Seit seinem 17. Lebensjahr überzeugt der aus Italien stammende DJ und Produzent mit düsteren, technoiden Tracks, die pure Energie, groovigen Rhythmus, Oldschool-Beats und massive Basslines kombinieren. Die Diskografie von Steve Shaden listet dabei renommierte Labels wie Suara, OFF Recordings, Phobiq, Naked Lunch Records, Trapez, Reload und Funk’n Deep Records. Er belegte insgesamt 30-mal die Spitzenposition und 52-mal landete er in den Top-10 auf Beatport, die größten Akteur*innen der Szene spielen seine Titel rund um den Globus, den auch er regelmäßig für Shows bereist. 2018 gründete er mit EXE und LEVEL zwei eigene Labels, zwei Jahre später fertigte Shaden einen exklusiven Podcast für Charlotte de Wittes „KNTXT“-Podcast-Radioshow auf Studio Brüssel. Darüber hinaus ist er Dozent für Audio-Engineering am SAE Institut in Mailand, wo er selbst studierte. Auch betreibt Shaden ein eigenes Studio für Mixing und Mastering. Hier ist er für euch im Interview.
Steve, kannst du dich noch an deine ersten Berührungspunkte mit Musik im Allgemeinen erinnern?
Ja, schon seit meiner Kindheit habe ich eine unbeschreibliche Faszination für Musik empfunden. Ich erinnere mich an Videokassetten, die meine Eltern aufgenommen haben, auf denen ich im Alter von vier oder fünf Jahren mit zwei Holzlöffeln als Stöcken eine Batterie aus Töpfen „bespielte“. Diese Leidenschaft wuchs im Laufe der Jahre exponentiell und führte dazu, dass ich mit acht Jahren Schlagzeugunterricht nahm und den Traum verfolgte, Schlagzeuger zu werden … Im Alter von zwölf Jahren entdeckte ich dann die elektronische Musik und näherte mich zunächst der Dance-Musik und ein paar Jahre später der Techno-Musik an. Von diesem Moment an war es die pure Liebe zwischen mir und diesem Genre.
Wie hat deine Heimat Italien dich und deine Musik beeinflusst?
In meinen jungen Jahren gab es natürlich noch keine Streaming-Dienste oder soziale Plattformen, also habe ich mir angehört, was für elektronische Musik in den nationalen Radios und in den Clubs, in die ich damals zum Tanzen ging, gespielt wurde. Ich glaube, meine Musik spiegelt meinen musikalischen Hintergrund stark wider. Seit meiner ersten Produktion war es mein Ziel, etwas zu kreieren, das ich zu 100 Prozent als meins empfinde, ohne mich dabei zu sehr von dem beeinflussen zu lassen, was in dieser Zeit in der Techno-Szene gehypet wurde bzw. aktuell wird.
Du betreibst zwei Labels, ein Mixing- und Mastering-Studio, bist Dozent an der SAE in Mailand und hast natürlich noch deine eigenen Projekte inklusive Studio und Shows. Eine Menge Projekte.
Ich bin extrem kritisch mit mir selbst und versuche jeden Tag, mich selbst zu pushen, um mehr zu tun und besser zu werden. Ich lerne jeden Tag, um mich sowohl als Künstler als auch als Sound-Ingenieur zu verbessern. Dabei versuche ich, von jedem Künstler oder Kollegen zu lernen, mit dem ich zusammenarbeite. Aber ich gebe zu, dass ich mit allem, was ich bis jetzt mit meiner Aufopferung und harter Arbeit erreicht habe, sehr zufrieden bin. Ich hätte zu Beginn meiner Karriere nie gedacht, dass ich einmal Dozent an derselben Universität werden würde, an der ich meinen Abschluss gemacht habe. Genauso wenig hätte ich gedacht, dass ich einmal ein Mastering-Studio gründen würde, das sehr renommierte Künstler*innen und Labels zu seinen Kunden zählt, die derzeit die Geschichte dieses Musikgenres maßgeblich beeinflussen. Das Gleiche gilt für meine Plattenlabels. Ich gebe zu, dass es manchmal schwierig ist, alles zu managen und mit der Arbeit als Produzent und DJ zu kombinieren. Aber es ist das, was ich liebe, also belastet es mich nicht sehr.
Erzähl uns von deinen persönlichen Highlights in Sachen Shows bis dato.
