Vor über acht Jahren stellte der Münsteraner Hersteller Reloop mit dem Mixtour einen handlichen All-In-One-Controller vor, der vor allem auf die Steuerung der dejay-Pro-App von Algoriddm zugeschnitten war. Acht Jahre sind in der DJ-Welt bekanntlich eine Ewigkeit. So wurde es Zeit für eine Neuauflage, an deren Entwicklung der niederländische Star-DJ Laidback Luke maßgeblich beteiligt war. In neuem Gewand, mit verbessertem Layout und erweiterter Funktionsvielfalt kostet der Mixtour Pro zwar jetzt 449 Euro UVP. Mehr als ein Smartphone benötigt man an zusätzlichem Equipment allerdings nicht, um ein professionelles Set zu schmeißen. Wir haben den House-Hero aus dem Nachbarland zur Entwicklung befragt.
In einem aktuellen YouTube-Video erläuterst du, wie du dir die Zukunft des DJings vorstellst. Könntest du deine Vision nochmals zusammenfassen?
In der Welt der elektronischen Tanzmusik arbeiten die meisten DJs in einem sogenannten „Flaggschiff-System“. Das ist ein guter und langjährig bewährter Standard. Aber es hat inzwischen aufgehört, so zu innovieren, wie ich denke, dass es sollte. Im Zeitalter des Mobiltelefons und von KI möchte ich dieses Flaggschiff-System aufbrechen und das DJing mit dem umsetzen, was wir im Alltag ohnehin ganz selbstverständlich nutzen. Gerade KI entwickelt sich aktuell sprunghaft, und es gibt keine Möglichkeit, dass die Prozessoren eines Flaggschiff-Systems da mithalten könnten. Ich wiederhole es gerne: Keine Hardware wird in der nahen Zukunft in der Lage sein, mit den schnellen Entwicklungen von Mobilgeräten und KI mitzuhalten.
Wie kam deine Verbindung zu Reloop zustande?
Meine Verbindung zu Reloop entstand, nachdem sie mir die erste Mixtour-Version zugeschickt hatten. Ein Tool, das mich zunächst kalt ließ, weil es keine Jogwheels hatte. Also lag es erst einmal ewig in meinem Studio herum. Bis ich anfing, regelmäßig mit meinem iPhone und der DJay-Pro-App von Algoriddim aufzulegen. Irgendwann schloss ich dann auch den Mixtour wieder an – und es hat Klick gemacht. Ich kontaktierte Reloop mit der Nachricht, dass ich den Mixtour professionell nutzen würde, und sie schickten mir weiteres Equipment zu. Ich war erstaunt, wie perfekt die Geräte mit der DJay-Pro-Software harmonierten. Je länger ich den Mixtour einsetzte, desto mehr Verbesserungsmöglichkeiten fielen mir ein. Also schlug ich ihnen eine Nachfolgeeinheit vor. Und sie waren sehr offen dafür.
Was muss ein DJ-Produkt grundsätzlich bieten, um dein Interesse zu wecken?
Ich benötige nicht viel, bin aber gleichzeitig sehr wählerisch. Ich kann es am besten so beschreiben: Benutzerfreundlichkeit im DJ-Ökosystem, in dem ich mich entwickelt habe. Ich bin ein großer Fan der DJ-Technik, der Kunst und der Improvisation. Ein Tool muss es mir leichtmachen, den ultimativen DJ-Flow beim Auflegen zu erreichen.
Könntest du kurz das grundlegende Mixtour-Konzept beschreiben?
Das ist ein tragbarer, professioneller 4-Kanal-DJ-Controller. Es ist der ursprüngliche Mixtour auf Steroiden. Ich würde sagen, er hat fast alle Funktionen, die auch der Mixon8 hat, nur ohne Jogwheels.
Was unterscheidet dieses Werkzeug von konkurrierenden Produkten mit einem ähnlichen Konzept?
