Symphonix – Zwischen treibenden Grooves und leichten Melodien

Symphonix.025

Rund um den Globus ist der Name bekannt: Symphonix, das DJ-Duo, bestehend aus zwei Brüdern, das Fans auf der ganzen Welt nun schon seit über zehn Jahren mit seiner Musik begeistert. Zusammen mit den Top-Acts der Psytrance-Szene sind sie regelmäßig in den Line-ups der ganz großen Festivals zu finden – und wir durften die beiden zum Interview treffen.

Vielen Dank, dass ihr euch die Zeit nehmt, uns ein paar Fragen zu beantworten, und uns einen kleinen Einblick in die Welt von Symphonix gewährt. Wer genau steckt hinter dem Projekt?

Stephan: Symphonix sind Sirko und Stephan; wir sind Brüder, wir kommen ursprünglich aus Schwerin und da leben und arbeiten wir bis heute.

Wie kam es dazu, dass ihr beschlossen habt, zusammen Musik zu machen?

Sirko: Die Leidenschaft fürs Musikmachen ist etwas, das uns schon seit jungen Jahren begleitet und verbindet. Von daher kann man nicht wirklich sagen, dass wir es vom einen auf den anderen Moment bewusst beschlossen haben. Aber wie dem auch sei: Ende der 90er ereignete sich etwas sehr Wichtiges. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Goa-Sound als eigenes Genre etabliert und, wie es nun mal die Natur von Genres ist, zu einem Sound mit recht klar definierten Grenzen entwickelt. Es war zwar alles schön und gut, aber irgendwie auch immer wieder Schema X. Und da kristallisierte sich ein wirklich spannendes Sub-Genre heraus, das mit ebendiesen Grenzen brach. Die damals gerne etwas überladenen Melodie-Arrangements mit ihren gefühlten 1000 Spuren wichen aufgeräumten Produktionen, in denen die einzelnen Elemente mehr Platz im Klangraum hatten und so eigentlich viel besser zur Geltung kamen. Durch die Fortschritte der Studiotechnik wirkte weniger einfach mehr! Die Geschwindigkeit wurde auf ein entspanntes, aber immer noch schön treibendes Maß gedrosselt. Teilweise wurde auch ganz ungeniert mit anderen Genres experimentiert und so klang es teilweise auch mal echt technoid oder housig. Und trotzdem hatte diese neue Geschichte ganz viel Tiefgang. Progressive Trance nannte sich das neue Genre und es hat uns von Anfang an ganz schwer begeistert. Etwa zu der Zeit fingen wir auch an, unter dem Namen Montagu & Golkonda aufzulegen. Und irgendwie hat sich diese hier gerade beschriebene Grundidee von Progressive Trance wie ein roter Faden durch unser Schaffen gezogen.

Wann genau habt ihr Symphonix gegründet und woher der Name?

Stephan: Das war quasi der nächste logische Schritt in dieser stetigen Entwicklung. Wohl die meisten DJs kennen das: Auflegen ist großartig, aber nach ein paar Jahren Erfahrung auf der Bühne weißt du einfach, wie ein Dancefloor funktioniert, und du möchtest auch eigene Ideen umsetzen. Unter dem Namen Symphonix haben wir 2003 mit dem Produzieren angefangen. Von Anfang an waren Melodien für uns wichtig, ebenso ein gewisser Tiefgang. Etwas, das dich auf der Tanzfläche mitnimmt und träumen lässt – eine Geschichte erzählt, wie es oft so schön heißt … Trance im ursprünglichen Sinn, nicht als Musikgenre. Aber eben auch nicht überladen, vordergründig oder gar kitschig. Im Laufe der Jahre haben wir diese Idee immer weiter verfeinert und dazu erfreulich gutes Feedback bekommen.

Wie würdet ihr selbst euren Sound beschreiben?

Stephan: Stromlinienförmig, vollmundig, anregend. Im Melodiebereich schwerelos. Insgesamt als feingliedrig und klar strukturiert. In diesem Spannungsfeld zwischen klaren, treibenden Grooves und leichten Melodien entsteht ein ganz besonderes Tanzerlebnis.

Erzählt uns etwas über euer Label: Wie hat das angefangen und wie hat es sich mit der Zeit entwickelt?

