Roni Size – Drum ’n’ Bass Has Grown Across The World

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Roni Size ist zurück. Der Mann, der mit seinem Projekt Reprazent 1997 den begehrten Mercury Award für das bahnbrechende Album “New Forms“ erhielt, das er auch mit einer Live-Band auf die Bühne brachte. Der Mann, der hinter zwei der wichtigsten und wegweisendsten Drum ’n’ Bass-Labels aller Zeiten stand: Dope Dragon und Full Cycle. Am 25. August erscheint Ronis neues Album “Take Kontrol“ auf seinem neuen Label Mansion Sounds. Wir haben uns mit ihm über damals, heute und die Zukunft unterhalten – vorab aber ein kleiner geschichtlicher Exkurs:

Vom beschaulichen Bristol (und nicht wie zu dieser Zeit allgemein üblich von London) aus brachten Roni Size und seine Mitstreiter Anfang/ Mitte der Neunziger neue Impulse in die Musik ein. Stücke wie „Music Box“ und „11.55“ von Roni Size & DJ Die kamen mit Jazz- und Soulsamples und bereicherten den typischen, von HipHop beeinflussten Jungle-Sound. Full Cycle und das geradlinigere Schwesterlabel Dope Dragon wurden innerhalb kurzer Zeit zu zwei der wichtigsten Labels der Szene. Mit Leuten wie DJ Die, DJ Krust, Suv, Bill Riley und natürlich Roni Size war eine Schar so kreativer wie hyperaktiver Künstler am Start, die ihren gigantischen Output unter zahllosen Pseudonymen wie Scorpio, Gang Related, Mask und Swabe veröffentlichten. 1996 gründete Roni Size Reprazent, ein Kollektiv bestehend aus u.a. DJ Krust, DJ Die, Suv und MC Dynamite. Das Album New Forms erschien 1997 auf Gilles Petersons Label Talkin’ Loud und wurde noch im selben Jahr für den Mercury Prize nominiert. Reprazent setzten sich gegen Künstler wie Chemical Brothers, The Prodigy, Radiohead und die Spice Girls durch und gewannen die begehrte Auszeichnung für das beste britische Album des Jahres.

Diese Auszeichnung und der Umstand, dass Reprazent als komplette Live-Band tourten, trugen ihren Teil zu einer stärkeren öffentlichen Wahrnehmung von Drum ’n’ Bass bei. Ein nicht ausschließlich positiv aufgenommener Drum ’n’ Bass-Hype entstand, verebbte aber in den folgenden Jahren wieder. Kurz darauf gründeten Roni Size, DJ Die und die Sängerin Leonie Laws das Projekt Breakbeat Era, das mit dem Album Ultra Obscene auf XL-Recordings für einiges Aufsehen sorgte. Nach zahlreichen Singles auf Talkin’ Loud, V Recordings und natürlich Full Cycle, gingen Reprazent wieder gemeinsam ins Studio, um 2000 das Nachfolgeabum In The Mode zu veröffentlichen, bei dem untern anderem Gastmusiker wie Method Man oder Zack De La Rocha von Rage Against The Machine mitwirkten, welches aber nicht an den epochalen Erfolg von New Forms anknüpfen konnte. 2002 sorgte Roni Size erneut für Furore, als er mit der neuseeländischen Vokalistin Tali einen der spannendsten jungen Charaktere der Drum ’n’ Bass-Szene ins Boot holte. Ihre Single „Lyric On My Lip“ schlug ein wie eine Bombe und ebnete das Feld für eine Reihe großartiger Releases alter Bekannter wie Size, Krust und DJ Die, aber auch frischer, neuer Artists wie Clipz oder I Kamanchi, einem Projekt von Kust und DJ Die. Nachdem Dope Dragon schon zwei Jahre zuvor ihr letztes Release veröffentlicht hatten, wurde es 2008 schließlich ruhiger um Full Cycle. Nichtsdestotrotz stehen beide Labels bis heute für einen Trademark-Sound, dessen Vibes bis heute nichts an Aktualität verloren haben. Deutschlands Drum ’n’ Bass-Pionier Bassface Sascha äußert sich wie folgt über die Breakbeat-Sensation aus Bristol: „Seit Roni Size und Co. ihre ersten Tracks auf V-Recordings und später auf Dope Dragon und Full Cycle veröffentlicht hatten, wußte ich, dass guter D&B und Jungle nicht nur aus London kommt“. Heute schreiben wir das Jahr 2014 und Roni Size ist zurück. Ohne Full Cycle und ohne Dope Dragon zwar, dafür aber voll bepackt mit neuen Tracks und Projekten. Watch Out!

