Kaum ein anderes Projekt prägte die frühe Entwicklung der deutschen Trance- und Techno-Landschaft derart wie Resistance D. Der Durchbruch war dem Duo, bestehend aus Maik Maurice Diehl und Pascal FEOS, 1991 mit ihrer bahnbrechenden Debütsingle „Cosmic Love“ gelungen, die später von Sven Väth auf Harthouse gesignt wurde und den Beginn eines jahrelangen Höhenflugs mit zahlreichen Releases und Live-Gigs markieren sollte. Erst nach der Jahrtausendwende setzten die beiden wieder zum Landeanflug an, als sich Diehl und FEOS zum Wohle des Projekts auf eine künstlerische Schaffenspause einigten und sich getrennte Wege durch die Musiklandschaft bahnten.
Aus einer „Schaffenspause“ wurde jedoch bekanntlich eine Dekaden-übergreifende Auszeit; und erst 2020, 18 Jahre nach ihrer letzten Zusammenarbeit, fanden die Pioniere wieder zusammen. Eine Reunion, die mit dem Tod von Pascal FEOS nach kurzer Krankheit ihr schnelles Ende fand, bevor sie überhaupt Form angenommen hatte. Paschalis Dardoufas verstarb am 9. Mai 2020 im Alter von 52 Jahren an Magenkrebs.
Viereinhalb Jahre später nun ein Comeback von Resistance D: Diehl hat sich mit seinem langjährigen Freund und Kollegen Ramon Zenker zusammengetan, um das Projekt neu aufleben zu lassen. Als Hardfloor feierten Zenker und sein Partner Oliver Bondzio in den 90er-Jahren selbst große Erfolge und trugen maßgeblich zur weltweiten Verbreitung des Acid-Techno bei.
Wir haben mit Maik Maurice Diehl und Ramon Zenker über das Resistance-D-Revival gesprochen.
Maik, wir schreiben das Jahr 1989: Es ist die Geburtsstunde von Resistance D. Magst du uns den damaligen Zeitgeist einmal einfangen und ein wenig über die Entstehung des Projekts erzählen?
MMD: Mit ein paar Freunden und zwei Amiga 500 haben wir damals in einem Wohnwagen unsere ersten elektronischen Klänge erzeugt. Die Möglichkeit, etwas per MIDI zu steuern oder gar zu synchronisieren, hatten wir damals nicht. Wir hatten lediglich diese zwei AMIGA-500-Computer mit dem Soundtracker-Programm (16 Spuren), einen Synthesizer und einen Kassettenrekorder zum Aufnehmen. Um überhaupt eine Synchronisation zwischen den Geräten zu erzeugen, mussten wir die beiden Amiga per Hand gleichzeitig starten. Das war schon alles sehr undergroundig.
Pascal war zur der Zeit Resident-DJ im La Boum in Holzheim, was damals schon mit dem Dorian Gray recht angesagt war. Da lief ein Sound, den man als Vorläufer für Techno bzw. elektronische Tanzmusik bezeichnen könnte.
Ich weiß nicht, ob wir verrückt, frech oder jugendlich naiv waren, aber wir gaben Pascal damals unsere Demos mit, damit er sie im Club spielen konnte. Man muss dabei bedenken, dass nicht alles zu 100 Prozent rhythmisch war, geschweige denn gut klang oder gut gemixt war. Pascal spielte das Demo-Tape, und die Nummer ging tatsächlich ab. Er kam danach auf mich zu und fragte, ob wir etwas zusammen machen könnten. Der Rest ist Geschichte.
Dank „Cosmic Love“ und weiteren Releases auf Sven Väths Harthouse seid ihr in Windeseile zu regelrechten Pionieren der Trance-Musik mutiert. An welche Momente aus dieser Zeit denkst du heute besonders gerne zurück?
MMD: Das stimmt, quasi über Nacht ging das durch die Decke. Hier hat natürlich Sven auch eine wesentliche Rolle gespielt. Er erkannte direkt das Potenzial und nahm dann vor allem mich an die Hand, und die Reise begann.
Welche der vielen, vielen magischen Momente auf dieser Reise jetzt besonders herausragten, ist echt schwer zu sagen. Vielleicht die Auftritte im OMEN? Definitiv aber unsere erste Tour in Japan und vor allem das Konzert mit Jean-Michel Jarre 1998 in Paris.
Ramon, du warst zeitgleich mit Oliver Bondzio als Hardfloor unterwegs. Habt ihr Maik und Pascal im Rahmen der gemeinsamen Harthouse-Zeiten kennengelernt? Erzähl uns von euren ersten Connections: eine Freundschaft auf den ersten Blick oder mit Anlaufzeit?
RZ: Genau. Wir sind zu der Zeit auch manchmal auf denselben Veranstaltungen aufgetreten, zum Beispiel auf einer Harthouse-Nacht in New York. Pascal haben wir auch durch seine DJ-Gigs immer wieder getroffen. Maik und ich kamen sofort miteinander klar, haben aber erst 2000 das erste Mal Musik miteinander gemacht.
Einer der Klassiker von Hardfloor:
24 Jahre später sitzt ihr nun wieder zusammen im Studio. Maik, wie lange hast du nach dem Tod von Pascal FEOS gebraucht, um den Entschluss zu fassen, das Projekt weiterzuführen? Wie schnell ist dabei die Wahl auf Ramon gefallen?
