Es war um 2009 herum, als Mannheim mit all seinen heute erfolgreichen Protagonisten eine wahre Renaissance auf der elektronischen Landkarte erlebte. Nick Curly, Johnny D., Gorge oder auch Ray Okpara gelangten mit Labels wie 8Bit, Cécille und Oslo binnen weniger Monate zu vorzeigbarem Erfolg und gehören heute zu den gefragtesten Acts der Szene. Natürlich beschränkt sich das längst nicht mehr nur auf das Rhein-Main-Gebiet. Ray Okpara, aktuell zu seinen Wurzeln nach Mannheim zurückgekehrt, gehört seit einigen Jahren zur mobilee-Familie um Anja Schneider.
Nach Künstlern wie Schneider selbst, Miss Jools, Pan-Pot mit ihrer DVD-Dokumentation und Rodriguez Jr. bei der letzten Edition der Back To Back-Ausgabe, ist es nun also Ray Okpara, der Vol. 8 unter seine Fittiche nimmt. Traditionell erscheint das Werk mit einer Doppel-CD, bei der CD 01 mit den besten Labeltracks des Vorjahres ausgestattet ist. „Die Auswahl dafür war sehr schwierig, aber ich finde unterm Strich ist es ein schönes Resümee und eine Art Best-Of geworden. Eine gute Gelegenheit, alles kompakt auf einer CD zu haben. Besonders gefallen mir And.ID mit ‚Work‘ im 90 Pressure Mix, Tapesh und Maximiljan mit ‚Virtues‘ und der Remix von Andrea Oliva zu meinem ‚Midnight Protein‘. Diese drei Nummern haben mich über das gesamte Jahr verfolgt und waren so gut wie immer Teil meiner Sets.“ Die Nachricht darüber, dass er für die achte Edition ausgewählt wurde, ereilte Ray nahe der aktuell zur Gefahrenzone ausgeschriebenen Krim. „Wir waren fast alle beim Kazantip Festival in der Ukraine, und Anja ist irgendwann auf mich zugekommen. Sie hat mir vorgeschlagen, dass ich die nächste ‚Back To Back‘-Edition mixe. Ich sehe das als riesige Ehre an. Ralf Kollmann und Anja haben mir vollkommene Freiheit gegeben, wie ich das Projekt angehe und was ich daraus mache. Meine Überlegung war dann, Remixes von Nummern zu fertigen, die ich schon lange gut finde. Das Ganze exklusiv für dieses Projekt. Kollaborationen mit Freunden wie Nekes, Markus Homm oder Nick Curly sind ebenfalls vertreten. Ich arbeite generell sehr gerne im Team im Studio und besonders gerne mit Freunden wie diesen. Darüber hinaus haben wir ein Video produziert, das wir im Fernmeldeturm in Mannheim gedreht haben. Christian Dammert, ein talentierter Fotograf und Künstler aus Mannheim, hat die Aufnahmen gemacht.“
An einen Nachfolger zu seinem 2012 erschienenen Debütalbum „Good Times“ denkt Okpara demnach aktuell nicht. „Ich habe derzeit sehr viel Output und sehe diese Zusammenstellung als eine Art Mini-Album, für das ich sehr viele exklusive Tracks gemacht habe. Mit ‚Good Times‘ bin ich noch immer sehr zufrieden, und so lange mich die Lust auf ein neues Künstleralbum, dessen Wert ich unheimlich schätze, nicht hundertprozentig packt, macht es wenig Sinn, darüber nachzudenken und ins Studio zu gehen. Stattdessen erscheint bald eine EP auf Saved Records, dem Label von Nic Fancuilli. Außerdem release ich noch etwas auf dem Imprint einer meiner besten Freunde, Orlando Farfan aus Costa Rica. Es nennt sich Half Sea Over. Ich habe mir vor zwei Jahren eine Gitarre gekauft und klampfe zuhause vor mich hin. Für mein Empfinden bin ich gerade sehr ausgelastet, so dass ich eher Lust habe, Ende des Jahres alles etwas ruhiger zu gestalten und meine Skills an den Saiten zu verbessern“, lacht er. Alles andere als ruhig wird es dagegen auf seinem eigenen Label AMA Recordings. Dort erscheint dieser Tage ein weiteres Release. „Eine EP vom Berliner Nekes, der auch auf der ‚Back To Back‘ vertreten ist, steht in den Startlöchern. Es wird eine Split-EP mit Steven Cock aus Leipzig, jeweils zwei Tracks von beiden. Releasedate wird Mitte April sein. Auf AMA soll nur alle paar Monate etwas erscheinen, dafür aber Musik die ich persönlich sehr gut finde. Eine Plattform, auf der ich mich komplett entfalten kann – sei es dubbig, technoid oder housig.“
