The Amplifetes – Aus der Tiefe schwedischer Wälder

2_The_Amplifetes_photo_by_Gustaf_Hagstrand5
Ja Kinder, ihr habt es sicher auch schon generkt: Der Sommer ist endlich da. Doch was wäre diese warme, eisschmelzende Jahreszeit bloß ohne die bestimmte Auswahl an poppigen Klängen abseits schrecklichen Chartsgedudels, klischeebeladener Sonnenscheinfantasien und Lambada-Neuauflagen? Glücklicherweise dürften das kreative Sommerloch und die Ferien der spannenden Labels in Kürze überwunden sein und die Plattenläden (in echt und online) füllen sich wieder mit interessanten Neuveröffentlichungen. Diesen Monat erscheint beispielsweise das zweite Album von The Amplifetes. Die hierauf zu hörenden elf Songs erweisen sich durchaus als passender Soundtrack für diese Tage, sind aber trotz sympathischer Eingängigkeit keine reinen Sommersounds. Die Band selbst setzt sich aus den vier Schweden Henrik Jonback, Henrik Korpi, Tommy Spaanheden und Peter Ågren zusammen. Diese sind in der internationalen Musikszene schon lange Zeit solo unterwegs – sie arbeiten als Songschreiber und Produzenten für die unterschiedlichsten, kommerziell erfolgreichen Künstler und Projekte. Bei The Amplifetes bündeln die Herren ihr Können, Wissen und natürlich ihre Spielfreude. Sowohl live auf der Bühne, als auch im Studio. Für das neue Werk, das drei Jahre nach dem Debütalbum erscheint, zogen sich die Musiker stilecht in die Einsamkeit der schwedischen Wälder zurück und legten dort innerhalb von zehn Tagen den Grundstein für “Where Is The Light”. Das fertige Produkt bringt viele Synthesizerklänge, aber auch Gitarren und Gesang und zieht den lauschenden Gast vom ersten Ton an angenehm mit. Auf zum Interview!

Was markiert den Hauptunterschied zwischen eurem neuen Album “Where Is The Light” und eurem Debüt “The Amplifetes”? Was hat sich seit der ersten Platte für euch grundsätzlich verändert?
Peter: Ein großer Unterschied bei diesem Album war, dass wir uns alle zusammengesetzt und die Songs gemeinsam ge- schrieben und produziert haben. Bei unserem ersten Album saßen wir noch getrennt von einander in verschiedenen Stu- dios und haben uns die Sachen hin- und hergeschickt. Wir trafen uns dann eigentlich nur während der Abmischung der Platte. Das neue Album ist nun auch etwas mehr songorientiert und klanglich noch mehr zusammengehalten. Ich denke, dass das erste Album mehr aus einzelnen Ideen bestand. Das rührte daher, dass die Herangehensweise eher wie stille Post war.

War es für euch denn insgesamt einfacher oder viel schwerer, das zweite Album zu machen?
Henrik J: Im Grunde genommen war es um einiges einfacher. Wir hatten zuvor schon befürchtet, beim zweiten Album in der klassischen Schreibblockade stecken zu bleiben. Doch so ziemlich das Gegenteil war dann der Fall. Wir hatten eine sehr konkrete Idee/Vision, wie wir es machen wollten, be- vor wir anfingen. Und dann wurde es ein wirklich schneller, sanfter, organischer und kreativer Prozess.

Ihr habt “Where Is The Light” im Sommer letzten Jahres innerhalb von zehn Tagen aufgenommen. Was war während dieser Sessions der inspirierenste Augenblick für euch?
Henrik J: Nun, im Sommer am Ende der Welt zu sein, in den tiefen schwedischen Wäldern, das ist an sich schon echt inspirierend, trotz der Tatsache, dass wir alle hier leben. Aber ich würde sagen, dass das tägliche Schwimmen im nahegelegen See fantastisch war.

Warum habt ihr denn ausgerechnet die Isolation eines Hauses im Wald für den kreativen Prozess gesucht? Was waren die Vor- und Nachteile?
Henrik J: Ausschlaggebend für uns war, dass wir 100 Prozent dazu in der Lage waren, uns auf das Songschreiben zu konzentrieren, weit weg von all den Ablenkungen. Es war eine lustige Idee, die uns sogar soweit inspirierte, dass wir den Ort schließlich mit der Grundlage des gesamten Albums verließen. Das hat der Platte auch hoffentlich noch mehr den roten Faden gegeben. Ich denke, die Wahl des Ortes hatte nur Vorteile!

