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Hard Techno wird wieder gefeiert! Seit einiger Zeit hört man den repetitiven und maschinellen Hard-Techno-Sound aus allen Ecken: Die Welle, die vor allem aus Frankreich durch das Kollektiv „Possession Techno“ ins Innere des Kontinents geschwappt ist, breitet sich nun gepflegt in allen Facetten über Europa aus. Wir von den SINEE Studios interessieren uns natürlich dafür, wie dieser moderne, harte Techno-Sound gemacht wird. Vor allem aber schauen wir uns die Drums ganz genau an. Wir starten bei der Kickdrum und arbeiten uns in dem Artikel bis zu den Hi-Hats vor und geben euch Tipps, worauf es bei rollenden Hard-Techno-Drum-Grooves ankommt!
Kickdrum
Kommen wir erst einmal zur Kickdrum! Ihr braucht eine Kick mit einem ziemlich harten Transienten, die sich später durch die Rolling Percussion und die Hats durchsetzen kann. Wir empfehlen euch, mit verschiedenen Layern zu arbeiten. Dupliziert die Kickdrum, die ihr euch ausgesucht oder selbst erstellt habt und schneidet alle tiefen Frequenzen mit einem EQ ab. Nehmt euch von Ableton den Amp und probiert die verschiedenen Algorithmen aus. Mit den Modi Clean, Boost, Blues und Rock bekommt ihr diese harte und im Spektrum hochsitzende Transiente mit einem Hauch Crisp sehr schön hin! Der Presence-Regler holt euch die Transiente im Präsenzbereich noch einmal nach vorne. Gleiches könnt ihr mit dem Drum Bus und dem Transients-Regler noch einmal verstärken und die Transiente in die Länge ziehen. Es kann gut sein, dass scharfe Resonanzen oberhalb der 6-Kilohertz-Grenze hinzukommen. Schneidet diese nicht ganz raus, denn sonst gehen euch die Härte und der Crisp der Transiente verloren; sorgt nur dafür, dass der Track nicht in den Ohren schmerzt, wenn man ihn auf großen Systemen spielt.
Jetzt kommen wir zum Lowend der Kickdrum! Da wir bei 140 bpm Minimum wenig Platz zwischen den Kick-Schlägen haben, bietet sich ein einfacher Rumble-Groove an. Entweder ihr programmiert einen einfachen Offbeat-Rhythmus in das Piano Roll ein oder ihr stellt den Delay so ein, dass der Rumble nicht allzu komplex rollt: Einfach und repetitiv ist hier unser Motto!
Erstellt euch hier wieder eine Signalkette, mit der ihr den Rumble-Layer extra bearbeiten könnt. Wichtig im Hard-Techno-Sound ist auch, dass der Rumble nicht sauber klingt wie bei Deep-Tech-Nummern. Bringt also mit Distortion-Processing ordentlich Dreck in den Rumble rein! Mit dem Ableton Amp, Overdrive und Pedal lassen sich die Verzerrung und die Textur einfach erzeugen. Mit etwas Reverb und Delay könnt ihr dem Rumble einen einfachen, rollenden Groove verpassen, der treibend anschiebt und auch gerne mal etwas höher im Spektrum sitzen darf.
Distorted Percussion Loop
Es gibt mehrere Möglichkeiten, den schranzigen, rollenden Percussion-Loop zu erzeugen. Ihr könnt einen Percussion-Loop selbst programmieren oder einen bestehenden aus einem Loop-Pack hernehmen. Ideal sind dafür auch Amen-Breaks, denn hier sind meistens genug Percussion-Elemente vorhanden, sodass genügend Material vorhanden ist. Wichtig ist, dass der Percussion-Loop die hohen Mitten im Spektrum ausfüllt und so High- und Lowend im Track zusammenkittet.
Die drei wichtigsten Zutaten sind dann Delay, Distortion und Glueing! Delay, um das Repetitive zu unterstützen, das sehr wichtig für den Distorted Perc Loop ist und Distortion, um den Schranz-Charakter in den Sound zu bringen.
