Thievery Corporation – Music that makes you feel

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Thievery Corporation – Music that makes you feel

In einer immer schnelllebigeren Zeit freut es umso mehr, wenn zwei Künstler seit mehr als 20 Jahren weltweit Erfolge feiern können und eine feste Größe im Musikbusiness sind – und das ohne die Unterstützung eines Majors, ohne cheesige Radio-Singles oder Musikvideos mit größenwahnsinnigen Budgets. Die Musik von Rob Garza und Eric Hilton, besser bekannt als Thievery Corporation, eroberte von Washington, D.C. aus die Welt und inspirierte eine ganze Generation junger Musiker und DJs.

Dabei ist Inspiration auch für die beiden Amerikaner eines der Zugpferde ihrer musikalischen Entwicklung: Die Kombination aus Klängen des jamaikanischen Dub- und Reggaesounds, den südamerikanischen Rhythmen des Bossa Novas und orientalisch angehauchter Musik ist stilprägend für ihre eigene Interpretation des Trip-Hops. Doch nach acht Longplayern, zwei Remix-Alben, zwei DJ-Mix-Compilations und unzähligen Auftritten auf fünf Kontinenten kann man sicher sein, dass Thievery Corporation immer bereit sind, etwas Neues auszuprobieren, offen für alles bleiben und niemals in Stillstand verfallen. Ehrlich gesagt ist es auch schwer, auf einer Stelle stehen zu bleiben für die beiden Amerikaner, die ihre Heimat inzwischen auf der ganzen Welt gefunden haben. Denn sie befinden sich in ständigem Austausch mit unzähligen Musikern, die sie auf Festivals wie Coachella oder Lollapalooza live auf der Bühne begleiten oder mit denen sie im Studio zusammen an neuem Material arbeiten. Bei ihrem aktuellen Werk, das auf den Namen „The Temple Of I & I“ hört, kam es während der Studiosessions in Jamaika zu einer besonderen Begegnung, von der Rob Garza immer noch gerne erzählt: „Als wir im Februar 2015 begannen, in den Geejam Studios die Platte aufzunehmen, konnten die Mitarbeiter es kaum fassen, dass unser Band-Gitarrist und Freund Robbie Myers kein Einheimischer war. Sie waren es zwar gewohnt, dass Künstler aus aller Welt zu ihnen kamen, aber noch nie hatte jemand Fremdes einen solchen Zugang zum jamaikanischen Sound wie Robbie.“ Das neue Album ist ein konsequenter Schritt, gereift aus der Erweiterung der Dub-Ästhetik, die Thievery Corporation seit ihrer Debüt-EP „Sounds From The Thievery Hi-Fi“ kultivieren. Im Entstehungsprozess des Albums war es somit nur logisch, dass sie kopfüber in die reichhaltige und warme musikalische Umgebung von Port Antonio, Jamaika, sprangen, um die Magie und den Vibe dieses Ortes in ihre Musik einfließen zu lassen. Die Begegnungen mit anderen gleichgesinnten Musikern machen „The Temple Of I & I“ zu dem, was es ist: Ein sehr spirituelles Album, das es schafft, den Hörer tief in den jamaikanischen Kosmos eintauchen zu lassen. So viele Facetten dieser Kosmos hat, so vielschichtig ist auch das Album: Von Reverb-geladenen, epischen Tracks wie dem Opener „Thief Rockers“ über eingängig fließende, doch niemals an Spannung verlierende Hymnen zu virtuosen Instrumentalcollagen, die Gänsehaut erzeugende Organik mit modernem Sounddesign zu einer Synthese verbinden.

Dass sie bei ihren Live-Shows die Bühnen dieses Planeten in Kultstätten verwandeln, in denen Zuhörer verschiedenster Ethnien und Kulturen zusammen mit den zur Thievery-Corporation-Familie gehörenden Gastmusikern ihr Bewusstsein für eine Nacht an spirituelle Orte gleiten lassen, stellen sie seit Jahren unter Beweis und das sollte jeder mal miterlebt haben.

Aus dem FAZEmag 061/03.2017
Text: Bastian Gies
Foto: Jen Maler
www.thieverycorporation.com