Room 307 Records – Vom Podcast zum Erfolgslabel

DJ H8

Als Alem Pajalic im Frühjahr 2017 “Room 307“ initiierte, bestand die Idee nur darin, eine Plattform für Podcasts zu etablieren, auf der sowohl er als auch befreundete Künstler*innen aus dem Umfeld einen Platz finden. Weil aber auch viele von ihnen eigene Produktionen vorzuweisen hatten, wurde aus dem Projekt kurzerhand „Room 307 Records“, das mit den Stuttgartern DIG DIS einen international renommierten Vertrieb mit über drei Jahrzehnten Erfahrung an der Seite hat. Das Werk „Andro Alpha“ von DJ H8, dem Projekt von Label-Chef Pajalic, gab dabei den Startschuss für den seitdem monatlich erscheinenden Output. Einige der Veröffentlichungen landeten in den Beatport-Charts auf bemerkenswerten Plätzen, darunter z.B. „Drehmoment“ von Das Ton, das in den Hard-Techno-Album-Charts auf dem zweiten Platz landete.

2019 weitete sich das Label aus und kooperierte mit verschiedenen Brands, darunter Sinope Recordings, ALZT, Psy, Funktion Records, Hands Records. Und auch in Sachen Podcasts tat sich etwas, allerdings im Video-Format. Pünktlich zum Pandemie-Beginn startete mit den „Room 307 VA Video Podcasts“ auf YouTube die noch heute aktive Reihe, in der Label-Acts wie STOIS, Alex Bau, Mimmo .db, Mia Maz, FTKNZ, Emanuelle Cappello, Chris Lehmann, RYKOH, Da Jelles, Robert Stahl, Sven Brechtel, BlackThunder und DJ H8 agieren. Am 8. April erscheint passend zum fünften Geburtstag mit dem „Room 307 Sampler Vol. 4“ eine Compilation mit zahlreichem neuen Material. Wir haben mit DJ H8 gesprochen.

Alem, Glückwunsch zum neuen Sampler und zu fünf Jahren Label-Historie.

Vielen Dank! Wow, schon fünf Jahre! Die Zeit ging schnell vorbei. Im Großen und Ganzen geht es mir gut. Anfang dieses Jahres bin ich an Covid erkrankt, und zu meiner großen Überraschung wurde ich Vater von einer bezaubernden Tochter. Also ein turbulenter Start in das Jahr 2022.

Lass uns von vorne beginnen, wie bist du zur Musik gekommen und wer bzw. was hat dich dabei besonders beeinflusst?

Techno habe ich schon sehr früh für mich entdeckt. Soweit ich mich erinnern kann, war das, als die Loveparade auf VIVA ausgestrahlt wurde. Damals war ich zehn Jahre alt und fasziniert davon, was DJs mit Vinyl so anstellen können. Mit 16  Jahren starteten für mich die Clubbesuche in München und Salzburg, wo ich recht oft harten Techno gehört habe. Dabei hat mich vor allem DJ Rush mit seinem immer vorwärts treibenden Style geprägt. Mein Umfeld motivierte mich, selbst Techno zu produzieren, allen voran Chris Lehmann, der mir immer wieder einredete, Grenzen zu sprengen und nie aufzugeben. Sein Label Sinope Recordings ist die perfekte Ergänzung zu Room 307 Records und ich bin ihm für seine jahrelange Unterstützung sehr dankbar. Man könnte sagen, er ist einer der ersten echten Room-307-Mitglieder.

Du hast gerade dein Umfeld und die ersten Clubbesuche erwähnt. Wie hat sich deine Heimat auf deine Karriere als Musiker ausgewirkt?

Ehrlich gesagt nicht sonderlich. In meinem Heimatdorf in Bayern habe ich hauptsächlich Hip-Hop gehört, so Sachen wie Orgie, Kaisa Aggro usw. Erst als ich mein Dorf verlassen habe und nach München gezogen bin, für meine erste Ausbildung zum Koch, fing das mit den Parties an, dann vermehrt elektronischer Natur. Es ging ja auch nicht anders. Damals gab es die Kultfabrik mit mehr als 100 Clubs – wie soll man da nicht feiern gehen? Den Cave Club und das Harry Klein habe ich am meisten besucht.