Wie würdest du dein neues Album jemandem beschreiben, der mit dem Namen Roni Size nichts anzufangen weiß, ohne die Worte “Drum“ und “Bass zu benutzen“?

Das neue Album besteht aus einer Sammlung von Dancefloortracks sowie Kooperationen mit einigen neuen Singer/Songwritern, die normalerweise nichts mit dem Genre zu tun haben, aber bereit waren über ihren Tellerrand hinaus zu schauen.

Im Vergleich zu 1995–2004 war es in den letzten Jahren recht ruhig um dich. Was hast du in der Zeit gemacht?

In den vergangenen vier Jahren habe ich ganz einfach versucht, mehr Zeit mit meiner Familie und Freunden zu verbringen und ein wenig das Leben außerhalb der Musikszene zu genießen.

Wie denkst du über die verschiedenen Subgenres von Bassmusic wie Trap, Dubstep, Basslinehouse oder Garage? Stellen sie eine Konkurrenz zu Drum ’n’ Bass dar, da die Geschwindigkeit für viele Leute schlichtweg nachvollziehbar ist?

Die Musik wächst und verändert sich, so wie auch Künstler sich stetig weiterentwickeln. Ich finde es toll, neue Strömungen innerhalb der Musik zu entdecken. Ich mag jede Art Bass-bezogener Musik und ich mag es, diese Entwicklungen zu verfolgen. Die Geschwindigkeit ist eigentlich irrelevant. Aber es ist wichtig, dass die Vibes stimmen.

Wer sind deine aktuellen Top 5 Drum ’n’ Bass-Produzenten und warum?

Ich kann da keine wirklichen Top 5 nennen. Das ist immer von meiner aktuellen Stimmung abhängig, ob ich gerade lieber Liquid, Funky Stuff, harten Jump-Up oder Oldschool-Banger höre. It’s good to embrace all styles.

Was ist dein favourite Drum ’n’ Bass-Track aller Zeiten?

Ich mag die 4 Hero Remixe von “Black Gold of The Sun“ – It’s done straight fron the heart.

Siehst du einen Unterschied zwischen der Drum ’n’ Bass-Szene Mitte der 90er und der heutigen?

D’n’B ist heutzutage komplett anders, da es jetzt eine viel internationalere Angelegenheit ist als früher. Es gibt Artists aus Belgien, USA, Frankreich, Brasilien – es ist keine reine UK-Sache mehr. D’n’B findet weltweit statt.

Bist du noch in Kontakt mit den anderen Mitgliedern von Reprazent? Wie siehts es mit einer Reunion aus?

Es gibt ein neues Repazent-Album namens “Do It For The Masses“, das Anfang nächsten Jahres auf meinem neuen Label Mansion
Sounds erscheinen wird.

Apropos neues Label: Bedeutet das, dass Full Cycle definitiv Geschichte ist? Ich persönlich musste in den letzten zwei, drei Jahren oft an Full Cycle denken, da der typische Label-Sound so nah an dem dran ist, was gerade im Jump-Up Bereich passiert. Wenn man sich Leute wie Cabin Fever UK oder L-Side anhört, das klingt einfach nach Full Cycle…

Full Cycle und auch Dope Dragon repräsentierten eine Zeit, in der die Musik noch in ihren Kinderschuhen steckte. Als Produzent und auch als Labelbetreiber habe in dieser Zeit viel dazugelernt, was Labelarbeit angeht. Es ist toll, dass wir damals etwas geschaffen haben, das die Leute mochten und das immer noch so ein Alleinstellungsmerkmal hat.

/Joerg “Feindsoul“ Nawra

 

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