Spartaque – Der ukrainische Workaholic

Dass Fleiß nicht unbedingt immer von Erfolg gekrönt ist, haben schon viele Künstler im elektronischen Kosmos erkennen müssen. Ein Paradebeispiel dafür, dass sich Ehrgeiz und Wille aber manchmal mehr als auszahlen, ist Vitalii Babii, besser bekannt als Spartaque. Der Mann aus der Ukraine startete seine Karriere Anfang dieses Jahrtausends. Nun, nach rund 15 Jahren im Business, gehört er zu den erfolgreichsten Akteuren seiner Zunft und kann eine XXL-Diskografie mit namhaften Labels vorweisen. Mit seiner IAMT Music Group ist er vom Künstler zum Unternehmer avanciert, darüber hinaus hostet er eine regelmäßig millionenfach gehörte Radioshow sowie Spotify-Playlist. Doch all das bildet für Spartaque noch lange nicht das Ende der Fahnenstange: In seiner neuen Wahlheimat Barcelona arbeitet er mit seinem Team an der Verwirklichung großer Pläne. Ein Interview.

Vitalii, es liegt mal wieder ein ereignisreiches Jahr hinter dir.

Oh ja, dieses Jahr war voller Neuigkeiten und sehr interessant. Ich habe viele Änderungen vorgenommen, vor allem in Bezug auf meine Agentur. In Sachen Bookings bin jetzt bei Analog, darüber bin ich sehr happy. Große Künstler wie Carl Cox, Monika Kruse, Reinier Zonneveld sowie Fatima Hajji und viele mehr sind ebenfalls dort. Außerdem läuft unsere IAMT Music Group sehr gut, wir haben 2019 quasi einen Quantensprung gemacht. Wir konnten unsere Zahlen in jeglicher Hinsicht um ein Vielfaches steigern und die Tendenz zeigt weiterhin klar nach oben. Wir schließen das Jahr also mit vollster Zufriedenheit ab und freuen uns auf das anstehende, das mindestens genauso gut zu werden scheint.

Lass uns am Anfang beginnen. Erinnerst du dich noch an deinen ersten DJ-Gig?

Ja, und das werde ich sicherlich niemals vergessen, weil es eine recht schräge Nummer war. Ich habe 2005 mit einem Mix an einem DJ-Contest teilgenommen und dann tatsächlich gewonnen. Ich hatte zu dem Zeitpunkt noch nicht wirklich Ahnung davon, wie man richtig auflegt. Und jetzt ratet mal, was der Höchstpreis bei dem Contest war: Ein Auftritt auf dem größten Platz in meiner Heimatstadt Charkiw – vor 30 000 Menschen. Das war alles ziemlich cool, interessant und lehrreich, aber auch beängstigend. So naiv, wie man mit 17 Jahren so ist, habe ich natürlich gedacht, dass ich mit meinem allerersten Gig vor solch einem Publikum zugleich auch meinen Durchbruch geschafft habe. Aber in Wirklichkeit hatte ich ja kaum einen Bekanntheitsgrad sowie auch nur ansatzweise Ahnung davon, wie die Industrie funktioniert. Das Ergebnis war, dass im Anschluss natürlich keine einzige Anfrage kam und ich ganz schnell wieder auf dem Boden der Tatsachen gelandet bin. Aber es war eine äußerst gute Erfahrung und ich konnte einiges daraus lernen.

Dabei hast du ja eher als Produzent statt als DJ angefangen, korrekt?

Das ist richtig. Zum Zeitpunkt meines ersten DJ-Gigs hatte ich bereits zwei bis drei Jahre lang Musik produziert. Damals habe ich mit der wohl einfachsten und primitivsten Software gearbeitet, die man auf einen PC downloaden konnte. Im Grunde genommen war es nicht mal eine Software zum Produzieren von Musik, sondern eine Art Entertainment-Programm mit ein paar Samples. Ich glaube, der Name war Dance EJ. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie ich absolut keinen Plan von der Materie hatte und mir irgendwann zwar Cubase und Reason installiert habe, aber nicht mal wusste, was ein Plugin ist. Meine Ansätze bestanden also ausschließlich darin, mich auszuprobieren und baukastenmäßig irgendwelche Klötzchen aneinander zu schieben. Irgendwann habe ich mit Music 2000 auf meiner PlayStation Musik gemacht, alles aus der Liebe für elektronische Musik heraus. Und daraus ist später dann auch die Leidenschaft für das Auflegen entstanden.