Im Frühjahr 2017 hast du Room 307 gegründet. Was hat es mit dem Namen auf sich?

Daran erinnere ich mich genau. Ich war in einer EGS-Ausbildung in Waldkraiburg in einem Weiterbildungszentrum. Zu der Zeit hatte ich dort ein Zimmer mit der Nummer 307. Daher der Name: Room 307. In diesem Zimmer lernte ich einige DJs aus der Umgebung kennen. Es waren zum Beispiel Alex Reuber, Martie Mo Blackout, Carsten Krusch, Mike O und Hamsa, die mich dazu motiviert haben, einen Podcast zu eröffnen, der bis heute noch als „Room 307 Various Artist Podcast“ läuft. Das war unser erstes Projekt von Room 307, von da nahm alles seinen Lauf. Leider entschieden sich die damaligen Mitglieder von Room 307, das Label zu verlassen und etwas Eigenes zu gründen. Nach einiger Zeit entschied ich mich dazu umzuziehen. Es ging nach Grindelwald in die Schweiz, nach Zagreb in Kroatien sowie nach Palermo in Sizilien. Ich suchte nach einem Ort, wo Room 307 wachsen kann. Nach langer Suche fand ich Graz in Österreich. Die Stadt hatte vom Aussehen her etwas Düsteres an sich, was auch sehr gut zum Label passte. Meine Familie lebt nicht sehr weit weg von dort und es gab auch einige interessante Newcomer*innen, wie STOIS, Chris O., Frank, FTKNZ, die ich mit im Boot haben wollte.

2018 ist das erste Release erschienen – erzähl uns von deinen bisherigen Künstler*innen, eurem Kollektiv und dem gemeinsamen Spirit.

Ja, „Andro Alpha“ ist damals erschienen. Ehrlich gesagt schäme ich mich für dieses Album, auch wenn es der Startschuss für weitere Releases auf Room 307 Records war. Mittlerweile haben wir das Album und ein paar weitere Releases rausgenommen, da sie nicht mehr ins heutige Label-Bild passen. Ich kann mich noch erinnern, wie ich damals STOIS auf Facebook genervt habe, dass ich mich mit ihm treffen und ihn kennenlernen wolle. Ich habe es noch genau im Kopf, wie er mich ansieht, mit der Promo-CD in der Hand, und sich denkt: „Was will der jetzt von mir?“. Eine Zeit lang sind ausschließlich Releases von mir erschienen, da die weiteren Akteure noch nicht so weit waren. Zu diesem Zeitpunkt lag das Hauptaugenmerk auf dem Podcast. DJs wie Chris Lehmann, Magic Shaman, FTKNZ, Mimmo .db, STOIS, RYKOH, Da Jelles, Sascha Röttger, Emanuele Cappello, Arsene B, Chris O., Sven Brechtel, BlackThunder, Mia Maz, Kevin Davis, For2, Effektkind, ND Core, Dragon Hoang, Zophie, Chriss H, Frank, Sebastian Lechner oder LifeCat waren dabei.

Wie könnte man euren Sound am besten beschreiben und welche waren bislang die größten Meilensteine in der Label-Geschichte?

Düster und „dreckig“ würden den Label-Sound wohl am ehesten beschreiben, aber wir sind auch offen für melodischere Produktionen. Unser größter Meilenstein bei Room 307 Records war die EP „Drehmoment“ von Das Ton. Die ging noch am Release-Tag in die Beatport-Hard-Techno-Album-Charts auf Platz 2, was mich sehr stolz machte. Ich weiß noch, wie sehr wir uns damals darüber gefreut haben. Danke hier nochmal an Das Ton für die super Zusammenarbeit. Ich freue mich schon auf weitere Projekte mit ihm. Auch er gründet jetzt ein Label, mit dem Namen SOLID CAPSULE.

