Sennheiser MD-421 Kompakt – von Daft Punk bis Thomas Gottschalk

Sennheiser MD-421 Kompakt – von Daft Punk bis Thomas Gottschalk

Elektronische Musik und Mikrofone sind natürlich so eine Sache. Wer mit 14 Jahren angefangen hat, unzählige Plug-ins zu cracken und dann mit 17 Jahren bereits ein semi-professioneller xfer-Serum-Freak war — für diesen Zeitgenossen ist es vielleicht erst einmal weiter weg, dass man auch Sounds da draußen außerhalb seiner DAW findet. Und so kommt es, dass nicht wenige Kolleg*innen bei ihrer ersten Aufnahme ein spannendes Setup, bestehend aus einem Gamer-Headset, benutzt haben. Und das natürlich in einer der streetkredibilsten Recording-Boothes: im Kleiderschrank. Wir verstehen den Ansatz, aber ganz so rough muss es doch nicht sein. Die Frage ist nur – welches Mikrofon liefert jemandem ohne viel Vorwissen direkt gute Ergebnisse, hält ewig und ist vor allem bezahlbar? Gibt es eins, mit dem erstmal einiges sehr gut klingt, ohne dass man sich allzu lange mit Empfindlichkeit, Richtwirkung oder Polardiagrammen beschäftigen muss?

Manche sagen hier, ja. So gibt es zum Beispiel auf Equipboard, dem Blog, auf dem man die Studio-Setups und Produktionsgeheimnisse großer Acts studieren kann, erste Hinweise: Ein Blick in die Gear-Listen geneigter Musiker wie die Beatles, Nirvana und Tame Impala haben das gleiche Mikrofon immer wieder benutzt wie auch die elektronischen Connaisseure um Daft Punk, Thom Yorke oder Aphex Twin. Und auch nicht zu vergessen sind etwa Udo Jürgens und Thomas Gottschalk. Die Konstante zwischen den Anfängen des Rocks, alten Showmastern und Intelligent Dance Music ist ein Allround-Mikro — das Sennheiser 421.

1960 auf den Markt gebracht, war es eines der ersten Mikrofone, das einerseits sehr robust und livetauglich gebaut war, gleichzeitig aber auch ziemlich lebendig und natürlich klang. Und so war das erste Sennheiser MD-421 jahrzehntelang auf Bühnen, Rednerpulten und im Studio unterwegs, gerade weil es gleichzeitig den hohen Schalldruck einer Bassdrum aushalten konnte, aber auch eine brillante Frequenzkurve hatte. Manche benutzten es zur Aufnahme von elektrischen Gitarren, einige als Gesangmikrofon und ganz viele typischerweise als Tom-Mikrofon des Schlagzeugs. Und gerade so ein Allrounder wurde doch in der Einleitung gesucht.

Umso interessanter ist es dann doch, dass Sennheiser nun eine kompakte Neuauflage des MD-421 herausgebracht hat, die rund 270 Euro, also deutlich weniger als das ohnehin günstige MD-421 ii kostet. Das MD-421 Kompakt ist kleiner, leichter und kommt mit einem Montageclip für die „Felgen“ von Drum- und Percussion-Instrumenten, der einen Einsatz ohne Stativ ermöglicht. Das kleinere Modell ist nicht nur gut für den Preis, sondern auch für das Spielgefühl beim Trommeln: Je größer das Mikrofon, desto eher bekommt es bei Schlaginstrumenten auch mal etwas ab. Ansonsten sind aber die gleichen Kapseln verwendet worden — somit sind der Frequenzgang und die Richtempfindlichkeit bei der größeren und der kleineren Version gleich.

 

Vergleich mit Kondensator-Mikrofon

Um den Sound zu vergleichen, habe ich das MD-421 mit einem der weitverbreitesten dynamischen Mikrofone, dem Shure SM57, und einem der beliebtesten Großmembran-Kondensator-Mikrofone, dem AKG C414, verglichen.

Denn dynamische Mikrofone stehen nicht gerade für Filigranität, Luftigkeit und vor allem Natürlichkeit. Das ist eher der Bereich der teilweise zehnfach teureren Kondensator-Mikrofone.