Deinen Durchbruch hattest du 2007, vor rund 13 Jahren. Wie blickst du auf diese Zeit zurück?

Das ist wirklich abgefahren, wenn ich so zurückblicke und alles Revue passieren lasse. Ich muss zugeben, dass meine Karriere recht schnell, intensiv und dynamisch gewachsen ist – so habe ich nicht wirklich diese typischen Gedanken, dass ich einige Dinge hätte anders angehen bzw. umsetzen sollen. Das Einzige, woran ich denke, ist, dass ich vielleicht noch mutiger in meinen Bestrebungen hätte sein sollen im Laufe der Zeit. Aber das war ich schlichtweg nicht. Ich habe immer an alle möglichen Türen geklopft und erwartet, dass sie sich für mich öffnen würden, und viele davon taten das auch. Es war also eine sehr interessante Zeit. Und durch diese unglaublichen Erfahrungen, die ich in all den Jahren gemacht habe, sowie durch die Tatsache, dass ich nie wirklich zu 100 Prozent zufrieden mit mir bin, bin ich sicher, dass ich noch einiges erreichen kann. Es liegt allein an mir.

Was waren für dich die größten und wichtigsten Meilensteine? Unter anderem sicherlich der Anruf von Dmitry Feliksov, oder?

Definitiv war der Anruf von Dmitry Feliksov, damals CEO von Virus Music, der größten Company für elektronische Musik in der Ukraine, eines meiner wichtigsten Telefongespräche überhaupt. (lacht) Ich erinnere mich an quasi alle Worte, die gefallen sind. Er war auch noch Eigentümer der Webseite TOPDJ.UA. Er hat mir angeboten, meinen Track „PassWord“ bei ihm zu veröffentlichen und zu ihm nach Kiew zu kommen, um in einem voll ausgestatteten Studio zu produzieren. Davon träumte quasi jeder DJ in der Ukraine. Dementsprechend fiel mir die Entscheidung nicht gerade schwer. Das war das erste Mal, dass ich allein in die Hauptstadt der Ukraine gereist bin. Ich habe nicht einmal jemandem gesagt, dass ich das mache. Ich beschloss, mich dort zu vernetzen, und ich kann sagen, dass es definitiv die richtige Entscheidung war. Ich habe das getan, was ein Mann in meiner Situation tun musste. Wann immer du auch nur die geringste Chance siehst, musst du sie ergreifen. Es kann sein, dass du es später bereust, aber ich glaube, dass deine Frustration darüber, eventuell etwas versäumt zu haben, wesentlich bitterer ist als die Folgen eines vermeintlich gescheiterten Versuchs.

Wie wichtig waren deine Heimat und deine Wurzeln für deine Karriere?

Ich bin in der zweitgrößten Stadt der Ukraine, Charkiw, geboren und aufgewachsen. Die Stadt ist eine typische Studentenstadt und punktet daher mit einer großartigen Kultur sowie Subkultur und einer eigenen Vision in Sachen Clubmusik. Ich war bis 2007 dort und habe mich als junger DJ etabliert. Es war eine tolle Zeit, ich war Resident in einem der besten Clubs der Stadt und das lokale Publikum hat mich sehr supportet. Als Künstler wurde mir jedoch klar, dass ich in die Hauptstadt muss, nach Kiew. Ich wohne zwar jetzt in Barcelona, aber im Allgemeinen ist die Ukraine ein großartiges Land. Kiew erlebt eine Zeit der Renaissance, die für eine neue und sehr intensive Wiederbelebung der Rave-Kultur sorgt. Ich freue mich sehr für ukrainische Clubber und Promoter, die jetzt langsam, aber sicher auch international Gehör finden. Es macht mich glücklich, das zu erleben und auch ein Stück weit Teil dieser Geschichte zu sein.

