SUPERBOOTH19 – Interview mit Veranstalter Andreas Schneider

SUPERBOOTH19 – 9. bis 11. Mai im FEZ Berlin


Frühlingszeit ist Zwitscherzeit. Und nicht nur die paarungsbereite Vogelwelt tschirpt zur Hochform auf. Auch die Freunde elektronischer Klangerzeugung folgen einem Lockruf seltsamer Geräusche, der aus der östlichen Peripherie Berlins erklingt. Insgesamt zum vierten Male, und zum dritten Male im Kinder-, Jugend- und Familienzentrum FEZ, wird dort die SUPERBOOTH ausgetragen. Was als freakiger Gemeinschaftsstand verschiedener Synthesizerhersteller auf der Frankfurter Musikmesse begann, ist heute eine eigenständige Veranstaltung mit mehr als 6000 Besuchern. Und, bei aller Größe und Professionalität, zum Glück herrlich freakig geblieben. Auch in diesem Jahr hat sich Messe-Mastermind Andreas Schneider etwas Zeit genommen, um und über den aktuellen Stand zu informieren

Andreas Schneider – Foto: BENDEG

 

Andreas, die SUPERBOOTH findet zum dritten Mal im FEZ statt – der Austragungsort scheint dauerhaft gesetzt?

Ja, es hat sich für beide Seiten absolut bewährt. Zum einen, weil wir mit unseren Education-Anspruch genau ins Hauskonzept passen. Zum anderen, weil es außerhalb der Stadt liegt und somit wenig Laufpublikum gibt. Es kommen also nur Leute, die es wirklich interessiert und die einige Zeit mit uns verbringen wollen. Das senkt die Hektik und steigert das Festival-Feeling. Viele lernen sich schon auf dem Bootshuttle kennen, das auch in diesem Jahr wieder ab der Jannowitzbrücke pendeln wird. Dann folgt noch ein kurzer Fußweg durch den Park, sodass die Aussteller wie auch Besucher völlig entspannt in den Tag starten. Diese familiäre Atmosphäre ist wohl das, was uns am meisten von klassischen Messen unterscheidet.

Hattest du im ersten FEZ-Jahr nicht auch die Parkbahn gemietet?

Ja, aber das war unsinnig und viel zu teuer. Zumal wir uns irgendwie verarscht gefühlt haben. Deal war, dass wir die Rechnung für die Tage übernehmen und die Leute dafür kostenlos fahren können. Dann hab ich mal meine kleine Tochter zum Bahnfahren losgeschickt und der Typ wollte dafür Geld kassieren. Mit dem Hinweis, der kostenlose Zug führe erst später wieder. Na danke …

Musstest du sonst irgendwo nachjustieren, weil es nicht in deinem Sinne aufgegangen ist?

Nein, es geht mit kleinen Anpassungen wie gewohnt weiter. Wenn nichts Unvorhergesehenes passiert, sollte es wieder eine ähnlich tolle Veranstaltung werden, wie im letzten Jahr. So werden wir auch in diesem Jahr konzentriert am Samstag wieder zahlreiche Schulklassen bei uns haben, denen wir Einführungsworkshops geben. Die Nachfrage ist erfreulicherweise richtig groß. Übrigens keinesfalls nur durch Musikklassen, sondern auch LKs für Physik und Mathematik. Unser Lehrangebot reicht von DIY-Lötworkshops über Modularsynthesizerkunde bis hin zum praktischen Musizieren. Die physische Hardwarewelt ist ja so ein Grenzbereich zwischen Spiel und Sport. Zudem fördert sie die Gruppendynamik. Die rein digitale Abstraktion am Computer hätte für die jungen Leute vermutlich nicht so einen hohen Reiz und Lerneffekt. Und für mich ist das ja ohnehin immer noch wie … da kann ich auch Filme gucken. Vielleicht bin ich aber auch einfach ein ignoranter, alter Sack. [lacht]

Naja, gegen YouTube hast du dich anfangs auch gesträubt.

Ja, da hast du Recht. Ich hab mich von meinem Umfeld weichklopfen lassen. Dort gibt es seit einiger Zeit SUPERBOOTH Official und es werden nach und nach alle Mitschnitte seit 2016 hochgeladen. Das werden allein für dieses Jahr knapp 90 Konzerte zwischen 20 und 40 Minuten sein. Auch für SchneidersLaden gibt es jetzt eine Instagram-Präsenz, ebenso twittern wir munter in die Welt hinaus. Wir müssen ganz grundsätzlich unsere Außenkommunikation und Medienarbeit verbessern. Bislang war die SUPERBOOTH eine Plusminus-Null-Rechnung. Irgendwann sollte dann ja doch auch mal etwas übrigbleiben.

Die SUPERBOOTH-Videos macht deine Frau?

Ja, die Evi ist ja Diplom-ingenieurin für Multimedia und für die Videos verantwortlich. Das haben wir selbst in die Hand genommen, weil es nicht darum geht, ein schnell geschnittenes Musikvideo von beispielsweise Schneider TM zu machen. Vielmehr soll nachvollziehbar dokumentiert werden, wie er einen Klang an einem Instrument erzeugt. Das ist unsere Botschaft – wir verstehen uns unverändert als Nerd-Messe. Bekannte Künstler, die ihren Beitrag leisten, machen das auch fast immer in einem anderen Zusammenhang, als man sie kennt. So wie im letzten Jahr Ricardo, der eben keine Platten auflegte, sondern mit Max Loderbauer ein Live-Set spielte.

Wen dürfen wir als Musiker in diesem Jahr erwarten?

