Spartaque – Balance-Akt

 

Es war der 16. Dezember 2021, als wir zuletzt mit Vitalii Babii aka Spartaque ein Interview führten. Nur wenige Wochen später legte die Corona-Pandemie nicht nur den Kultursektor und damit sämtliche Clubs lahm, sondern gefühlt den gesamten Planeten. Dass die Pandemie im Leben des Ukrainers recht schnell in Vergessenheit geraten würde, ahnte bis zum 23. Februar 2022 niemand, ehe nur einen Tag später Russland in die Ukraine einmarschierte. Für Spartaque selbst bedeutet die Zeit seitdem einen messerscharfen Balance-Akt zwischen purem Menschsein und den Gedanken und Sorgen an und um seine Familie einerseits sowie andererseits dem Leben als Künstler, der gerade zu einem der gehyptesten in seinem Fach gehört, dadurch nahezu jedes Wochenende ein anderes Land bereist und dabei nur eine Mission verfolgt: das Publikum aus dem Alltag zu entführen und jedem Anwesenden für einige Stunden ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern, selbst wenn die eigene Familie in der Heimat dieses schon lange verloren hat. Mit seiner IAMT Music Group ist er schon vor einigen Jahren vom Künstler zum Unternehmer avanciert, das Brand hat in den letzten Jahren an ungeheure Fahrt aufgenommen. Aktuell veröffentlicht Spartaque ein Mini-Album mit einem hybriden Sound aus Hard-Techno und Techno. Wir haben ihn zum Interview gebeten.

Vitalii, schön, dich zu sprechen.

Hallo zusammen, vielen Dank für die Einladung zu diesem Interview. Das Jahr hat wirklich aufregend angefangen und war schon bis April voller Highlights, Events und Ereignisse. Das wohl Wichtigste war meine US-Tour im Januar. Ich habe in San Francisco und San Diego debütiert und beide Partys waren fantastisch. Ich hatte die Ehre, die Decks mit Trym und Fatima zu teilen, die ein bisschen härter spielen als ich. Das hat mir die Augen geöffnet, um neue Projekte und Labels zu entdecken.

Wie genau sehen diese Erkenntnisse für dich aus?

Zum Beispiel in der Entwicklung meiner Auftritte hin zu hybriden Sets mit Peak-Time-Techno und meiner Mischung aus hartem Techno, eine große Anzahl neuer Releases im Frühjahr und natürlich die Veröffentlichung des aktuellen Mini-Albums auf meinem Label Codex, das aus fünf Tracks besteht und ebenfalls das für mich neue Genre-Hybrid-Format fördert.

Das letzte Mal haben wir im Januar 2020 gesprochen, einige Wochen, bevor Corona die Welt zum Stillstand brachte. Seitdem wurden der Planet und vor allem die Ukraine aufgrund des Krieges auf den Kopf gestellt. Wie würdest du die Zeit seither rekapitulieren?

In den drei Jahren, die seit unserem letzten Gespräch vergangen sind, hat sich die Welt in der Tat auf den Kopf gestellt. Es sind viele verrückte, unglaubliche und absolut unvorhersehbare Ereignisse passiert. Ich erinnere mich noch sehr gut an unser Gespräch kurz vor Ausbruch der Pandemie. Als Covid begann, schien es mir, dass es auf dieser Welt nichts Schlimmeres geben könnte, aber am 24. Februar 2022 zeigte sich, dass die Pandemie gar nicht so schlimm ist, verglichen mit dem, was meine Verwandten, meine Familie, meine engen Freunde, viele Bekannte und die Menschen in meinem Land insgesamt erlebt haben bzw. noch immer erleben müssen. Um ehrlich zu sein, fiel es mir 2022, nachdem der Krieg begonnen hatte, sehr schwer, wieder auf Tour zu gehen. Ich fühlte mich ständig schuldig, weil ich nicht in der Ukraine war, weil ich nicht zu den Waffen griff, um mein Heimatland und meine Familie zu verteidigen. Auch wenn das verglichen mit Menschenleben in keinem Verhältnis steht, gab es im selben Zeitraum auch viele wichtige Ereignisse in beruflicher Hinsicht, wie die Entwicklung meines Unternehmens, der Start neuer Projekte, die Veröffentlichung neuer Musik.