MMD: Mir war klar, dass ich ein Comeback nur mit jemandem starten würde, den auch Pascal zu schätzen und zu respektieren wüsste – musikalisch und menschlich. Es war für mich von elementarer Bedeutung, nicht nur einen Partner mit einer musikalischen Kompetenz zu haben, sondern auch jemanden, mit dem ich mich auf menschlicher Basis super verstehe.
Lange nachdenken, bis ich auf Ramon kam, musste ich da nicht. Wohlwissend, dass wir uns schon lange seit der gemeinsamen Zeit mit Harthouse und aus der Zeit, als ich in NRW lebte, kannten und auch schätzten. Diese Wertschätzung gegenüber Ramon hatte auch Pascal. Zu 100 Prozent.
Wie kann man sich eure Arbeit im Studio heute vorstellen? Was ist insbesondere im Vergleich zu früher anders?
MMD: Die technischen Möglichkeiten sind heutzutage natürlich viel größer. Da liegen mittlerweile Welten dazwischen, und das ermöglicht einen ganz anderen Workflow als früher. Während ich mit Pascal früher ins Studio ging und wir von der Entstehung der Ideen bis hin zur finalen Produktion quasi das Studio nicht verlassen hatten, produziere ich heute in der Regel die ersten Demos vor und lege sie Ramon sozusagen direkt aufs Pult. Er pickt sich dann die Sachen heraus, die ihn inspirieren, arbeitet sie weiter aus und ergänzt seine Ideen. Anschließend lassen wir die Stücke eine Weile ruhen und wie einen guten Wein reifen. Manchmal über einige Monate bis hin zu einem Jahr. Das ist ein großer Unterschied im Vergleich zu früher.
Ist die Zeit reif, treffen wir uns im Studio von Ramon und vollziehen die finale Produktion. Diese Herangehensweise ist für mich schon nochmal ein anderes, höheres Level. Ich denke aber, dass man diese neue Qualität unseren Tracks definitiv anmerkt.
Was denkt ihr, warum ihr euch so gut ergänzt? Auf welche Weise wollt ihr das Projekt-Revival anpacken? Habt ihr da eine grundlegende Idee oder lasst ihr euch von eurer Intuition leiten?
MMD: Zwischen uns herrscht eine wirklich tolle Energie. Der Workflow ist super und wir ergänzen uns musikalisch sehr gut. Wir lassen unserer Intuition daher freien Lauf, um uns nicht die künstlerische Freiheit zu nehmen, die uns aktuell trägt. Für den Anfang sind wir uns lediglich einig, dass wir da weiter machen, wo Resistance D ursprünglich herkommt: aus dem Club!
RZ: So ist es. Einen wirklichen Masterplan gibt es derzeit nicht und wir wollen uns auch von den momentanen musikalischen Einflüssen treiben lassen. Dadurch, dass Maik aber im Vorfeld schon einige Demos produziert und Ideen gesammelt hat, gibt es bereits recht verschiedene Tracks, teilweise auch mit Vocals, die aber den richtigen Zeitpunkt brauchen.
Inwieweit bleibt Pascal FEOS Teil des Projekts? Natürlich, sein Geist bleibt allgegenwärtig, aber versucht ihr auch, seine musikalische Ader in das Projekt miteinfließen zu lassen?
MMD: Schwer zu sagen. Grundsätzlich ist es ja unmöglich, jemanden mit einem individuellen Talent oder Stil wie Pascal eins zu eins zu ersetzen. Das ist auch gar nicht unsere Intention, denke ich. Natürlich ertappe ich mich schon gelegentlich dabei, mir die Frage zu stellen, wie Pascal die Bassline oder den gesamten Track einschätzen würde. Letztendlich wollen wir aber unseren eigenen RD-Sound finden, ohne dabei den Bezug zur ursprünglichen DNA aus den Augen zu verlieren. Daher denke ich, dass die musikalische Ader von Pascal schon unterschwellig und latent mitschwingt. Bei der „Neon Party“-Nummer bin ich mir zumindest sicher, dass Pascal sie gut findet – und bei der nächsten übrigens auch. *zwinkert*
Apropos „Neon Party“. Erzählt uns doch mal ein paar Worte zur Comeback-Single. Wie geht es im Anschluss weiter?
RZ: Generell planen wir ab jetzt regelmäßige Veröffentlichungen ca. alle drei bis vier Monate. Schließlich sitzen wir ja seit knapp zwei Jahren dran, und da ist einiges an gutem Material zusammengekommen, das wir nach und nach veröffentlichen wollen. Dazu werden sicherlich auch einige Projekte aus dem Moment herauskommen.
MMD: Zu „Neon Party“ möchte ich nicht viel sagen. Einfach hören! Die nächste Veröffentlichung im Februar wird eine noch clubbigere Nummer sein. Das ist genau das, was RD auch in der Vergangenheit auszeichnete: Das musikalische Spektrum war schon immer breit. Hauptsache, es bewegt die Menschen, entweder auf der Tanzfläche oder in der Seele. Wir haben einfach Bock, mit unserem Sound die Welt ein Stück weit besser zu machen – und das ist hier und da auch dringend notwendig, wie ich finde.
„Neon Party“ von Resistance D ist am 25. Oktober via DXR-Records erschienen.
Aus dem FAZEmag 154/12.2024
Text: M.T.
Web: www.resistance-d.com