Sirko: Offensichtlich sind wir in kreativer Hinsicht ein kleines bisschen hyperaktiv… Spaß beiseite: Auch Blue Tunes Records war für uns an einem gewissen Punkt einfach nur ein logischer Schritt. Genauer gesagt war das 2006. Unser Symphonix-Projekt war sehr gut angelaufen und wir waren wirklich superhappy über den internationalen Erfolg. Nachdem wir nun schon fast zehn Jahre in der Szene aktiv waren, beobachteten wir Folgendes: Einerseits gab es verdammt viele verdammt großartige Talente. Andererseits gab es aber auch immer mehr Sound, immer mehr Output, immer mehr Masse. Und deshalb wollten wir eine Institution schaffen für gut gemachten Progressive Trance auf der Höhe der Zeit. Etwas, wo man als Musikliebhaber oder sogar DJ auch schon mal getrost einen Blindkauf machen kann. Label bedeutet im Englischen ja so viel wie Kennzeichen, Bezeichnung oder Etikett – und damit ging Blue Tunes Records an den Start. Im Laufe der Jahre wurde daraus so eine richtige Familie und die meisten Künstler, die bei uns releast haben, wurden zu richtig guten Freunden. Irgendwie kam mit dieser Konstellation so eine ganz eigene Dynamik auf, die uns bis heute fasziniert und für die wir sehr dankbar sind. Der Sound von Blue Tunes hat sich dynamisch weiterentwickelt und also genau das gemacht, was Progressive Trance ja ursprünglich bedeutet. Und weil wir ja wie gesagt ein bisschen hyperaktiv sind, entstand vor ein paar Jahren auch noch der entspannte Ableger Blue Tunes Chillout. Der Name spricht wohl für sich.

Wie gestaltet sich eure Aufgabenverteilung oder vielmehr: Gibt es eine?

Sirko: Das funktioniert bei uns wirklich wunderbar harmonisch, wir müssen uns nicht wirklich absprechen oder organisieren. Klar, es gibt im laufenden Betrieb Aufgaben, die dankbarer sind als andere. Aber selbst da kommen wir so gut miteinander aus, dass es uns selbst manchmal erstaunt. Da wir als Nachbarn leben, beginnen wir den Arbeitstag meist zusammen und hören auch gemeinsam wieder auf. Symphonix lebt davon, dass aus zwei Einflüssen das große Ganze wird.

Welche Soft- und Hardware nutzt ihr beim Produzieren?

Stephan: Als Software nehmen wir Cubase, dazu kommen diverse Software-Synths und folgende Geräte: Virus TI Polar, Moog Little Phatty, Virus B, Moogerfooger-Effekte, Native Instruments Kontrol49 und diverse andere.

Seid ihr für eure Gigs immer zusammen unterwegs?

Sirko: Mittlerweile spielen wir oft auch getrennt, denn so können wir uns im geschäftigen Tour-Alltag gegenseitig etwas mehr Zeit fürs Studio und unsere anderen Aufgaben schaffen. Das ist ein echter Bonus, denn viele Solo-Produzenten kennen das: Wenn der Tourplan voll ist, bleibt wenig Zeit für neuen Sound. Wir sind da etwas flexibler; mal kann der eine ein Studio-Wochenende einlegen und mal der andere. Wir stehen aber auch nach wie vor jedes Jahr einige Male zu zweit auf der Bühne, macht doch einfach Laune.

Habt ihr vor einem Auftritt noch so etwas wie Lampenfieber?

Stephan: Na klar! Wenn das irgendwann mal aufhört, ist die Luft wohl raus. Lampenfieber zeigt dir doch, dass du eine Sache ernst nimmst, dass du alles geben willst und wirklich Bock auf diese Sache hast. Das ist für uns eindeutig ein wichtiger Aspekt von leidenschaftlicher Arbeit.

Habt ihr ein bestimmtes Ritual, bevor ihr auf die Bühne geht?

Stephan: Wir grooven uns gerne vorher ein bisschen ein, lassen den Vibe und die Stimmung der Party erst mal auf uns wirken. Direkt vor dem Gig nehmen wir uns auch gerne ein paar Minuten nur für uns und konzentrieren uns auf den Auftritt.

Es gibt noch ein Side-Projekt namens True Lies. Was könnt ihr uns darüber erzählen?

Sirko: True Lies haben wir vor einer ganzen Weile mal als Nebenprojekt gestartet, das einen Tick mehr in Richtung Club-Kontext geht. Die ersten Releases waren wohl irgendwo an der Schnittstelle von Progressive Trance und Progressive House. Bock haben wir darauf weiterhin! Aber, wie das manchmal so ist, leider nicht immer die Zeit. Lustigerweise haben wir gerade darüber gesprochen, dass wir demnächst unbedingt mal wieder eine True-Lies-EP rausbringen müssen. Wir haben übrigens noch ein anderes Projekt, mit dem wir aktuell recht aktiv sind: Out Now. Das machen wir zusammen mit unserem langjährigen Freund und Produzenten-Kollegen Alexander Dorkian, bekannt als NOK. Der Sound hier ist etwas deeper und psychedelischer, wird aber natürlich nie stressig, sondern bleibt immer auch progressiv.

Eine Frage darf nicht fehlen: Was waren eure schönsten Momente als Symphonix?

Stephan: Wenn auf einem Festival die Sonne kurz vor dem Set doch noch durch die Regenwolken brach und einfach alles passte – und wenn die Leute trotz Gewitter weiter gefeiert haben, als gäbe es kein Morgen!

Aus dem FAZEmag 070/12.2017
Text: Jeanette Leiendecker
www.soundcloud.com/symphonix

Noch mehr Interviews:
Dominik Eulberg – 41 Kiebitze im Nebel
Kaiserdisco – Auf in die nächste Dimension
Neelix – Der riesige Baum