Abseits des Clubs gibt es bei Ray Okpara recht selten Elektronisches. Er verschafft sich durch seinen breit gefächerten Musikgeschmack die für ihn notwendige Balance. „Den Act Grammatik höre ich mir in letzter Zeit sehr oft an. Er hat eine tolle Mixtur aus oldschool 60er-Jahre-HipHop-Loops, Downbeats und Instrumentals. Oder auch Godfather aus Mexico City. Ein fantastischer Drum ’n’ Bass-DJ, von dem ich vor einigen Wochen in Mexico auf einer Afterhour ein Set gehört habe. Das war großartig. Prinzipiell höre ich sehr viele verschiedene Musik und vermeide elektronische Sounds unter der Woche. Das kann sogar von Moodymoods bis hin zu Johnny Cash gehen. Ich kann mir nicht vorstellen, mich ausschließlich nur in der elektronischen Szene zu bewegen. Ich zu sehr Musiker, als das mich das auf Dauer glücklich machen würde.“
Auf die Frage, mit welchen Künstlern er gerne mal zusammen arbeiten würde, fallen ihm direkt ein paar Namen aus dem nahen Umfeld ein. „Rick Sanders aus Sardinien ist für mich derzeit einer der spannendsten Künstler. Er hat die AMA 013 gemacht und liefert wirklich gute Arbeit ab. Andrade aus Frankreich gehört auch dazu, genau so wie Steven Cock. Seine Sachen finde ich durch die Bank weg super. Sobald mir etwas gut gefällt, schreibe ich dem jeweiligen eine E-Mail und versuche, ihn für eine Kollaboration zu begeistern. Bei Rick und Steven ist mir das bislang gelungen. Bei ONNO aus den Niederlanden lief es nicht anders. Ihn habe ich bei RaveOnSnow im Dezember kennengelernt. Und ratet mal, von wem die nächste AMA Recordings sein wird (lacht). Ich persönlich stehe nicht auf vermeintliche Hits. Meine Sounds sind eher rhythmisch-monoton und unscheinbar. Die kannst du in zehn Jahren noch auspacken, und sie catchen genauso. Tracks, die mir gefallen, müssen eine gewisse Zeitlosigkeit mitbringen. Das erlaubt mir, auch während meiner Sets eine Zeitreise durch die letzten Jahre zu machen, ohne dass es für den Dancefloor allzu offensichtlich erscheint. Das macht die Geschichte, die man als DJ innerhalb der meist 120 Minuten zu erzählen versucht, für mich wesentlich spannender als lediglich die Beatport Top Ten zu vermixen“.
Aktuell steckt Okpara, dessen Wurzeln zur Hälfte in Nigeria liegen, inmitten der offiziellen mobilee Back To Back-Tour, die ihn neben seinen Gigs im Ausland am 4. April ins Berliner Watergate, am 12. April nach Kassel und am 30. April nach Lepizig führt. Schon im Juni steht für mobilee das wichtige Sónar Festival in Barcelona an. „Zwischen mobilee und Sónar in den letzten Jahren bekanntermaßen eine innige Liebe entstanden, und unsere Events auf dem Dach des Hotel Diagonal sind zu einem der Hotspots der ganzen Woche geworden. Auch die Poolparty mit FACT wird sicherlich gut in diesem Jahr. Dann werde ich auch auf der Oslo-Party im Boulevard in Barcelona vertreten sein. Wahrscheinlich fliege ich im Juli wieder nach Mexico, um an einem Streetart- und Skateboard-Event am Strand von Acapulco zu spielen. In Mannheim starte ich donnerstags mit einem guten Freund im Strandbad. Dort werde ich immer wieder ein paar Freunde einladen. In Berlin wird es einmal im Monat im Club der Visionäre dienstags eine Party geben. Da stecken Nekes und ich mitten in der Planungen.“
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