Wie hat sich die Situation rund um Corona auf euch als Label ausgewirkt?

Das war schon hart zu sehen, wie auf einmal reihenweise E-Mails mit Absagen zu bestätigten Club-Shows eintrafen. Zwar ist Room 307 Records hauptsächlich auf Releases spezialisiert, aber die Jungs sind hungrig und wollen in die Clubs, um mit ihren Fans zu feiern. Corona hat mir gezeigt, dass die digitale Welt eine wichtige Rolle für die Zukunft von Techno im Allgemeinen spielt. Deshalb war es mir auch wichtig, eine Kooperation mit Techno Dom und Love Trip Radio einzugehen. Die Jungs dort machen wirklich professionelle Arbeit und auch sehr bekannte Künstler*innen wie Mehlem, Angie, Pete Van Payne, Sascha Röttger, Dr. Motte usw. lassen dort ihre Mixes laufen. Ich hoffe, dass uns auch einmal die Möglichkeit gegeben wird, eine Room-307-Label-Party im Warehouse in Köln zu schmeißen.

Am 8. April erscheint mit dem „Sampler Vol. 4“ eine Compilation – wie bist du bei der Track-Auswahl vorgegangen?

Oh ja, da freue ich mich schon riesig drauf. Da sind starke Künstler*innen wie Chris Lehmann, Kai Pattenberg, Das Ton, STOIS, Effektkind, Caspar Großmann, Michael Kortenhaus, KOPFDRUCKDR4MA, Hannes Matthiessen, Robert Stahl, P.T.B.S. und meine Wenigkeit vertreten. Der Sampler geht eher in Richtung Peaktime bis hin zu Raw. Das Mastering bei Room 307 Records wird von Robert Stahl gemacht. Es wird eine Release-Show auf Love Trip Radio stattfinden. Auch wird es jede Woche eine Remix-EP von jedem Track aus dem Sampler geben. Hört euch die EP einfach auf Beatport oder Spotify an.

Du bist nicht nur DJ, sondern auch als Produzent unterwegs – erzähle uns über deinen Studio-Workflow sowie deine Favoriten in Sachen Soft- und Hardware.

Da ich recht oft unterwegs, bin setze ich meist auf ein mobiles Studio, welches aus Xone92, Akai MPK MK3, X1 MK2, Audio 6, Zoom H4n Pro und Micro Brute besteht. Als Software habe ich mit der Maschine von Native Instruments angefangen, was mir persönlich nicht so gefiel. Danach bin ich auf FL Studio umgestiegen, das, wie ich finde, mittlerweile sehr gut gemacht ist. Ableton benutze ich nur, wenn ich in einem großen Studio mit mehreren Synthesizern aufnehme oder live auflege. Wir haben auch Releases mit echten Instrumenten. Emil Sunjazz heißt bei uns das Talent, das mehrere Instrumente par excellence beherrscht. Ich arbeite viel mit ihm zusammen und lerne auch viel von ihm. Im Großen und Ganzen nach dem Motto “stell mir was hin und ich mach damit Musik“ (lacht).

Was sind eure Pläne sowie Ziele für die Zukunft?

Unser Ziel ist es natürlich, immer weiter Musik in die Welt zu verbreiten. Ziele wären, große Festivals wie die Nature One oder Awakenings für uns zu gewinnen. Auch wollen wir eine Room-307-Records-Black-Box herausbringen, in dem cooles Merchandise wie Vinyl, CD, T-Shirt und weitere exklusive Produkte enthalten sind. Außerdem kommen zwei weitere Alben dieses Jahr heraus. Eines von Chris Lehmann und eines von mir. Am 8. April erscheint beim Sampler auch unsere neue Video-Podcast-Reihe. Dieses Mal zu Gast sein wird der großartige Alex Bau.

Aus dem FAZEmag 122/04.2022
Text: Triple P
Credit: Privat
www.beatport.com/label/room-307