Heute bist du ein weltberühmter und äußerst erfolgreicher Techno-Künstler. Dein Sound hat sich im Laufe der Zeit stark verändert. Wie siehst du das?

Danke für diese tollen Worte. Ja, ich habe mich soundtechnisch extrem verändert – vor allem in den letzten fünf Jahren. Als ich in der Ukraine für ein überwiegend postsowjetisches Publikum aufgelegt habe, funktionierte das mit minimalem Techno-Sound, einer ähnlichen Richtung wie der eines Boris Brejcha. Aber dann wurde mir klar, dass ich, um in den europäischen Markt einzusteigen, meinen Sound deutlich verändern musste. Aus diesem Gedanken heraus entstand mein Label Codex. Diese stilistische Entwicklung habe ich auch im Nachhinein nie bereut. Es war keine leichte Aufgabe und ich bin froh, diesen Mut gehabt zu haben. Ich musste, so wie ich es immer sage, den Fluss mit einem Boot überqueren, ohne dabei das andere Ufer zu sehen. Ich habe quasi alles auf eine Karte gesetzt, ohne zu wissen, ob ich überhaupt richtig liege. Also traf ich diese Entscheidung, nahm meine Familie mit auf die Reise, stieg in das Boot und machte mich auf den Weg zu diesem anderen Ufer. Ich glaube, der Plan ging auf. (lacht)

Nicht nur du bist als Künstler gewachsen, auch die Szene hat sich in den letzten 15 bis 20 Jahren extrem entwickelt. Wie siehst du den aktuellen Stand der Dinge?

Die Branche entwickelt sich rasant und ich glaube fast, dass das Tempo nicht abnehmen wird. Tatsächlich spielt elektronische Clubmusik eine bedeutende Rolle in der Kultur, vor allem natürlich in der Kultur der Jugendlichen. Die Techno-Subkultur genießt dieser Tage auch einen komplett anderen Stellenwert und es gibt einen regelrechten Hype um die Pioniere dieses Genres. Dennoch ist die Situation nicht wirklich rosig, wie ich finde. Es gibt einige Super-Techno-Hits da draußen, die viele Leute hören, aber wenn wir die Gesamtmenge der produzierten Technomusik und die durchschnittliche Zeit, die die Leute Techno hören, vergleichen, fällt das Ergebnis eher ernüchternd aus. Ich habe das Gefühl, die Menschen sind aktuell eher geneigt, sich anderen, vielleicht leichter verdaulichen Gangarten zu widmen. Das belegen zahlreiche Statistiken, die wir aus der Sicht der Label-Betreiber einsehen. So konzentriert sich dieser Hype im Techno leider nur auf einen sehr kleinen Kreis an Personen. Wir werden sehen, wohin die Reise geht. Ich hoffe, dass der Wachstum weiter bestehen bleibt. Wir tun alles erdenklich Mögliche, um unseren Teil dazu beizutragen.

In der Tat. Du führst mehrere Labels, darunter IAMT, das 2011 an den Start ging. Wie würdest du die bisherige Entwicklung dieses Labels beschreiben?

Bevor ich IAMT gegründet habe, hatte ich bereits ein anderes Label. 2007 habe ich Perfect Groove Foundation gegründet. Darauf haben wir jede Menge Vinyl veröffentlicht, was den Großteil unserer Gewinne damals ziemlich geschmälert hat. IAMT ist heute, fast ein Jahrzehnt nach der Gründung, unsere Basis. Das Label hat im Laufe der Zeit mehrere Stufen der Reprofilierung durchlaufen, es hat mit mir seinen Sound verändert. Unsere ersten Veröffentlichungen drehten sich um kommerziellen Techno-Sound, das hat sich stark gewandelt. Natürlich ist und wird IAMT niemals ein superundergroundiges Label werden, aber der Begriff ist heutzutage ja sowieso recht flexibel und dehnbar. Das aktuelle Format für IAMT ist also Techno für die Massen, wenn man es so will. Wir erlauben uns, sowohl melodische Tracks als auch schwerere, konzeptionellere Tracks zu veröffentlichen. Aber vor allem ist IAMT eine Plattform für junge, aufstrebende Künstler. Abgerundet wird das Portfolio von Leuten, die bereits ein starkes Profil in der Szene genießen. In der Essenz geht es mir um einen guten Track. Ob der von einem Superstar oder einem unbekannten Act kommt, spielt für mich erst mal keine Rolle. Wir versuchen gemeinsam, das Bestmögliche zu erreichen und zusammen zu wachsen.

