GU – seit 18 Jahren sind diese beiden Buchstaben ein Markenzeichen in der elektronischen Musikszene. Los ging es damals mit Tony De Vit und „Tel Aviv“, und nach einer vierjährigen Pause kehrt „Global Undergrund“ fulminant zurück – mit der Hamburger Ausgabe, gemixt von einem Hamburger: Solomun. Die bisherige Karriere des gebürtigen Bosniers darf man durchaus als steil bezeichnen, mit seinen Produktionen, seinen Labels Diynamic und 2DIY4 und zahlreichen DJ-Gigs inklusive eigener Ibiza-Residency ist er mittlerweile ein sehr erfolgreicher Global Player.
Neben der DJ-Kicks ist die Global Underground-Serie sicherlich die wichtigste und bekannteste Mix-Reihe. Was hast du gedacht, als die Anfrage kam?
Ich dachte: ‚Hammer!‘ Und hab mich natürlich auch geehrt gefühlt. Dicht gefolgt von der Frage: ‚Ach du Kacke, was nehm’ ich nur auf die Compilation drauf?‘ Aber mir war natürlich sofort klar, dass ich das machen will und habe mir dann auch sehr viel Zeit mit der Auswahl gelassen.
Was sind deine ersten Erinnerungen an die Serie, gibt es da einen Favoriten?
Ja, die Nummer 23 von James Lavelle. Die Platte hab ich gerne gehört, weil ich ein, zwei Tracks ganz gut fand zum spielen. Die anderen habe ich ehrlicherweise nicht wirklich gehört, habe aber natürlich den Hype mitbekommen, wer als Nächster dran ist und so weiter.
Gab es generell eine bestimmte Mix-CD, die dich in deinen DJ-Anfängen beeinflusst hat?
Also was mir ganz spontan einfällt, ist ein Mix von DJ Hell: „Electronicbody-Housemusic“ aus dem Jahr 2002. Den Sound verbinde ich mit seinen Gigolo-Nächten im Café Moskau, das waren schon echt beeindruckende Partys und ein toller Sound.
Launch-Party war der Closingabend vom EGO. Fünf Jahre Club sind nicht wirklich in ein zwei Fragen/Antworten zu packen, aber was sind denn spontan deine wichtigsten Erinnerungen?
Das war ein ganz besonders emotionaler Abend, denn natürlich steckte in jeder Ecke des EGO ganz viel Herzblut. Wir haben den Club ja quasi als Familienunternehmen betrieben, zusammen mit meinem Partner Adriano und vor allem mit meiner Schwester Magdalena, die das Tagesgeschäft gemacht hat. Meine wichtigsten Erinnerungen? Das ist bei einem Club naturgemäß schwer zu sagen, haha. Aber eigentlich der Freitag in der Woche nach der Eröffnung. Da hatten wir auf letzte Minute Morgan Geist gebucht und es waren nur 150 Leute da. Und die Party war unfassbar toll, wahnsinnige Atmosphäre, und ich habe die ganze Nacht getanzt. Ab da wusste ich, ich muss mir keine Sorgen mehr machen. Und natürlich der Abend des Openings, wo auch meine Eltern beide da waren, noch bevor die Türen geöffnet wurden standen wir mit einem Glas Sekt da und irgendwie waren wir sehr stolz, obwohl wir natürlich noch nicht wissen konnten, wohin die Reise geht.
War das mit dem der Launch-Party auch in dem Sinne geplant „Etwas (EGO) geht, etwas Neues (GU) kommt …“?
Das wäre jetzt übertrieben, aber natürlich freue ich mich über den glücklichen Zufall, dass jetzt auch alleine durch das toll gestaltete Booklet der Compilation dem EGO an seinem letzten Abend ein kleines Denkmal gesetzt wurde.
Als ihr losgelegt habt, mit was für einer Erwartungshaltung seid ihr gestartet?
Der Anfang des EGOs markierte ja das Ende einer längeren Reise: Wir hatten vorher schon selber DIY-Partys in Hamburg in verschiedenen Clubs veranstaltet, dann hatten wir selber den RODIY e.V. gegründet, um dort Partys zu machen und irgendwann hat sich die Gelegenheit geboten, da haben wir zugeschlagen. Wir wollten einfach einen Club machen, in den wir selber gerne gehen würden, wo die Musik läuft, die uns gefällt und dort die Leute treffen, die wir mögen. Ich glaube, so fängt wahrscheinlich jeder kleine Club an. Und dass das dann auch noch so gut funktioniert hat, ist natürlich toll gewesen.