Es ist ein unglaubliches Gefühl, um die Welt zu reisen, neue Leute und neue soziale und musikalische Kulturen kennenzulernen. Einer der besten Auftritte war sicherlich der im Now&Wow Club in Rotterdam. An diesem Abend gab ich mein Debüt in Holland und ich hatte nicht erwartet, vor 2.500 Menschen zu stehen, die auf mich und meine Musik warteten. Eine andere verrückte Erfahrung machte ich in Kasachstan, in Almaty, im Jahr 2018, wo ich mich vor einem wirklich begeisterten und ekstatischen Publikum wiederfand, obwohl mein Sound in der lokalen Szene noch recht unbekannt und demnach neu war. Alle osteuropäischen Länder haben mir dank der Herzlichkeit des Publikums und ihrer Lust am Feiern immer viel Freude bereitet, genau wie mein Italien, wo das Publikum, auch wenn ich dort nicht oft spiele, eine einzigartige Herzlichkeit ausstrahlt. Natürlich verdient auch Deutschland eine besondere Erwähnung. Beruflich gesehen ist es für mich meine zweite Heimat. Das deutsche Publikum gibt mir immer das Gefühl, besonders und willkommen zu sein, und ich fühle mich geehrt, Teil der besten Veranstaltungen und Clubs in diesem Land zu sein. Ich hoffe, dass diese Reise so lange wie möglich anhält, damit ich in neue Länder reisen und noch mehr Menschen mit meiner Musik unterhalten kann.
Ebenfalls unterhalten fühlen sich die Dancefloors mit deinen Tracks, wenn sie von anderen Künstler*innen gespielt werden. Dies passiert regelmäßig, gespickt mit den größten Namen der Szene. Wie würdest du persönlich deinen Sound beschreiben und was macht ihn deiner Meinung nach so besonders?
Einer der Kommentare, die mich am stolzesten in Bezug auf Produktionen machte, lautete, dass die Tracks einen klar definierten und wieder erkennbaren Charakter haben. Ich erinnere mich noch gut daran, wie einige Fans sagten, dass sie schon nach wenigen Sekunden erkennen konnten, dass ein Track von mir produziert wurde. Ich denke, das ist vielleicht der Schlüssel dafür, dass meine Produktionen von vielen international bekannten Künstler*innen geschätzt und gespielt werden. Eine eigene Sound-Identität zu haben, ist sicher eine zusätzliche Waffe, damit deine Tracks von anderen DJs gespielt werden.
2020 hat dich Charlotte de Witte gebeten, einen Podcast für ihre Podcast-Reihe zu mixen.
Eine nach wie vor unglaubliche Ehre. Obwohl Charlotte meine Produktionen seit Jahren immer wieder supportet, konnte ich es kaum glauben, als sie mich nach einem Podcast fragte. Bei dieser Gelegenheit konnte ich sie etwas kennenlernen und ich muss sagen, dass sie sich als eine wunderbare Person erwiesen hat, die sehr freundlich und hilfsbereit ist und in allem, was sie tut, eine unfassbare Positivität ausstrahlt. Viele Grüße an dieser Stelle!
Erzähle uns von der Philosophie der beiden Labels, die du betreibst und was für 2023 geplant ist.
Ich habe die beiden Labels Ende 2018 mit der Idee gegründet, zwei verschiedene Sounds zu präsentieren. EXE wurde für einen musikalischen Trend konzipiert, der für quasi jeden zugänglich ist, etwas mehr im Mainstream angesiedelt. LEVEL hingegen hat eine aggressivere Prägung im Sound, mit Nuancen von Industrial- und Rave-Musik und schnelleren bpm. In den Jahren seit dem Start hatte ich das Vergnügen, auf beiden Labels Künstler*innen zu veröffentlichen, die ich sehr schätze. Auf EXE habe ich zum Beispiel ASYS, Christian Cambas, [Wex10], David Temessi, Agent Orange und Kristina Lalic veröffentlicht, auf LEVEL waren Acts wie Dyen, Charlie Sparks, Pet Duo, H!Dude, Björn Torwellen, Angy Kore und N.O.B.A. vertreten. Ich versuche immer, noch nicht etablierte Künstler*innen zu präsentieren, denen ich eine glänzende Karriere wünsche. Im Jahr 2023 werde ich einige interessante, von mir produzierte Tracks veröffentlichen, darunter zwei Kollaborationen, die ich in den letzten Monaten gemacht habe. Eine mit Christian Cambas und eine mit TATANKA, darauf freue ich mich sehr. Darüber hinaus werden auch Künstler*innen neue Sachen veröffentlichen, die bereits dabei waren.
In diesem Jahr scheint die Szene weltweit wieder vollumfänglich reaktiviert zu sein. Was ist dein Plan für die nächsten Monate?
Es sind zahlreiche Projekte geplant. Eine EP von mir wird bei einem sehr bekannten Label erscheinen und ich kann es kaum erwarten, dieses Projekt, an dem ich schon lange arbeite, zu veröffentlichen. Es könnte eines der wichtigsten Projekte meiner bisherigen Karriere sein, aber leider kann ich im Moment nicht mehr darüber sagen. Außerdem planen wir mit meiner Agentur Bassgeflüster sehr viele Shows, darunter viele in Deutschland. Los geht es am 18. Februar in Köln und Offenbach. Außerdem werde ich in der ersten Hälfte 2023 in Belgien, Italien, Montenegro, Bosnien und Kroatien sein. Was soll ich sagen, ein interessantes Jahr liegt vor uns, was wir nach der Covid-19-Pause auch dringend nötig hatten.
Aus dem FAZEmag 132/02.2023
Text: Lisa Bonn
Foto: Sharon Di Cinci
www.instagram.com/steve.shaden