Vier Jahre später hast du Codex Recordings gegründet. Was ist dort deine Philosophie?

Wie bereits erwähnt, habe ich Codex mit der Intention ins Leben gerufen, mich selbst musikalisch weiterzuentwickeln. Das Label sollte quasi mir selbst dabei helfen, diesen Schritt zu beschleunigen, und zudem als Sprachrohr nach außen dienen. Das Konzept ist also darauf ausgelegt, mich selbst klar zu positionieren, und zwar in Abgrenzung zu meinem „vorherigen Ich“. Also musste ich die Strukturen so legen, dass dieser Plan auch aufgeht. Das Business ist recht komplex und wir sprechen hier nicht von Popmusik, mit der man am Ende millionenfache Streams erzielt. Es ist ein langer Weg, auch in Bezug auf Investitionen und Arbeitsprozesse. 2019 war für uns, glaube ich, das bis dato beste Jahr. Mein Partner, mit dem ich das Label führe, ist von der Ukraine auch endlich nach Barcelona gekommen, und das erleichtert vieles ungemein. Ich habe noch eine weitere Person eingestellt und ich bin wirklich glücklich über die aktuelle Situation. Beide Labels entwickeln sich sehr rasant und wir denken schon jetzt über ein drittes nach.

Erzähl uns mehr darüber.

Na ja, um ehrlich zu sein sind die Gedanken schon recht fortgeschritten. Der Name des Labels ist RIM, damit versuchen wir, die Diversität der IAMT Music Group noch ein wenig mehr auszubauen. Stilistisch wird die Reise mehr in Richtung Tech-House gehen.

Deine Diskografie ist beeindruckend lang, du hast auf zahlreichen renommierten Labels veröffentlicht. Es scheint, als wärst du ein Workaholic im Studio.

Musik zu produzieren, ist wohl die Liebe meines Lebens, der ich die meiste Zeit gewidmet habe. Leider schwindet diese immer mehr, weil sehr viel Zeit für administrative Aufgaben sowie das Touren draufgeht, aber ich liebe jede Sekunde, die ich im Studio verbringen kann. Und Gott sei Dank erlaubt die Technologie es heutzutage, Musik auch unterwegs zu produzieren – ich bin nicht mehr so sehr an Hardware gebunden. Sowieso denke ich, dass ich auf Reisen produktiver und auch kreativer bin. Denn ich mag Fliegen nicht wirklich, so ist Musik die perfekte Ablenkung für mich. Und je enger der Zeitplan meiner Touren ist, desto mehr Musik produziere ich, da ich viel fliege. Ein wunderbarer Umstand. (lacht)

Wie hat sich dein Prozess beim Produzieren von Musik generell im Laufe der Jahre verändert?

Die größte Veränderung ist sicherlich die der Szenerie, die ich gerade erwähnt habe. Wenn ich allerdings in Barcelona bin, sitze ich in einem sehr coolen Studio. Es ist das Bridge 48 Studio, wo man sich ungestört zurückziehen und produktiv sein kann. Erst kürzlich eröffnete Maceo Plex dort sein Studio, das mit seinen Synths ausgestattet ist. Man braucht sicherlich mehr als eine Woche, um alle Möglichkeiten vor Ort auszuloten. Ich kann diesen Spot nur sehr empfehlen.

Mit welchen Tools arbeitest du bevorzugt?