Und das stellte sich dann auch im Test heraus, als ich typische Aufnahmen für elektronische Musik machte: Percussions wie Shaker, Congas und Cymbals, leisere Alltags-Foleys wie Schnipsen, Mouth-Percussions oder Klatschen sowie Vocals und E-Gitarre.

Die Aufnahmen des SM57 konnte man ohne einen kosmetischen Aufwand nicht gut verwenden, da sie eher harsch, stark mittenbetont und nicht natürlich klangen. Um diese Recordings im Mix nach vorne zu bringen, brauchte es also einiges an EQing und anschließendem Exciting.

Natürlich hat das AKG C-414 mit einem Preis von über 1.000 Euro anschließend eine sehr gute Figur gemacht.

Und dann kam das Sennheiser MD-421 Kompakt und ich war wirklich überrascht, wie gut die Sounds im Mix saßen. Eigentlich eines der Hauptargumente beim Kauf von Equipment: Es muss ohne viel Aufwand gut klingen. Und damit Zeit sparen für die kreativen Dinge im Studio.

Die Percussions klangen sehr dynamisch, die Congas wurden in ihren eher tieferen Resonanzen gut abgebildet und klangen auch fein in den sanfteren Passagen.

Den Sound meiner Stimmte konnte ich sehr gut im Track einbauen, ohne am Klangbild viel ändern zu müssen. Auch das „Worldizen“, also das Re-Recording von Geräuschen aus der DAW, die man über die Lautsprecher ausspielt und nochmal aufnimmt, klangen top.

Für die allerleisesten Geräusche wie Mouth-Percussions würde ich eher Kondensator-Mikrofone benutzen, die dann doch etwas sensibler sind. Doch für alles andere – Percussion, Vocals, Instrumente – hat das MD-421 Kompakt das Potenzial, zum neuen Standard in meinem Studio zu werden. Besonders, wenn mehrere Percussion-Instrumente gleichzeitig aufgenommen werden, sorgt die Nierencharakteristik dafür, dass die Signale gut voneinander getrennt bleiben. Auf der Bühne sorgt das, zusammen mit einer nicht zu hohen Empfindlichkeit, für eine große Resistenz gegenüber Rückkopplungen.

Apropos Bühne: Achtet hier und beim Recording darauf, dass das Mikrofon auf einem Stativ ist, denn gegenüber Handling-Noises ist es ziemlich empfindlich.

 

Fieldrecordings

Am nächsten Tag wurde das MD-421 in einem weiteren interessanten Bereich getestet: Fieldrecordings. Hier braucht es oft auch dynamische Mikrofone, die den Schalldruck lauter Geräusche aushalten können. Ein zweiter Vorteil ist der sehr geringe Verbrauch des Akkus des mobilen Recorders durch die nicht gebrauchte Phantomspeisung, die Kondensator-Mikrofone brauchen, um zu funktionieren. Drums auf Blechtonnen, ausgefallene Instrumente einer benachbarten Percussion-Werkstatt sowie Fußschritte von Tänzern wurden an diesem Tag aufgenommen. Beim Anhören im Studio merkte ich, wie die Wucht der Aufnahmen sehr gut abbildet wurde, ohne ansatzweise zu verzerren. Geräusche wie das entfernte Rauschen von Verkehr kamen dabei nicht stark in die Aufnahme.

Fazit

Wenn es im Studio nur ein bezahlbares Mikrofon geben darf, ist das MD-421 Kompakt eine ernsthafte Option. Gerade weil in der elektronischen Musik Recording, Echtheit und organische Elemente immer relevanter werden, ist es ein Werkzeug, das Produktionen mühelos eine eigene Handschrift verleiht. Der Shaker-Groove kann auch mit einer Kaugummipackung entstehen, die Claps lassen sich selbst aufnehmen, und eine Melodie kann man mit den eigenen Vocals doppeln. Hat man ein gutes Mikrofon zur Hand, dem man vertraut, ist der Weg dorthin plötzlich gar nicht mehr so kompliziert.

Aus dem FAZEmag 163/09.2025
www.sennheiser.com