Das klingt nach extrem gemischten Gefühlen.

Und wie. Covid hat mich stärker gemacht, weil ich verstanden habe, wie ich meine Sachen flexibel ändern und mich auf wichtige Dinge konzentrieren kann, die mich und meine Familie ernähren. Der Krieg in der Ukraine hat gezeigt, wie ein ganzes Land sich mobilisieren kann und wie völlig Fremde sich gegenseitig helfen können. Ich bin sehr dankbar für das, was Europa und vor allem Deutschland für die Ukraine tut. Ohne diese Unterstützung würde die demokratische Ukraine nicht existieren. Diese beiden Ereignisse sind absolut schwarze Meilensteine, die uns alle definitiv stärker, klüger, freundlicher und kreativer machen werden. Daran glaube ich fest.

In unserem damaligen Interview haben wir darüber gesprochen, dass du nicht nur als Künstler sehr erfolgreich bist, sondern mit IAMT auch eine Art Unternehmer geworden bist. Wie hat sich die Company in dieser Zeit entwickelt?

Das Geschäft ist für mich genauso interessant wie die Arbeit als DJ oder Künstler im Allgemeinen. Ich fühle mich großartig dabei, die IAMT Music Group zusammen mit meinem Partner zu entwickeln, aber nicht alles ist einfach und manchmal gibt es schwierige Phasen, die es uns ermöglichen, einige Strategien und Schritte zu überdenken, den Stand der Dinge zu analysieren und schließlich noch besser zu werden, als wir es zuvor waren. Aktuell hat das Unternehmen etwa 20 aktive Plattenlabels und wir denken darüber nach, wie wir weiter expandieren und wachsen können, um die Produktivität und Effizienz zu steigern. Zum Unternehmen gehören nicht nur Musiklabels, sondern auch die YouTube-Kanäle Radio Intense, DJanes.net und Electronic Space. Wir bemühen uns, einen Service für das Filmen von Festivals zu entwickeln, und einer unserer wichtigsten Kunden ist das niederländische Hard-Techno-Festival Verknipt. Ich finde diese Geschäftsrichtung sehr attraktiv, zurzeit arbeiten elf Leute bei uns, die Hälfte davon in der Ukraine und die andere Hälfte in Barcelona. Die IAMT Music Group ist ein fantastisches Team mit einem Mix aus tollen Projekten im elektronischen Kosmos.

Eine absolut grandiose Entwicklung.

Ja. Ich glaube, vor drei Jahren, als wir uns das letzte Mal unterhielten, hatten wir drei oder vier Labels, jetzt sind es 20. Letztes Jahr waren es sogar 30, aber einige Projekte haben wir beendet bzw. wurden auf Eis gelegt. Du startest ein Projekt, machst einen Strategietest, überprüfst, was funktioniert und was nicht, und optimierst dann die Prozesse, indem du Unnötiges weglässt. Ich freue mich immer darauf, etwas Neues auf den Weg zu bringen. Eines der aktuellsten Projekte, das ich für sehr erfolgreich halte, ist unser gemeinsames Label mit Ramiro Lopez, das Union Three heißt. Das Konzept dieses Labels ist, dass wir immer Kollaborationen veröffentlichen. Die Idee des Labels steckt schon im Namen – Union Three, die Vereinigung von drei Leuten: Ramiro und Antonio – Ramiros Bruder – und mir. Ich finde es sehr cool, wenn das Label ein Konzept, eine Idee und eine Geschichte hat, wenn es nicht nur heißt „Ich bin so ein toller Künstler und ich will mein eigenes cooles Label“. Da ich schon so lange mit Labels gearbeitet habe, bin ich davon überzeugt, dass man die Geschichte des Projekts von Anfang an durchdenken muss, dann wird die Idee schon in der Entwicklungsphase interessant, dessen Konzept sich mit jeder neuen Veröffentlichung offenbaren und bereichern lässt.