Ich könnte stundenlang darüber sprechen. Heutzutage wird eine Menge qualitativ hochwertiger Software produziert. Auch wenn ich fast nur noch digital arbeite, gibt es dennoch einige tolle Synths, die ich sehr mag. Einer davon ist der Korg MiniLog. Er ist nicht teuer, sehr flexibel und einfach zu bedienen. Man hat also viele Möglichkeiten in Bezug auf die Automatisierung und der Klang ist auch sehr gut. Mit Anna arbeite ich digital aktuell am meisten. Dann natürlich Massive von Native Instruments, mittlerweile unabdinglich. Der gute alte Silent darf hier sicherlich auch nicht unerwähnt bleiben. Aber im Allgemeinen geht es bei meiner Produktion um eine große Anzahl von Sounds. Ich liebe die Plugins von D16 Group. Erst kürzlich hat Cable Guys ein fantastisches Plugin namens Shaper Box 2 veröffentlicht. Es ist eine Riesenfreude, damit zu arbeiten. Ich nutze es als Sidechain, als Widener und fürs Panorama. Da haben die Jungs einen sehr guten Job gemacht.

Einige Künstler gehen nur ins Studio, wenn sie inspiriert sind. Andere hingegen suchen im Studio nach Inspiration. Wie arbeitest du am besten?

Ich glaube, dass das bei mir genauso läuft. Es ist eine Kombination aus Inspiration und Notwendigkeit. Ich weiß, dass ich Musik schreiben und veröffentlichen muss. Musik ist eines der wichtigsten Marketinginstrumente heutzutage. Darüber hinaus liebe ich es natürlich. Daher auch diese „Notwendigkeit“, mich künstlerisch auszutoben, und mit der geht die Inspiration einher. Manchmal passiert es, dass die Inspiration mich führt und der Notwendigkeit folgt oder umgekehrt.

Die Zeit, die du in die Suche nach neuer Musik investierst, scheint immens zu sein. Denn du brauchst sie ja nicht nur für deine Labels, sondern auch für deine DJ-Sets, deine Playlisten bei Spotify sowie für deine sehr erfolgreichen Radioshows.

Ja, dieser Teil meiner Arbeit ist unglaublich zeitaufwendig. Wahrscheinlich ist genau das der Grund dafür, dass ich privat bzw. „freiwillig“ keine elektronische Musik höre. Wenn ich z. B. mit der Familie unterwegs bin, läuft immer etwas komplett anderes. Es ist wichtig, einen Gegenpol zu haben. Dennoch macht mir diese Arbeit sehr viel Spaß, auch wenn sie oft nervenaufreibend sein kann. Ich fühle mich jedes Mal wie ein Goldgräber, der sich erst mal durch eine Menge Schlamm arbeiten muss, ehe er an das Gold gelangt. Diese Metapher ist sicherlich etwas gemein für viele Produzenten, aber es fühlt sich in der Tat oft so an, als suche man nach einer Nadel im überdimensionalen Heuhaufen. Nach jedem Wochenende, wenn ich nach Hause bzw. ins Büro komme, geht der Wahnsinn von vorne los und ich fange erneut an zu graben. Was meine Spotify-Playlisten betrifft, so ist es nicht so schwer, weil Musik dort fast automatisch addiert wird, basierend auf dem, was ich bereits gespielt, überprüft, verifiziert und für gut befunden habe. Wenn ich also an meinen Spotify-Listen arbeite, verschwende ich nicht so viel Energie wie darauf, neue Demos für mein Label zu finden oder mich auf meinen Gig in einem Club vorzubereiten.

Wie sieht eine typische Woche in deinem Leben aus?

Mein Wochenablauf ist ziemlich organisiert und ähnelt wohl dem von fast jedem anderen auch. Das verdanke ich meiner kleinen Tochter. Ich stehe jeden Morgen um 7:20 Uhr auf, mache ihr und meiner Frau Frühstück und ab ca. halb neun habe ich dann Zeit für mich und meine Arbeit. Wobei um 9:30 Uhr schon mein Spanischunterricht beginnt. Ich lebe in Barcelona, also möchte ich auch Spanisch lernen. Gegen Mittag ist der Kurs vorbei und dann geht es an die eigentliche Arbeit, in die ich ca. vier Stunden investiere. Anschließend hole ich meine Tochter von der Schule ab, ehe ich gen Abend noch etwas Zeit mit Label-Arbeit verbringe. Der Zeitplan ist sehr eng, aber das ist notwendig, um alles unter einen Hut zu bekommen. Ich bin meiner Tochter sehr dankbar dafür, dass sie so viel Struktur in mein Leben gebracht hat. (lacht) Das hilft mir, mein Mindset gesund und rein zu halten, was in der heutigen Szene leider recht schwierig ist.