Es soll ja unter neuem Namen und unter neuer Leitung weitergehen. Kannst du dazu etwas sagen?
Nur so viel: ein sehr, sehr guter Freund des Hauses, man könnte sogar sagen, ein Diynamic-Familienmitglied wird den Club unter neuem Namen* jetzt schon ab September wieder eröffnen und sehr in unserem Sinne weiterführen. Oder … ach Quatsch, ich erzähl’s euch: H.O.S.H. übernimmt den Laden, das wird super! Und wir hätten den Laden auch nicht zugemacht, wenn wir nicht gewusst hätten, dass er ihn übernimmt, dafür liegt uns die Szene in Hamburg zu sehr am Herzen.
Zurück zu GU, wie hast du dich auf die Mixe vorbereitet, bzw. was für ein Konzept, eine Herangehensweise hast du dir zurechtgelegt?
Es ist ja heutzutage eigentlich unmöglich, eine Compilation mit Tracks zu machen, die vorher noch nie auf einer anderen Compilation waren, dafür gibt es einfach mittlerweile viel zu viel überall und permanent verfügbare Musik. Deshalb habe ich mich für Tracks entschieden, die ich mag, die ich spiele und die ich auch selber zu Hause hören würde.
Wie bist du bei der Trackauswahl vorgegangen?
Ich glaube, wir hatten so um die 60 Tracks ausgewählt und versucht zu lizensieren. Dabei sind natürlich auch Tracks weggefallen und neue dazugekommen, am Ende kam eben das raus, was jetzt fertig ist. Und ich bin tatsächlich sehr zufrieden damit.
Ich war froh, dass ich zwei CDs mixen konnte, denn CD 1 ist jetzt etwas ruhiger und melodischer geworden, alles in allem auch etwas für zu Hause. CD 2 ist dann techiger – also was ich unter techiger verstehe – und mehr für den Dancefloor geraten.
Und wie kam es zu den unterschiedlichen Ausrichtungen der beiden Mixe?
Ich war froh, dass ich zwei CDs mixen konnte, denn CD 1 ist jetzt etwas ruhiger und melodischer geworden, alles in allem auch was für zu Hause. Und CD 2 ist dann techiger, also was ich unter techiger verstehe, mehr was für den Dancefloor geraten.
Wenn du an deinen Watergate-Mix denkst, was ist der größte Unterschied zur jetzigen Mix-CD?
Ich würde sagen, der jetzige Mix ist etwas weniger eklektisch geworden als der Watergate-Mix. Und insgesamt gibt es zwar auch schöne Melodien, Harmonien und auch Vocals, aber eben auch gefühlt mehr Techno und Techhouse. Ich denke, wenn man beide CDs jeweils betrachtet ist das insgesamt recht homogen, die eine eben verträumter und die andere dafür etwas fordernder.
Hamburg. Einen schöneren Titel hättest du dir kaum ausdenken können, oder? Was genau bedeutet dir die Stadt und was willst du dort nie missen?
Ich bin zwar nicht in Hamburg geboren, aber dort aufgewachsen. Hamburg ist also für mich Heimat und wird das auch immer sein, egal wie viel ich unterwegs bin und egal, wo ich zu Hause bin. Meine Familie und die meisten meiner Freunde leben da, ich kenne jede Ecke, jede Strasse und deshalb war auch klar, dass mein Global Underground-Mix nur Hamburg gewidmet sein kann.
Aber mittlerweile lebst du in Luxemburg?
Luxemburg ist wirklich ein schönes kleines Dörfchen, wo man ganz in Ruhe leben kann. Und wenn ich dann mal frei habe, finde ich es da auch wirklich entspannend.
Die Ibiza-Saison biegt langsam auf die Zielgerade ab, du bist ja jede Woche mit deiner „+1“ Party im Pacha am Start. Kannst du schon ein kleines Zwischenfazit ziehen?
Ich muss sagen, dass ich mich darüber ganz besonders freue. Denn der Laden ist immer gerammelt voll, die Stimmung ist toll und alle meine ganz besonderen „+1“-Gäste gehen immer mit einem fetten Grinsen nach Hause oder noch mit mir zur Afterparty, weil das einfach einen Riesenspaß macht, in der Mitte der Tanzfläche zu stehen und aufzulegen. Auch und gerade Künstlern, die bis dahin mit dem Pacha bisher nicht so arg viel anfangen konnten. Von daher bin ich sehr glücklich und dankbar, wie es diesen Sommer läuft. Es läuft sehr gut, ein sehr professionelles Team, und Ibiza ist natürlich so ein Fall für sich – ob man jetzt in Pacha Clubs außerhalb von Ibiza spielen wollen würde, das ist noch mal ne ganz andere Geschichte.