Foto: Matus Safranka

Darüber hinaus hast du noch zwei weitere Projekte am Start.

Das stimmt. Das erste ist Chlore, das Hard-Techno-Label. Es funktioniert bereits großartig. Das erste Release haben wir von dem belgischen Duo H! Dude, das zweite wurde von dem kolumbianischen Genie Minor Dott produziert und das dritte von dem aufstrebenden italienischen Star Hanubis. Jetzt sind wir an weiterem Output mit vielen großartigen Künstler*innen dran, die regelmäßig erscheinen sollen. Die Idee, ein Hard-Techno-Label zu gründen, entstand aus dem Bedürfnis, das Profil des Codex-Labels nicht zu verwässern und es mehr auf Peak-Time-Techno auszurichten.

Aber ich denke, die Fans des Labels haben bereits entdeckt, dass wir auch mit einem härteren Sound experimentieren: Die Veröffentlichungen von Filterheads und Holy Priest, die auf Codex erschienen sind, wurden auf Beatport ins Hard-Techno-Genre eingeordnet. Auf jeden Fall wird Chlore eine großartige Plattform für eine Vielzahl von Künstler*innen in diesem Genre sein, und ich freue mich, dass wir die Fähigkeiten unseres Teams in Sachen Promotion und Labelentwicklung auf diesem Markt einsetzen können. Außerdem ist das Label eine logische Fortsetzung des Hybridkonzepts von Spartaque. Das zweite Projekt ist das Imprint Modular States. Ich habe den amerikanischen Markt sehr genau beobachtet und festgestellt, dass es dort eine große Anzahl von ziemlich großen Techno-Künstler*innen gibt, und ich dachte, es wäre großartig, ein Projekt zu gründen, das sich darauf konzentriert, amerikanische Techno-Produzent*innen zu veröffentlichen und die Zusammenarbeit mit europäischen DJs aufzubauen. Das Konzept ist einfach, aber interessant – jede Veröffentlichung auf diesem Label muss von einem nordamerikanischen Techno-Künstler*in oder eine Zusammenarbeit mit Europäern sein. Auf diese Weise können wir eine echte kulturelle Techno-Brücke zwischen den beiden Kontinenten schaffen, die Nordamerika und Europa verbindet. Wir bereiten gerade mehrere Releases vor und planen, das Projekt im Hochsommer zu starten.

Es ist unglaublich, an wie vielen Projekten du parallel zu deiner eigenen Karriere als DJ und Produzent beteiligt bist. Du selbst hast in den letzten Wochen und Monaten wie gewohnt viel veröffentlicht. Wie würdest du deine Diskografie der letzten Jahre beschreiben?

Danke für das Kompliment. Es ist schwierig, in ein paar Worten zu beschreiben, was ich in den letzten Jahren gemacht habe. Ich kann sagen, dass ich in Bezug auf das Format ziemlich mutig und breit aufgestellt war und sehr oft Vocal-Tracks gemacht habe, aber auch mit härteren Sounds experimentiert habe, zum Beispiel war der Track „Your Warehouse“ in dieser Hinsicht sehr erfolgreich. Ich habe ziemlich intensive Techno-Beats verwendet, aber auch eingängige Vocals in Kombination mit Rave-Stabs aufgenommen. Der Track hat es nicht in die redaktionellen Playlists geschafft, wurde aber vom Publikum sehr gut aufgenommen und ging viral. Er hat allein auf Spotify über eine Million organische Streams und wurde von den Nutzer*innen zu über 42.000 Playlists hinzugefügt.