Wie ist eure Herangehensweise beim Songwriting? Was ist euch dabei wichtig?
Henrik K: Zu experimentieren. Das Leben ist schließlich zu kurz, um sich nur nach Formeln zu verhalten. Mit einer Hook zu beginnen, ist allerdings auch keine schlechte Idee. Es bewahrt dich am Ende vor einiger Angst.
Peter: Der Song muss seine Identität finden. Wie genau das dann passiert, das hängt von jedem einzelnen Song ab. Machmal fangen wir mit einer instrumentalen Hook an, ein anderes Mal ist es eine Melodie oder ein paar Chords und so weiter. Das Wichtigste ist, dass alle Elemente zusammenpassen und eine Geschichte erzählen. Wir betrachten unsere Songs gerne als Ausschnitte eines größeren Bildes. Kleine Momente, die rechtzeitig eingefroren wurden und die sich dann aus- geweitet haben, so dass wir erkennen, was sie wirklich enthalten. Die Herangehensweise wird vom Song selbst diktiert, wenn er sich dann enträtselt und du dahin gelangt bist, weißt du, worum es geht.

Wie siebt ihr eure Songideen denn überhaupt aus?
Peter: Es muss sich neu und frisch für uns anhören. Das ist so ziemlich alles. Wir alle sind Songschreiber und Produzenten, dadurch passiert einiges im Ablauf automatisch. Jeder von uns hat sehr starke Ansichten, dadurch ist das Hauptziel einfach, mit etwas anzukommen, mit dem alle von uns einverstanden sind. Wenn wir dieses Ziel erreicht haben, hoffen wir, dass das Ganze auch gut genug für die Hörer ist.

Gibt es auf “Where Is The Light” einen Song, der eine Art Schlüsselfunktion inne hat?
Tommy: Wenn man an so vielen Songs arbeitet, wie wir das getan haben, dann hat man jeden Tag andere Favoriten. Dennoch denke ich, dass der Song “Keep On Running” das Album irgendwie beschließt. Er ist ein wenig rau, aber immer noch irgendwie aufrichtig.

Welche Gefühle spielen eine tragende Rolle auf dem Album?
Tommy: Eine Sache, auf die wir uns schon im Anfangsstadium der Aufnahmen einigen konnten war, dass wir diesen bestimmten Sound und das Gefühl der Platten aus den 70ern haben wollten. Obwohl wir einen Haufen Synthesizer und andere moderne Gerätschaften in die Produktion eingebunden haben, glaube ich, dass es uns gelungen ist, jenen 70er-Sound festzunageln. Die Songtexte auf dem Album drehen sich auch um wichtige Dinge des Lebens, so dass wir gleichwohl spüren, dass sie eine wichtige Rolle einnehmen.

Ihr arbeitet auch als Songwriter und Produzenten für andere Künstler. Was macht demgegenüber The Amplifetes so besonders für euch?
Tommy: The Amplifetes ist unser Baby. Wir können machen, was immer wir wollen, sind aber immer noch behutsam genug dabei, so dass wir nichts kaputt machen.

Gibt es denn bestimmte Alben von anderen Künstlern, die ihr als eine Art von Ideal anseht?
Tommy: Oh, das gibt es so viele. Das beste Album ist dennoch das, das gut einen roten Faden durch die gesamte Platte zu spannen versteht und dabei die spielerische Haltung weiter aufrecht hält.

Was denkt ihr, ist ein verbreiteter Fehler, den ein Künstler bei einem Album machen kann?
Tommy: Nicht in der Lage dazu zu sein, sich die Zeit zu neh- men, um die Songs sauber auszuarbeiten. Henrik K: Ein weiter Fehler ist es, zu bequem zu werden. Es ist zwar schön, viel Lob zu erhalten, aber wenn man sich nicht weiterbewegt, endet das Ganze aus kreativer Sicht im Tod. Es ist natürlich immer einfacher zu sagen, dass man das übernimmt, als es in der Realität dann wirklich anzuwenden. Es erfordert Mut und man muss auch darauf vorbereitet sein, eventuell zu verlieren. Wenn du das nicht bist, gehe bitte in Rente.

Als The Amplifetes performt ihr eure Songs auch live on stage, Wie können wir uns das vorstellen?
Tommy: Auch wenn das Album eine Vielzahl von Synthesizerlines aus dem Sequencer enthält, möchten wir diese bei unseren Auftritten auch wirklich live einspielen. Das bedeutet für uns viel Aufwand bei den Proben, damit wir alles live umsetzen können. Darüber hinaus sind wir sehr interessiert an visuellen Geschichten und haben dahingehend etwas echt Spannendes vorbereitet, das jedes Mal aufgeführt werden wird, wenn wir vor Publikum spielen.  

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Exklusive Videopremiere: The Amplifetes – You/Me/Evolution (DJ Hell Remix)
www.theamplifetes.com

Foto: Gustaf Hagstrand