Saschienne – Das Spiel mit dem Ungewissen

Nein, das Zusammenwirken eines Duos muss nicht immer inspirierend und fruchtbar sein. Unter Umständen kann es z.B. auch eine Beeinträchtigung bedeuten und somit eine hohe Kompromissbereitschaft erfordern. Nach 13 Jahren erfolgreicher Karriere, den zwei äußerst gefeierten Alben „Bravo“ und „Mango“ sowie unzähligen EPs, hat sich der Berliner Sascha Funke dazu entschlossen, mit seiner Frau Julienne – einer ausgebildeten Sängerin und Pianistin – das Duo Saschienne zu gründen. So teilen die beiden nicht nur ihr Privatleben, sondern künftig auch die Bühnen dieser Welt. Auf ihrem Debütalbum „Unkown“, das seit dem 30. März in den Regalen steht, thematisieren sie dabei nicht nur die Glücksmomente einer Beziehung.

Kennengelernt haben sich die beiden im Londoner Nachtleben. „Ich habe damals in der Fabric gearbeitet und Sascha hat dort gespielt. So haben wir uns getroffen. Was die Musik angeht, haben wir ohne Ziele und ohne Erwartungen angefangen, um zu sehen, ob dabei überhaupt etwas Gutes herumkommt. Daraufhin haben wir uns in Burgund in Frankreich für einen Monat ein Haus gemietet. Als wir bei meinen Eltern zu Besuch waren, haben wir uns auch auf dem alten Klavier ausprobiert, das dort stand. Und von da an nahm alles seinen Lauf.“

Melancholisch, tiefgründig und einnehmend – so könnte man das Zusammenspiel der beiden auf „Unkown“ betiteln. Auch wenn sich der Sound mit all seinen Strukturen vom Dancefloor weg bewegt, gewinnt es nicht zuletzt durch die verzaubernden Vocals der Französin an unglaublichen Spähren. Techno meets Klassik. Ein Thema, an dem bereits viele kläglich scheiterten. Hier jedoch wurde dieser Balanceakt auf beeindrucke Art umgesetzt. „Irgendwie geht eine Liebesgeschichte doch immer in eine Art Ungewissheit. Zwei Menschen, die sich gegenseitig kennenlernen, sich darüber im Klaren sind, was sie füreinander aufgeben. Die das ignorieren, was die Zukunft evtl. für sie bereit hält und lieber im Hier und Jetzt leben. Sie stehen vor unzähligen Fragezeichen und hangeln sich von Stein zu Stein, nur um auf ihrer eigenen kleinen Wolke der Harmonie zu leben. Als die ersten Töne unserer Musik ertönten, begannen wir unsere Reise ins Unbekannte, ohne zu wissen, dass wir eines Tages unsere kleine Wolke mit dem Rest der Welt teilen“, erzählt Julienne.

Ist Sascha mit seiner Gattin nun eine neue Form der Beziehung eingegangen, so beendete er damit auch eine zehnjährige zum Berliner Label BPitch Control. Zwei Alben und 16 EPs veröffentlichte er auf Ellen Alliens Imprint, nachdem seine beiden ersten Platten „Campus“ und „Saftey First“ 1999 und 2000 bereits auf Kompakt erschienen. Nun also der Comeback. „Ich war schon immer mit Kompakt verbandelt. Als ich mit Julienne angefangen habe und Michael Mayer von den ersten Tracks begeistert war, stellte sich für uns beide keine Frage, wo das Album erscheinen soll. Ich fühle mich bei Kompakt zu Hause und weiß, dass das Album dort auch sehr gut aufgehoben ist. Superpitcher hat uns auch sehr geholfen. Vergangenen Sommer waren wir viele Wochen in Köln und haben  im ‚Kompakt-Haus‘ gewohnt“, erklärt Sascha die Labelsituation.

Doch ist es nicht – ob kurz oder langfristig gesehen – ein Risiko, sowohl Privat- als auch Berufsleben miteinander zu teilen? Die Gefahr, einer Art Lagerkoller zu erliegen, zu hoch? Etwas über ein Jahr haben die beiden für ihren Longplayer gebraucht. Höhen und Tiefen haben sie dabei vorher geahnt. „Wir mussten diese klassische Trennung von Job und Privatleben gar nicht machen, da es bei uns so etwas wie eine Ergänzung war. Dieser Prozess ist sehr schnell vonstatten gegangen. Julienne spielt sehr schnell Melodien ein, und auch wenn die sprachlichen Differenzen bei uns fast gänzlich beseitigt sind, haben wir beim Musikmachen fast gar keine Worte gebraucht.“

Aktuell arbeiten sie an ihrem Live-Act und re-interpretieren die Stücke für den Dancefloor, mit denen sie in wenigen Wochen durch die Clubs touren möchten. Auftakt wird dazu – wie könnte es anders sein – der 6. Juni in Köln sein. „Ich werde mit einigen Geräten die einzelnen Instrumente steuern, während Julienne bei jedem Stück diverse Melodien mit der Moog z.B. einspielt. Wir sind jedenfalls weit davon entfernt, lediglich zwei Laptops aufzustellen. Wir verbinden beide unsere Stärken zu einer Komponente. Das Schöne ist, dass wir darin so aufgehen, dass wir uns erst gar nicht in die Quere kommen. Julienne hat mir durch ihre Art viele neue Wege gezeigt, sodass die Energien die ich bei meinen vorigen Alben hatte, wieder neu entfacht wurden. Dinge, bei denen ich bislang evtl. zu eindimensional gedacht habe, ergeben nun Sinn. Ich bin froh, diesen Weg zu gehen. Ich fühle mich wohl und habe Spaß dabei. Was die Zukunft so für uns bereit hält, wissen wir nicht.“ 

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