Stromae – Multitude (Universal)

Viele Jahre hat er uns warten lassen, nun ist er wieder da – und wie. Im Herbst schickte er seinen ersten Gruß des kommenden Albums – „Santé“. Da feierte er in beschwingten Elektronik- und Cumbia-Tönen, aber dennoch sehr ernsthaft, die Menschen, die nicht feiern können, die arbeitende Bevölkerung, die im Schatten stehen. Schöner und überzeugender hätte man ein Comeback nicht starten können, denn 2015 zog sich Stromae aus der Öffentlichkeit zurück, war allerdings aber hinter den Kulissen noch aktiv. Das zweite Ausrufezeichen dann Anfang des Jahres: „L’enfer“ – verbunden mit einem spektakulären Auftritt in den französischen Nachrichten, bei dem er von Interview – gerade thematisierte er seine Einsamkeit und seine Depressionen der letzten Jahre, als er zum Song anstimmte, der ebendieses Thema behandelt. Gänsehaut, die bleibt. Musikalisch zwischen sanften Pianoklängen und kurzen opulenten Pop-Momenten – später noch unterstützt mit einem beeindruckenden Videoclip. Und nun also der Rest, das ganze Album, „Multitude“. Und er startet gestärkt und „Invaincu“ („Unbesiegt“), eine Hymne auf das Leben und seinen Sieg über die Krankheit. Was Paul van Halver, so der bürgerliche Name des belgischen Produzenten, Sängers, Songwriters, Regisseurs und Modedesigners, meisterhaft beherrscht, ist die Kombination ernsthafter und echter Themen in seinen Lyrics mit der verspielten Musik. Auf elektronischer Grundlage tauchen hier neben bombastischen Pop-Elemente auch Klänge und Stile aus aller Welt auf, die er charmant verwebt und intoniert. Niemals banal, immer authentisch, abwechslungsreich. Und überbordend – so wie auch das Ende des Albums mit „Bonne Journée“. Ein Statement, ein Ausrufezeichen. Hier bin ich. So wie ich bin. 10/10 Dieter Horny