Secret Solstice Festival – Högni im Interview


Vom 21. bis 23. Juni ist es wieder soweit: Das Secret Solstice – Ausgabe 2019 – geht in eine neue Runde. Hier spielen Künstler aus aller Welt. Und aus Island. Viele Lokalmatadoren und -patrioten treten in der Inselhauptstadt auf und zeigen sich musikalisch von ihrer vielfältigsten Seite. Einer davon ist Högni Egilsson alias Högni. „Kenne ich nicht?“, fragt ihr euch. „Kennt ihr wohl“, sagen wir vom FAZE-Magazin. Wieso, weshalb, warum – das erklärt sich bereits in der ersten Frage, die ich dem Multi-Instrumentalist und Sänger gestellt habe. Aber: Lest selbst.

Högni, bevor ich dich zu deiner Solo-Karriere befrage: Die meisten unserer Leser kennen dich als Sänger von GusGus. Wie hat sich das Ganze ergeben? Ich habe irgendwo gelesen, ihr hattet ein gemeinsames Interesse: Segeln.

Ja, in der Tat. Wir haben uns in den Restrooms einer Bar kennengelernt und über das Segeln geplaudert. Ich war in meiner Zeit als Teenager Segellehrer und immer vom Meer verzaubert und fastziniert. Auch von der Kraft, die Meer und Wellen auslösen. Wir beschlossen, zusammen mit ein paar Freunden auf eine Reise zu gehen. Wir fuhren einen Monat lang durch die Karibik und es war – gelinde gesagt – ein Abenteuer. Zu dieser Zeit machten wir viel Musik, das Album „Arabian Horse“ mit GusGus war die Grundlage für mein eigenes Soloalbum.

 

Und jetzt lass uns über dich sprechen. Du bist mit Musik in Kontakt gekommen, als du gelernt hast, Violine zu spielen, gefolgt von Gitarre. Du hast erste Songs geschrieben und hast das Klavierspielen für dich entdeckt. Was war der Grund für dich zu sagen „Ich werde Musiker“?

Nun, ich hatte immer das Gefühl, dass nichts – kein Job oder keine Aktivität – mit der Freude an Musik mithalten kann. Auf der anderen Seite hatte ich von klein an gespürt, dass der Mensch durch Kunst und Musik das Leben anders zu schätzen weiß, dass er sich Wissen aneignet, welches Worte nicht beschreiben können, und dass er verborgene Muster lesen kann, die abseits unseres oberflächlichen Denkens sind. Das ist die Karte, die mich bei meiner Arbeit immer wieder ausspiele. Und die ziehe ich auch immer, egal ob ich in der Garage jamme, ob ich auftrete, Songs schreibe oder aufnehme.

Im Jahr 2009 releaste die Indie-Rockband Hjaltalin, in der du Frontmann warst, ihr zweites Album „Terminal“. Fünf Singles in den Top-20 für (insgesamt) 44 Wochen. Erzähl uns doch mal: Wie produziert man einen Hit?

In jedem Musikstück steckt eine Reihe von Gesetzen. Diese Gesetze sind die Bausteine einer Form, die der darüberliegende Bogen ist; also die Geschichte. In diesem Bogen, dieser Erzählung, finden wir interne Module und Erweiterungen von Parametern; Harmonie, Melodie, Rhythmus, Klangfarbe, die intuitiv gesucht und durch eine Methode vorangetrieben werden, die sich fast archaisch anfühlt.Und wenn dieses Konstrukt entwirrt ist, ist es wie ein Naturgesetz, eine Formel, die als Lobeshymne für das Geheimnis der Schönheit dient. Allerdings gibt es nicht den ultimativen Weg, einen Hit zu produzieren Harte Arbeit, Champagner und Würstchen tragen aber ihren positiven Teil dazu bei. (lacht)

Wie hat sich dein Leben seit Beginn deiner Karriere so verändert?

A life in music is an ode to solitude and a quest of find nobody but yourself, which can be hard in a world which is doing its best, night and day, to make you everybody else.  That is the biggest battle you fight when making music.  You must unlearn the habit of being someone else or nothing at all, imitating the voices of others and mistaking the faces of others for you own.
Ein Leben in der Musik ist eine Ode an die Einsamkeit und die Suche nach niemandem, außer dir selbst. Das kann in einer Welt, die Tag und Nacht ihr Bestes gibt, hart umkämpft sein. Du musst dich anderen gegenüber beweisen. Das ist der größte Kampf, den man führt, wenn man Musik macht.  Du musst deine Gewohnheit vernachlässigen, jemand anderes zu sein. Du musst oft das machen, was andere sagen und zu dem Gesicht werden, das sie gerade haben wollen.