Bevor ich mit dem DJing auf dem Mixtour begonnen habe, habe ich mir alles mit einem ähnlichen Formfaktor angesehen. Und um ehrlich zu sein, nichts entsprach meinen persönlichen Bedürfnissen als DJ. Ich habe halt klassisch mit Vinyl angefangen und dann das gesamte Pioneer-Ökosystem durchlaufen. Entsprechend konnten der Traktor Kontrol von Native Instruments und einige andere Lösungen meine Bedürfnisse nicht erfüllen. Was dieses Tool auszeichnet, ist die integrale DJ-Schnittstelle, an die sich ein erfahrener DJ wie ich leicht und schnell gewöhnen kann. Und es ist so einfach! Ein Satz Fader, EQ, FX, und nicht zu vergessen ein Crossfader genau dort, wo er hingehört.
Welche Verbesserungen habt ihr im Layout und in der Hardwarequalität vorgenommen?
Es gibt viele Verbesserungen im Layout. Zum Beispiel habe ich den Transportbereich vom Hot-Cue-Bereich getrennt. Der Hot-Cue-Bereich bietet jetzt die Möglichkeit, alle acht Hot Cues pro Deck mit der Split-Funktion zu erreichen. Die Neural-Mix-Funktion ist jetzt nur noch einen Knopfdruck entfernt, um vollständig inklusive Inkrementen steuerbar zu sein. Es gibt jetzt zudem FX-Paddel, die vom Filterknopf getrennt sind. Beim Vorgänger waren Filter und FX ja unter einem Knopf vereint. Was die Hardwarequalität betrifft, wollte ich, dass sich das Gerät hochwertig anfühlt. Also haben wir verschiedene Optionen durchlaufen, um zum Beispiel hochwertige Knöpfe und Fader auszuwählen.
Die interne Soundkarte, also die Klangqualität, überzeugt voll und ganz. Kannst du mehr darüber sagen?
Es freut mich, das zu hören. Es ist ganz einfach: Die D/A-Wandler stammen jetzt von Cirrus Logic mit einer 24-Bit-Auflösung und einer deutlich höheren Ausgangslautstärke. Es ist im Grunde der gleiche Audiochip, der im Mixon8 verwendet wird.
Bis zu vier virtuelle Decks lassen sich parallel steuern. Nutzt du sie alle oder bist du ein klassischer 2-Deck-DJ?
Ich war immer ein 3-Deck-DJ. Aber jetzt, da ich mit dem Mixtour Pro direkt vier Decks über DJay Pro zur Hand habe, spiele ich meist im 4-Deck-Modus. Ich finde, dass das Layering auf dem Mixtour Pro viel intuitiver und optisch besser gelöst ist als die Erfahrungen, die ich bisher mit dem Deck-Layering gemacht habe.
Welche anderen Funktionen nutzt du am häufigsten und wie nutzt du sie?
Derzeit bin ich süchtig nach meiner kleinen Backspin-Funktion, die ich als versteckte Funktion dem FX-Paddle hinzugefügt habe. Man aktiviert sie durch Halten der Shift-Taste und Drücken des Paddles. Eine der praktischsten Funktionen ist zudem das Instant-Key-Match, wenn man Shift und Sync drückt. Ich benutze das ständig, um im Handumdrehen Acappellas mit Instrumentals zu matchen.
Der Mixtour Pro ist prädestiniert für die Steuerung von Algoriddim DJ. Bist du umgestiegen oder hast du diese DJ-Software schon immer verwendet?
Wie einige vielleicht wissen, bin ich zunächst von Pioneer zu Denon gewechselt, das war also ein Neuanfang für mich. Und danach bin ich vollständig auf DJay umgestiegen, nachdem ich es immer häufiger genutzt hatte. Ich möchte anmerken, dass ich niemals einen Wechsel vornehmen würde, wenn er keine wesentlichen Vorteile böte. Also ja, es gibt viele Vorteile bei der Verwendung der DJay-Pro-Oberfläche – zum Beispiel die Cue-Punkte im Handumdrehen zu programmieren. Ich bringe mein Setup überall hin mit, weil es auf meinem Smartphone ist. Der größte Teil meiner Bibliothek ist über die iCloud synchronisiert. Der Algoriddim Neural Mix ist derzeit die beste KI-basierte DJ-Stem-Software, die ich kenne. Die Separation so einfach wie möglich einsetzen zu können, war auch eine meiner Hauptprioritäten bei der Entwicklung des Mixtour Pro. Ich setzte die Trennung dauernd ein, und DJing mit Stems ist der Weg in die Zukunft.