Wenn wir schon über dein Privatleben sprechen: Warum genau hast du Barcelona zu deiner Wahlheimat erkoren und wie gefällt es euch dort?

Wir lieben diese Stadt einfach und leben nun bereits zwei Jahre hier. Es ist viel kleiner und übersichtlicher als Kiew. Wahrscheinlich nicht in Sachen Einwohner, aber flächenmäßig. Ich habe alles, was ich brauche, um mich herum. Außerdem ist es toll, dass eine große Zahl von Künstlern selbst hier wohnt oder jedes Wochenende vor Ort ist, um zu spielen. Es gibt viele gute Clubs und eine große Anzahl an Festivals. Es ist auch einfacher, hier in Barcelona Business zu machen. Dazu ist das Klima hier für mich perfekt und die Leute sind sehr freundlich. Natürlich vermisse ich manchmal die Ukraine, wo ich viele meiner Freunde habe. Wir versuchen, den Kontakt nicht zu verlieren, und haben in Kiew ja nach wie vor einige Projekte.

Welche Pläne hast du mit der IAMT Music Group?

Wie ich eingangs erwähnt habe, bin ich sowohl erstaunt als auch sehr glücklich über die neuesten Entwicklungen bei uns. Wir wachsen in alle möglichen Richtungen und managen z. B. seit Neuestem das Label Set About von Metodi Hristov sowie Gallya und haben mit Area Verde ein weiteres Label gegründet, das auf melodischere Musik ausgelegt ist. Es war ein wichtiger wirtschaftlicher Schritt für uns, um die Streaming-Zahlen noch weiter in die Höhe zu treiben. Die ersten Ergebnisse sind mehr als zufriedenstellend und geben uns und unserem Vorhaben Recht. Die Leute dort draußen hören Techno meist während des Trainings oder bei der Vorbereitung auf die Arbeit, auf einer Pre- oder After-Party. Unter der Woche jedoch ist melodischere Musik universeller und gängiger. Das war also einer der Gründe dafür, dass wir dieses Label an den Start gebracht haben. Mit RIM geht es dann in die Tech-House-Richtung. Das klingt zunächst erst mal nach vielen Genres, aber ich spreche hier als Unternehmer, nicht als DJ. Als DJ bin ich ein Kenner der Technomusik und werde sicherlich weiterhin in diesem Genre mitmischen. Aber aus geschäftlicher Sicht versuchen wir, neue Wege zu gehen, und investieren erhebliche Summen in Spotify-Playlisten, denken über Expansion sowie Entwicklung nach. Wir haben große Pläne und für mich ist es wichtig, dass das Unternehmen weiter wächst und damit auch unsere Gewinne.

Das klingt, als baust du dir gerade ein richtiges Imperium auf.

Wer weiß, vielleicht unterhalten wir uns in einem Jahr über ein paar Dutzend weitere Labels. Das ist die Branche, die wir mögen und verstehen. Außerdem tauchen weitere Projekte auf, so beispielsweise der YouTube-Kanal „Radio Intense“. Wir haben auch dahingehend Pläne, hier in Barcelona ein Studio für „Radio Intense“ zu eröffnen. Ich bin also längst bereit für 2020.

Was steht sonst auf deiner Agenda für das neue Jahr?

Neben den ganzen unternehmerischen Schritten stehen natürlich eine Menge Codex-Showcases an. Wir werden große Events feiern, darunter in der Fabrique in Madrid. Unser Ziel ist es, mindestens zwei Showcases pro Monat zu realisieren. Im Sommer planen wir ein paar Rooftop-Events, für die die Stadt ja geliebt wird. Auch würde ich gerne ein Album auf Codex veröffentlichen, dafür produziere ich aktuell einige Titel. Vielleicht teilen wir die Stücke aber auch auf und veröffentlichen sie auf verschiedenen Labels, das ist noch nicht in Stein gemeißelt. Außerdem möchten wir mit Analog Gas geben. Viele Pläne, aber die Motivation ist groß.

 

Aus dem FAZEmag 095/01.2020
Text: Triple P
Foto: Julia Buruleva
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