Das ist eine großartige Erfolgsgeschichte, aber auch andere Tracks haben es regelmäßig in die Editorial Playlists auf Spotify und in die Peak-Time-Techno-Top-10 auf Beatport geschafft, sodass ich insgesamt sehr zufrieden bin mit dem, was in dieser Zeit musikalisch mit meiner Techno-Karriere passiert ist. Ich denke, es lohnt sich, unsere Kollaborationen mit ASYS, Ramiro López, Pablo Say, Fabio Neural und natürlich meine Solo-Tracks wie Close Your Eyes und Feel Burning hervorzuheben. Am 21. April kommt auf HILOMATIK ein Knaller namens „Break Free“ mit Nino Lucarelli heraus, auf den ich mich auch schon sehr freue.

Du hast gerade ein Mini-Album gemacht, das deinen normalen Peak-Time-Sound mit einem härteren Touch kombiniert. Du hast das Hybrid-Thema eben schon angesprochen, erzähle uns mehr darüber.

Eigentlich haben wir diese Idee schon lange mit meinem Manager Jorn besprochen. Es ist schwer, alles zu ignorieren, was in der Hard-Techno-Szene aktuell passiert, und um ehrlich zu sein, mag ich diesen Sound sehr. Wir haben beschlossen, dass es eine großartige Chance für mich ist, die Vielfalt des Sounds, den ich spiele und produziere, in einer Veröffentlichung zu präsentieren. Es machte keinen Sinn, ein großes Album zu machen, wenn man bedenkt, wie die Musikindustrie heutzutage arbeitet, wo man auf einzelne Tracks setzt und die meisten Veröffentlichungen nur einen Track enthalten. Deshalb haben wir die Idee eines vollwertigen Albums sofort verworfen, aber wir wollten unbedingt musikalische Vielfalt präsentieren. Um zu zeigen, dass ich die Arbeit in zwei Genres kombinieren kann, schien uns das Fünf-Track-Format die beste Option zu sein. Einige der Tracks waren bereits fertig und haben sich auf den Dancefloors der europäischen Clubs bewiesen. Ich habe zwei Hard-Techno-Tracks produziert, die ich speziell für diese Veröffentlichung gemacht habe. „Exhausted“ und „Lost In“ sind die Hard-Techno-Tracks, die ich auch schon getestet habe und bei denen ich mit dem Ergebnis sehr zufrieden war. Für mich ist diese Veröffentlichung ein sehr wichtiges Ereignis und ich hoffe, dass sie von der Techno-Musik-Community auf der ganzen Welt begeistert aufgenommen wird.

Am 27. Mai wirst du eine Label-Nacht im Fusion Club in Münster veranstalten. Was sind deine Pläne?

Ich freue mich wahnsinnig auf dieses Event, für unser Team wird es eine wirklich aufregende Nacht. Das ist die zweite Veranstaltung unseres Labels in Deutschland, die erste haben wir in Berlin im OST Club im Rahmen der Berlin Music Conference gemacht, und die Veranstaltung lief einfach großartig. Ich freue mich also sehr, die Party unseres Haupt-Techno-Labels nach Deutschland zu bringen. Das Codex-Showcase wird im Fusion Club in Münster stattfinden, weil es eine großartige Location ist, die so viele Leute lieben, und ich freue mich auf eine tolle Party. Wir teilen uns die Decks mit Mary Vaunt, einem amerikanischen Techno-Act, der immer mehr an Fahrt aufnimmt, mit Slin Bourg, ebenfalls Resident bei Codex, und den lokalen Künstler*innen Carv, Dominik Saltevski, Ropemaker und Rejon. Ich finde das Line-up wirklich sehr cool und wenn die Party gut läuft, bin ich mir sicher, dass wir die Idee aktiv ausbauen werden. Vor diesem Event gab es bereits Label-Nächte in Kiew, Barcelona, Amsterdam, Berlin und Sevilla, und ich würde mich freuen, wenn wir auch in Deutschland mehr und mehr Events veranstalten würden. Deshalb freue ich mich, alle, die dieses Interview lesen, zum Codex-Label-Showcase im Fusion Club in Münster am 27. Mai einzuladen.