Für das Hard-Techno-typische Pumpen solltet ihr natürlich auch an Sidechaining denken. Das könnt ihr in Ableton Live auch ganz leicht mit Auto Pan realisieren, indem ihr das Tool zweckentfremdet. Stellt die Phase des Effekts auf 0 und die Rate auf 1/4. Wählt als Wellenform den Sägezahn und legt den Schalter von Normal auf Invert um. Mit den Parametern Amount und Shape könnt ihr euch jetzt an den Sweet Spot herantasten und euren Hard-Techno-Percussion-Loop zum Pumpen bringen!
Mit dem Glue Compressor in Ableton Live klebt ihr den Percussion-Loop zusammen. Richtig coole Ergebnisse erzielt ihr, wenn ihr zusätzliche Bassfrequenzen in den Kompressor schickt. Nehmt einfach die Kickdrum, mit der ihr im Projekt arbeitet, dupliziert sie und legt diese dann in der Percussion-Gruppe ab. Filtert mit einem Equalizer die Höhen und Mitten weg, denn für unseren Trick brauchen wir nur Bassfrequenzen, die auf Vier-Viertel schlagen. Auf der Gruppe liegt der Kompressor, der jetzt durch die zusätzlichen Bassfrequenzen anders greift. Hinter dem Kompressor sollte aber wieder ein Equalizer liegen, der die Bassfrequenzen rauszieht. Ziel des Tricks ist, den Kompressor durch Bassfrequenzen so anzusprechen, dass die Mitten und die Höhen schön zusammen geklebt werden.
Hi-Hats
Das Wichtigste bei der Hi-Hat-Gruppe ist Noise! Texturiert eure Hi-Hats mit Abletons Erosion, Vocoder oder Pedal, um richtig dreckige Hat-Grooves zu erzeugen. Rhythmisch gesehen ist auch hier Repetition die Lösung! Komplexe Hi-Hat-Grooves finden wir recht selten im Hard-Techno-Sound, es sind wieder die einfachen Rhythmen, die erst in der Verzahnung mit den anderen Sounds einen antreibenden Groove ergeben.
Clap/Snare
Wenn in modernen Hard-Techno-Tracks ein Element auf der 2 und 4 kommt, dann haben wir es meistens mit einer Snare oder einer gelayerten Mischung aus Clap und Snare zutun. Typische 909 Claps wie im House finden wir hier nicht. Wenn ihr mit eurem Thema und eurem Sounddesign eher im Industrial Hard Techno angesiedelt seid, bietet sich eine Snare mit harter Transiente, viel Noise und langem Tail an. Durch den langen Tail wird die Betonung auf die schweren Zählzeiten 2 und 4 noch mehr unterstützt, was in der Industrial-Welt unheimlich wichtig ist.
Arrangement
Im Hard Techno wird die Clap/Snare auf der 2 und 4 im Arrangement dann eingesetzt, wenn man für den rollenden Beat einen Kontrast schaffen will. Abwechslung erzeugen wir im Hard Techno nämlich vor allem mit dem Arrangement: Dazu gehören Kick-Cuts, Filterfahrten und das Hinzukommen und Weglassen von verschiedenen Drum-Elementen. Bei Letzteren bieten sich Clap/Snare, Open Hi-Hat und Ride extrem gut an. Durch das Hinzukommen und Weglassen der Hats und Rides bzw. der Höhen erschaffen wir einen Kontrast und erzeugen so genau den Drive, den ein Hard-Techno-Arrangement anschiebt.
Bei den Clap/Snare-Elementen entsteht der Kontrast dadurch, dass die Betonung auf der 2 und 4 dafür sorgt, dass der rollende Hard-Techn- Groove hart durchschnitten wird. So entsteht im gesamten Track ein Wechsel zwischen rollend und stompy – die Raver*innen auf der Tanzfläche werden es garantiert lieben!
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Aus dem FAZEmag 117/11.21
Text: Fafi
www.sinee.de/