 

Welches war der Moment, den du nie mehr im Leben vergessen wirst?

In meiner Vergangenheit, die nichts anderes war als ewiges Chaos, gab es einige denkwürdige Momente. Einmal die Zeit, in der ich bei einer privaten Party in Moskau im Four Seasons Hotel aufgetreten bin.  Es fand in der Suite statt und der Raum war voll mit großen Pyramiden aus Baiser, und Frauen in üppigen Satinkleidern.  Ich sang mit Leidenschaft und versuchte mein Bestes, um die Aristokraten zu beeindrucken.

 

Dein letztes Werk war das Soloalbum „Two Trains“. Was war die Idee / das Konzept dahinter?

Das Konzept basiert auf der Geschichte von zwei Zügen, Minør und Pionér. Inmitten der Zerstörung auf dem Festland transportierten die beiden Lokomotiven Minør und Pionér beim Bau des Hafens von Reykjavík in den Jahren 1913-1917 Steine und Kies an die isländische Küste. Die beiden metallischen Riesen läuteten in Island ein neues Zeitalter ein. Doch schon bald – nach Beendigung der Bauarbeiten – wurden die Züge geparkt und sind seitdem nicht mehr gefahren. Jetzt erinnern sie uns nur noch an die Größe einer vergangenen Zukunft. Sie sind die einzigen Züge, die jemals die isländische Landschaft bereichert haben. Es ist eine Geschichte des Fortschritts und der Renaissance.

Du stehst im Line-up des Secret Solstice 2019. Was können wir von dir so erwarten?

Ich spiele eine Soloshow, mit Piano und natürlich mit meinem modularen Live-Setup, mit dem ich seit längerer Zeit arbeite.

Du hast mal gesagt, dass dich das Secret Solstice irgendwie magisch anzieht. Was genau fasziniert dich so an diesem Event?

Es ist ein phänomenales Festival, das zu einem Zeitpunkt stattfindet, an dem die Sonne ihren Höhepunkt erreicht hat. Und das spiegelt sich auch in der Atmosphäre wider, in der die Menschen wie Pferde in der Wildnis herumlaufen.  Die Musik zeigt alles, was die isländische Musikszene zu bieten hat und bringt Künstler, die die Weltbühne bereisen und mit ihrer Kunst und ihrem Charme wegweisend sind.  Es ist ein wichtiges Ereignis in unserem Kalender und ich persönlich hatte immer eine tolle Zeit, wenn ich dort war.

Hast du schon mal hier gespielt? Und: Wie würdest du die isländische Musik- und Clubszene beschreiben?

Ich habe dort mehrmals mit meinen beiden Bands GusGus und Hjaltalin sowie solo gespielt.  Aufgrund der Isolation des Landes und des vielfältigen genetischen Pools verhält es sich wie ein Mikrokosmos, in dem verschiedene Charaktere mit unterschiedlicher sozialer Herkunft leicht Aufmerksamkeit erregen und ihre Geschichten hören lassen können. Das schafft eine musikalische Landschaft, die kunstvoll und frei ist.

Stichwort „andhim“. Mit den Jungs hattest du eine Kollaboration. Beschreib doch mal die Produktionsprozess, wie der Track „Stay Close To Me“ entstand und wie du mit Simon und Tobias in Kontakt getreten bist.

Simon und Tobias haben sich mit mir in Verbindung gesetzt, nachdem wir uns bei einem Festival in Österreich getroffen haben.  Sie bewunderten meine Arbeit, und zunächst wollten wir, dass wir einen Remix angehen, beschlossen aber dann, etwas Originelles zu schaffen. Die beiden sind talentierte Produzenten und ich mag ihre Einstellung zur elektronischen Musik.

 

Letztes Shouting an die FAZE-Leser?

Ich habe am 16. Mai ein Konzert im Groß-Planetarium Berlin, das mit einem Streichquartett aufgeführt wird. Infos unter www.planetarium.berlin.

www.secretsolstice.is

Secret Solstice // 21.-23.06.2019 // Reykjavik (Island)

Weitere Infos zu Secret Solstice findet ihr hier:
Secret Solstice Island: Höhlen-Rave mit Martin Garrix
Secret Solstice Island: Neue Namen im Line-up – Kerry Chandler, Rita Ora, Morcheeba etc.