Was wird in Sachen Musik bei Codex und Union Three in den nächsten Wochen und Monaten passieren?

Die Labels entwickeln sich systematisch und ziemlich schnell. Bei Union Three filtern wir sorgfältig die Künstler*innen, die wir auf dem Label veröffentlichen, wir haben immer noch keine Demo-Box dafür geöffnet, also haben wir selten mehr als drei bis vier Veröffentlichungen geplant, das zeigt deutlich die Strategie, die wir für dieses Imprint gewählt haben – wir müssen immer auf dem neuesten Stand sein und das relevanteste Material veröffentlichen. Zu den geplanten Veröffentlichungen im April, Mai und Juni gehören die Songs von Andres Campo, Ramiro Lopez, Klaudia Gawlas, Bleur & MB1 und mir. Auch die Agenda von Сodex ist gut gefüllt – gleich nach meinem Mini-Album warten wir auf die Veröffentlichung von Tracks von Melvin Spix, Drumsauw, Pablo Say und DJ Jordan und natürlich weitere von mir. Es ist toll, dass du genau nach diesen Labels gefragt hast, denn diese beiden Imprints sind die Aushängeschilder der IAMT Music Group und wir tun unser Bestes, um die Musik zu fördern, die auf diesen Labels veröffentlicht wird. Generell bin ich sehr zufrieden mit der Entwicklung der Labels und ich denke, dass wir bald noch mehr hochkarätige Titel auf ihnen hören werden.

Du hast es eingangs schon erwähnt: Anfang des Jahres hast du dein Debüt in den USA gefeiert. Erzähl uns gerne von deinen Erfahrungen, deinen Gefühlen und dem Unterschied in Bezug auf die Vibes im Vergleich zu Europa.

Bevor wir auf die eigentliche Tour zu sprechen kommen, möchte ich euch unbedingt von der Zeit davor erzählen. Denn das eigentliche Abenteuer für jeden Künstler aus Europa ist es, ein US-amerikanisches Visum zu bekommen. Es ist nicht schwer, ein Touristen-Visum zu erhalten. Aber wenn du als DJ auftrittst, brauchst du das berühmt-berüchtigte O1-Visum, das dir die Erlaubnis gibt, in den Vereinigten Staaten von Amerika aufzutreten. Das ist nicht nur teuer, sondern auch ziemlich schwierig, genehmigt zu werden. Du musst quasi dokumentieren, dass du relevant genug bist und es verdienst, in den USA aufzutreten. Mit meinem Team mussten wir eine Menge Dokumente, Interviews, Briefe von Manager*innen, Promoter*innen und Szene-Leuten des lokalen Musikmarktes zusammentragen. Mein erster Antrag wurde ein paar Wochen vor der Pandemie gestellt und als die Pandemie dann begann, blieb mein Fall einfach ein ganzes Jahr lang auf Eis, bis ich schließlich die Benachrichtigung erhielt, dass mein Antrag abgelehnt wurde. Ich musste den ganzen Prozess also noch einmal wiederholen und wieder ein halbes Jahr warten. Als ich dann alle Dokumente in der Hand hatte, reichte ich alles bei der amerikanischen Botschaft ein, wo man mir bestätigte, dass ich mein Visum bekommen würde und die Tour stattfinden kann. Wir kauften also Tickets und bereiteten bereits alles für meine Zeit in den USA vor. Als ich mich etwa eine Woche später den Status überprüfte, sah ich das Wort „abgelehnt“. Ich und die Agentur waren schockiert. In der Botschaft wurde mir ja bestätigt, dass mein Visum „approved“ war. Nach vielen E-Mails änderte sich mein Status zum Glück dann doch noch ins Positive, aber wieder erhielt ich mehrere Wochen lang weder eine Nachricht von der Botschaft noch einen Reisepass.

