Wenn ein Filmkomponist Mitte 60 und ein junger Musikproduzent Ende 20 gemeinsam Techno machen, ist das in sich schon ungewöhnlich.
Dass sie damit aber TikTok, Spotify und die Festivalbühnen Europas im Sturm erobern, ist eine Sensation. Die ARD hat dem Duo Schrotthagen nun in der Kultursendung „ttt – titel, thesen, temperamente“ einen Beitrag gewidmet.
Schrotthagen – das sind Dieter Schleip (63) und Giovanni Berg (29). Gemeinsam haben sie eine neue elektronische Stilrichtung etabliert, die sie selbst „Cinematic Techno“ nennen: eine Symbiose aus treibenden Beats und orchestraler Dramatik.
Das Konzept ist aufwendig, künstlerisch ambitioniert und zugleich massentauglich. Ihre Musik erzählt Geschichten – ohne Worte, ohne Bilder, nur mit Sound. Die Karriere der beiden begann auf ungewöhnliche Weise:
Eigentlich arbeiteten sie gemeinsam an einem Filmscore, als ein von Berg heimlich gefilmtes Video von Schleip bei der Arbeit plötzlich viral ging. „Ich hatte da noch keine Ahnung von TikTok und es ist einfach viral gegangen“, erzählt Giovanni Berg.
Schleip selbst reagierte eher skeptisch: „Man sah nur die Millionen Klicks, irgendwann sieben Millionen und dachte: das ist ja furchtbar.“ Doch der Erfolg ließ sich nicht aufhalten. Innerhalb von nur sieben Monaten avancierten Schrotthagen zu einem der meistbeachteten Acts im Bereich elektronischer Musik.
Ihr Debütalbum „Sturm und Drang“, erschienen 2024, wurde ein internationaler Hit. Die Nachfolgeplatte „Nostalgie und Traurigkeit“ folgte 2025 und beschäftigt sich mit der Romantik und dem Verhältnis von Mensch und Natur – ein weiteres Beispiel für den inhaltlichen Anspruch des Duos.
Im „ttt“-Beitrag zeigen sich Schleip und Berg als gegensätzliches, aber perfekt aufeinander eingespieltes Team. Die Altersunterschiede scheinen keine Rolle zu spielen – im Gegenteil. „Ich finde Dieter lustig, wenn er so konzentriert arbeitet“, meint Berg im Beitrag.
Die beiden inspirieren sich gegenseitig, ihre Freundschaft wirkt authentisch und auf Augenhöhe. Ihre Musik lebt von dieser Dynamik. Für Schleip, der als Filmkomponist zahlreiche Preise gewonnen hat, ist Musik mehr als Unterhaltung:
„Musik ist das Einzige, was uns noch retten kann. In einem Club hast Du wenigstens mal zwei Stunden Ruhe.“ Dass Techno mehr sein kann als bloße Tanzmusik, unterstreicht auch Giovanni Berg:
„Techno ist eine Musik, bei der man sehr viel verarbeiten kann. In dem Moment ist es wie eine Befreiung. Du kannst loslassen und schreien, tanzen und ausrasten. Scheißegal. Eine körperliche Erfahrung.“
Schrotthagen sind nicht nur auf Social Media erfolgreich – sie füllen auch reale Räume. Clubs und Festivals in ganz Europa reißen sich um die beiden, deren cineastischer Sound live eine ganz eigene Wucht entfaltet.
Dabei bleiben sie bodenständig und suchen stets den direkten Kontakt zu ihrer Community. Authentizität ist ihr Markenzeichen. „Es gibt diesen Film ‚Up‘ (in Deutschland ‚Oben‘)“, so Schleip. „Mit dem Jungen und dem Opa und es gibt viele, die uns damit vergleichen.“
Quelle: ARD
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