2009 hast du dein bisher einziges Artist-Album „Dance Baby“ veröffentlicht, Gibt es Pläne für ein neues Album, arbeitest du schon daran?
Gefühlt arbeite ich immer daran. Ich hatte sogar Anfang des Jahre mal produktionsmäßig einen kleinen Lauf und da sind so Sachen entstanden, Skizzen und Ideen, die irgendwie ganz gut zusammen gepasst haben – und für einen kurzen Moment hatte ich die Vision eines zweiten Albums klar vor mir. Dann aber ging das Touren wieder los und ich setze mal darauf, Anfang nächsten Jahres, wenn ich wieder ein paar Monate Auszeit vom Spielen nehme, wieder einen kleinen Lauf zu haben. Und wer weiß, vielleicht stellt sich die Vision dann auch wieder ein.
Was werden wir demnächst auf Diynamic und 2DIY4 erwarten können?
Eine Compilation mit 16 Tracks von neuen Künstlern, die zum größten Teil noch nirgendwo sonst veröffentlich haben. Darüber freue ich mich ganz besonders, denn da sind viele tolle neue Entdeckungen dabei. Wer weiß, vielleicht ist da ja auch schon potentieller Zuwachs für die Familie mit dabei. Besonders interessant fand ich, dass die meisten der Künstler aus Italien und Frankreich kamen und ein wirkliches Talent sogar aus Neu-Delhi. Dann kommt noch ein anderes Projekt „Diynamic Revisited“, bei dem Diynamic-Artists ältere Label-Tracks remixen. David August hat den Anfang gemacht und „Last Day“ (Kollektiv Turmstrasse) sowie „Der Schmelz“ (Stimming) geremixt.
Hast du noch Kontakt zu Friedrich Liechtenstein, hast du sein neues Album gehört?
Ja, hab ich reingehört, war aber eher nichts für mich. Aber der Feuilleton feiert es ja ganz schön ab und um sein „Supergeil“-Image abzustreifen, ist es wahrscheinlich auch genau das Richtige.
Aber ich habe natürlich Friedrichs jüngsten medialen Aufstieg in der letzten Zeit verfolgt. Was mich dabei nur gewundert hat ist: Ich bin ja sehr eng befreundet mit den beiden Jungs, die hinter „Supergeil“ stecken (die haben ja auch Kackvogel-Video gemacht) und in keinem Interview mit Friedrich habe ich gelesen, dass er sie positiv oder überhaupt erwähnt. Da sind ja alle abgefeiert worden: die Werbeagentur, EDEKA oder eben Friedrich selber , nur nicht die beiden, die das alles im Hintergrund gemacht haben. Das fand ich schon ein bisschen merkwürdig.
Und die Friedrich ja auch auf eine Art weltweit berühmt gemacht – aber alles, was ich danach mitgekriegt habe, so was wie ZDF-Morning Show oder so passte irgendwie nicht zu ihm, war irgendwie komisch, so zwischen klatschenden Rentnern sehe ich ihn mit seiner Musik irgendwie nicht. Aber da soll sich jeder selber ein Bild von machen und ich wünsche ihm natürlich nur Gutes.
KURZ & KNAPP:
Meine erste 12Inch … „Step by Step“ von New Kids On The Block, zum Geburtstag bekommen.
Mein erster Plattenspieler … ein damals schon alter Dual-Plattenspieler
Mein erster Gig … Haus der Jugend Hamburg-Eimsbüttel, ich war 15 oder 16 und habe HipHop und Funk gespielt.
Meine erste Gage … weiß ich nicht mehr.
Meine kurioseste Gage … eine Übernachtung.
Ein Talisman/Glücksbringer, den ich immer auf meinen Reisen dabei habe … Talisman nicht. Aber um meinen Hals trage ich immer ein Kette mit einem Kruzifix, die beschützt mich.
Dieses Album höre ich gerade sehr gerne … ich habe Manu Chao wieder entdeckt, also Manu Chao „Clandestino“.
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www.globalunderground.co.uk // www.diynamic.com
FAZEmag 032/09.2014 // Tassilo Dicke