den Hörer*innen immer wieder ein Schnippchen mit überraschenden Wendungen, voller Harmonik, Atmosphäre und Melodik, und ganz wichtig: Es ist immer tanzbar. Zu sagen „Das Beste kommt zum Schluss“, wäre ein bodenloser Affront gegenüber den ersten sechs grandiosen Stücken auf dem Album, allerdings sind es speziell die beiden Abschlusstracks „Rund“ und „Oval“, die der LP nochmals eine ganz besondere Note verleihen. Hierbei handelt es sich um Koproduktionen mit der begnadeten Instrumentalistin Anne Müller, die mit ihrem Cello für magische Momente sorgt. Grochau über die gemeinsamen Werke: „Anne und ich waren vor einigen Jahren auf Tour. Wir verstanden uns auf Anhieb sehr gut, weshalb ich sie vor drei Jahren nach Dresden in unser Studio einlud, um ihr Cello für einige unserer Tracks zu gewinnen. Im weiteren Produktionsverlauf stellte sich heraus, dass es schwierig ist, all die grandiosen Cellospuren in ein Stück einzuarbeiten. Daher entschieden wir uns, den Großteil der Celloaufnahmen für ‚Rund‘ in ein eigenständiges Werk umzuwandeln. Und so ist dann dieses musikalische Geschwisterpaar entstanden.“ Auch wenn „Odd Fazes“ mit Sicherheit das Jahreshighlight für qrauer markiert, haben die beiden diskografisch noch längst nicht mit 2022 abgeschlossen. Noch im Monat September wollen Grochau und Bauer an einem neuen Remix arbeiten und zum Ende des Jahres soll eine EP mit Neuinterpretationen einiger Albumtracks erscheinen. Unter anderem dabei: Alec Troniq und The Micronaut.


Aus dem FAZEmag 127/09.2022
Text: Milan Trame
Foto: Klaus Gigga
www.qrauer.com