Das Programm steht noch nicht ganz fest, aber die bekannten Gesichter werden wohl wieder dabei sein. Allen voran natürlich Schneider TM, T.Raumschmiere und Daniel Miller. Daniel wird erstmals ein Modular-Live-Set auf der Seebühne zum Besten geben. Weiterhin legt Dr. Motte auf einem Bootsshuttle auf, ebenso wird Mark Reeder spielen. Mit Mark und Motte plane ich zudem einen meiner SUPERBOOTH-Altherrenabende zum Thema 30 Jahre Techno. Für die technoide Fraktion sind sicher noch Cristian Vogel und Barbara Morgenstern interessant. Und, worauf ich mich persönlich ganz besonders freue, werden Der Plan live in Originalbesetzung auftreten. Nitzer Ebb wären gerne gekommen, sind allerdings zu dem Zeitpunkt auf Tour. 2020 wollen sie es auf jeden Fall einrichten. Grundsätzlich findet an allen drei Veranstaltungstagen noch ein Aftershow-Event statt. Novation macht beispielsweise im OHM-Club eine Party. Dort finden noch weitere Company-Events statt. Und auch in der C-BASE nahe des Bootsanlegers wird es täglich ab Mitternacht Live- und DJ-Sets geben. Der offizielle SUPERBOOTH-Startschuss fällt übrigens schon am 8. Mai. An dem Mittwoch eröffnet der schwedische Hersteller Elektron sein Elektron Studio in der Friedrichstraße 17, also direkt Kreuzberg.

250 Aussteller werden vor Ort sein, das ist genau die Zahl des letzten Jahres. Habt ihr eure Grenze erreicht?

Bezüglich der Anfragen ginge noch viel mehr. Aber wir wollen für das Publikum auch spannend bleiben und keine banale Messe werden, auf der man ewig laufen muss, um etwas Interessantes zu finden. Potikappenanbieter brauchen bei uns keinen Stand, das können die mit den Instrumentenherstellern ebenso gut im Hintergrund klären. Die meisten wichtigen Aussteller waren jetzt alle einmal da, haben sich das angeschaut und überlegen nun weiter. Jetzt wächst es vielleicht von der Menge vielleicht langsamer, dafür geht es mehr in die Qualität. So haben wir in diesem Jahr meines Wissens nach mehr komplette Themenräume, als eigene kleine Welten, was ich sehr schön finde. Ableton hat zum Beispiel erstmals eine Lounge, Native Instruments glaube ich auch, ebenso die inMusic-Gruppe mit Akai und Moog sowieso. Zudem schlagen allmählich die reinen DJ-Tool-Hersteller auf. So ist in diesem Jahr erstmals Pioneer offiziell mit einem Stand dabei.

Hat die SUPERBOOTH deinem Verkaufsgeschäft SchneidersLaden einen ordentlichen Umsatzschub beschert?

Ja, natürlich wirkt es sich positiv aus und rückt die kleinen Fachhändler insgesamt mehr in den Fokus. Gleichzeitig ist der Preiskampf in unserem Bereich aber auch sehr extrem. Aktuell macht uns ein ausländischer Riesenhändler zu schaffen, der mit Dumpingpreisen auf den deutschen Markt drängt. Den Schnäppchenjäger freut das natürlich. Aber ein Musiker, der eine längerfristige Händlerbeziehung möchte, beispielsweise weil er Beratung benötigt, hat das Nachsehen. Deshalb hab ich mich aus der SUPERBOOTH-Orga in diesem Jahr auch ziemlich rausgezogen und mich um den Laden gekümmert. Da müssen neue Ansätze und Ideen her …

Inwiefern?

Naja, ich muss zum Beispiel überlegen, wie ich einem Kaufinteressenten die Vorteile eines kleinen Fachhandels vermitteln kann. Und der ist: Beratung, Beratung, Beratung. Und Beratung nicht im falschen Sinne von möglichst viel und teuer aufschwatzen. Sondern Fragen, die ein Kunde hat, zu beantworten. Ihn also meinetwegen auch mal zu Konrad zu schicken, wenn das sein Problem schnell löst. Und diesen Wissensvorsprung müssen wir den Leuten vermitteln. Ich gebe es zu, auch in diesem Bereich müssen wir medial neue Wege gehen. Denn wir haben es jetzt mit einer Generation junger Menschen zu tun, die selbst gar nicht mehr auf die Idee kommen, in einen stationären Fachhandel zu gehen. Aber auch da ist die SUPERBOOTH eine ideale Plattform, um mit anderen kleinen Fachhändler Ideen zu entwickeln. Die haben ja alle ein ähnliches Problem. So habe ich in diesem Jahr zum Beispiel eine Netzaktivistin eingeladen, die einen Vortrag zur Marktmacht von Amazon hält und welche Auswirkung das auch auf unsere Branche haben könnte.

 

SUPERBOOTH19
9. bis 11. Mai 2019
FEZ / Straße zum FEZ 2 / 12459 Berlin-Wuhlheide (Köpenick)
Fachbesucher Zeiten: täglich 10 bis 24 Uhr (bis 19 Uhr Messe)
Privatbesucher Zeiten: täglich 13 bis 24 Uhr (bis 19 Uhr Messe)
Bootsshuttle ab Jannowitzbrücke / Alexanderstraße 61 (Berlin-Mitte)
Tagesticket inkl. C-Base-Eintritt: ab 40 EUR (Fachbesucher), ab 30 EUR (Privatbesucher)
Vergünstigungen für Rentner, Schüler, Studenten, Behinderte, Hartz IV
Kinder und Jugendliche bis 16 Jahren kostenloser Eintritt.

www.superbooth.com
www.schneidersladen.de