Da ich am Donnerstag den Flug in die USA, aber immer noch keine Dokumente in der Hand hatte, beschloss ich, am Montag nach Madrid zu fahren, um herauszufinden, was los war. Als ich in Madrid ankam und eine Stunde lang in der Schlange vor der Botschaft stand, hörte ich folgende Antwort: „Warum sind Sie hierhergekommen, wir werden Ihnen keinen Pass geben, bitte schreiben Sie eine E-Mail.“ Ich stand unter Schock, weil es zu diesem Zeitpunkt nicht mehr um Wochen oder Tage, sondern um Stunden ging, und ich war mir sicher, dass meine Reise abgesagt werden musste. Nachdem wir unsere Agentur darüber informiert hatten, beschlossen wir, dass wir bis zum Ende dafür kämpfen würden, dass die Tour stattfinden kann. Insgesamt schrieben wir an diesem Tag etwa 15 E-Mails an verschiedene Adressen der amerikanischen Botschaft in Spanien. Ich kehrte nach Barcelona zurück und am nächsten Tag bekam ich einen Anruf von der amerikanischen Botschaft in Madrid – eine Frau sprach mit mir auf Ukrainisch und sagte, dass sie gerade mein Visum drucke und ich morgen wieder nach Madrid kommen müsse. Ich kaufte also wieder Zugtickets und reiste erneut hin, um mein US-Visum abzuholen. Und so wurde 21 Stunden vor der Abreise mit Hilfe von Dutzenden von E-Mails meine Tour gerettet. Ein absoluter Nervenkitzel, der es aber definitiv wert war.

Das klingt in der Tat nach spannenden Stunden. Wie war es dann in den USA?

Wie ich schon oft gesagt habe, sehe ich den amerikanischen als einen sich super entwickelnden Markt. Die Techno-Kultur erlebt dort gerade einen richtigen Boom und immer mehr Amerikaner*innen entdecken dieses Genre. Für mich ist eine Reise in die USA immer ein echter spiritueller Trip. In meiner Seele bin ich ein echter Fan des Kapitalismus und ein großer Fan des klassischen amerikanischen Traums. Jedes Mal, wenn ich als Künstler oder einfach als Tourist, der ein großer Fan der Unternehmenskultur ist, nach Amerika reise, tanke ich auf und kehre mit neuen Gedanken, Ideen und Emotionen nach Europa zurück. Was meine Shots angeht, so liefen diese einfach großartig – in San Francisco habe ich mit Trym gespielt und am nächsten Tag in San Diego gesellte sich Fatima Hadji zu uns. Die Leute waren begeistert von der Musik, die ich gespielt habe. Ich habe bereits die nächste Tour geplant, die am 11. Mai in Las Vegas starten wird und anschließend nach Los Angeles, Austin und Texas geht.

Das klingt nach einem wilden Sommer. Was hast du außerdem auf deiner Agenda?

Der Sommer füllt sich ganz gut, es gibt viele Festivals, viele neue Venues, an denen ich zum ersten Mal spielen werde, aber das wichtigste Ereignis im Sommer ist für mich immer der Geburtstag meiner Tochter am 3. Juni. Dieses Wochenende habe ich komplett geblockt, aber danach beginnt das volle Programm. Zunächst natürlich mit der OFF-Sonar-Woche in Barcelona, wo wir eine ganze Reihe privater Events auf der Terrasse unseres Büros im Stadtzentrum veranstalten, anschließend auf dem Heaven & Hill Festival in Deutschland, der Church Of Techno in Holland, und in Frankreich, Italien, Spanien, Kanada und den USA, wie erwähnt, werde ich auch touren. Der Sommer ist eine kleine Herausforderung für mich, denn ich muss die richtige Balance zwischen Shows, Studio, Company und vor allem meiner Familie finden, die auch auf meine Aufmerksamkeit wartet. Der Sommer verspricht also reichhaltig und interessant zu werden. Ich wünsche euch allen dort draußen einen grandiosen Sommer und ich hoffe, wir sehen uns irgendwo!

Aus dem FAZEmag 135/05.2023
Text: Triple P
Foto: Matus Safranka
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