Der Mixtour Pro eröffnet zahlreiche Möglichkeiten der individuellen Anpassung. Wie hast du beispielsweise die acht Performance-Pads zugewiesen?
Es war mir sehr wichtig, mehrere Funktionen den acht Performance-Pads zuweisen zu können. Bis zur letzten Woche habe ich die Beat-Jump-Performance mit der gespeicherten Loop-Option ausgetauscht. Ich muss mich eigentlich noch vollständig einarbeiten und mehr üben, da der Performance-Bereich so interessante Funktionen wie Tone Play und Instant FX bietet.
Verwendest du Crossfader-Effekte?
Ich benutze sie selten, da ich als langjähriger Profi-DJ die meisten dieser Übergänge ohne hinbekomme. Gerade weniger geübte Anwender werden die KI-gestützte Funktion mit Sicherheit zu schätzen wissen.
Würdest du sagen, dass es viel Übung braucht, um den Mixtour Pro zu beherrschen?
Nicht mehr als bei einem normalen Setup. Das Design des Mixtour Pro soll sich genauso anfühlen wie jedes andere DJ-Ökosystem, das ich in der Vergangenheit verwendet habe. Im Wesentlichen wird es dir also das Gefühl des „echten DJings“ vermitteln, selbst wenn keine Jogs vorhanden sind.
Für wen ist der Mixtour Pro besonders geeignet und für wen nicht?
Er ist besonders geeignet für mich [lacht]. Ich war sehr egoistisch und habe ihn vor allem nach meinen Bedürfnissen entworfen. Ich bin halt kein Hersteller, der alle erdenklichen Nutzergruppen im Auge behalten muss. Aber der Vorteil ist, dass du sofort Zugriff auf das gleiche professionelle Setup hast, das ich überall verwende. Ich würde sagen, das ist eine Superkraft. Er ist naturgemäß nicht für Scratch-DJs geeignet, da er keine Jogwheels besitzt. Serato-Nutzer haben ebenfalls das Nachsehen, da bislang die Kompatibilität fehlt.
Gib uns einige spezielle Tipps und Tricks zur Verwendung des Mixtour Pro.
Im 4-Deck-Modus, wenn du Shift und die Neural-Mix-Taste drückst, kannst du ganz einfach die Ansicht von Wellenformen auf Cue-Punkte umschalten. Das ist sehr praktisch, weil ich oft Notizen in meine Cue-Punkte einfüge, um im Mix den Überblick zu behalten. Wie schon gesagt, Shift + Sync für Key Match hat mir schon oft den Hals gerettet. Ebenso der Neural-Mix-Knopf direkt neben den EQs. Wenn du ihn drückst, verwandeln sich die EQs in die verschiedenen Stem-Bereiche des Tracks. Der High-End-EQ steuert die Lautstärke für die Vocals, der Mid-EQ steuert die Harmonics, der Low-EQ steuert die Beats. Und das Schöne daran ist, dass du auch die tatsächliche Lautstärke der Stems unter den Drehknöpfen steuern kannst, was es wirklich chirurgisch macht.
Erzähl uns abschließend noch von deinen aktuellen Projekten.
Bis ihr das gedruckt habt, habe ich wahrscheinlich den ersten Track mit meinem 21-jährigen Sohn veröffentlicht. Er produziert seit zwei Jahren Musik, und ich habe ihm versprochen, dass wir zu seinem 21. Geburtstag eine Kollaboration herausbringen werden. Das ist ein sehr besonderer Moment für mich, weil ich bislang immer zwischen Familien- und DJ-Leben jonglieren musste. Jetzt wächst das zusammen. Auch sonst beginnt gerade eine ganz neue Ära für mich, was man an meinen verstärkten Social-Media-Aktivitäten erkennen kann. Es gibt auch hier einen bestimmten Grund, den ich aber noch nicht konkretisieren möchte. Behaltet Laidback Luke 2.0 also genau im Auge, denn das Beste kommt in Kürze!
Hier der angekündigte neue Song von Laidback Luke mit seinem Sohn marlonbeats zusammen:
Die Single „One On One“ von Laidback Luke feat. marlonbeats ist am 9. August 2024 via Dim Mak Records erschienen.
Aus dem FAZEmag 151/09.2024
Web: www.reloop.com, www.laidbackluke.com