Das kann doch nicht wahr sein. Leben, warum bist du so zu uns? Es ist der 16. Juli, als uns ein Post des offiziellen Tomcraft-Instagram-Accounts aus den Socken haut. Zu sehen: ein Foto der DJ- und Producer-Legende, versehen mit einem kurzen Text. Wir haben ihn noch nicht einmal richtig gelesen, da erahnen wir schon Böses: Thomas Brückner ist tot. Seine Frau Bine und ihre drei gemeinsamen Kinder Max, Amelie und Sophie haben die Meldung über ihren verstorbenen Vater publik gemacht. Ein schwarzer Tag für die elektronische Musikwelt, ein noch schwärzerer Tag für Familie, Fans und Freunde der Kosmo-Legende, die mit „Loneliness“ Anfang der 2000er einen bahnbrechenden Trance-Hit landete. Wir haben einige Erinnerungen und Anteilnahmen von Tomcrafts Wegbegleitern gesammelt.
„[…] Ausgerechnet du, Tom. Ein toller Kerl, Ehemann und Vater. Ein echter DJ und Produzent. Einer, der Musikgeschrieben hat. […] Ich habe sofort an unsere alten Zeiten in München gedacht und wie alles angefangen hatte. Auf einmal warst du da. Jung und wild, laut und frei. Trotzdem hast du dein Herz Bine geschenkt und ihr wart seitdem vereint. Ich erinnere mich noch an eure Hochzeit am Tegernsee. Drei tolle Kinder habt ihr bekommen und zusammen großgezogen. […] Ich erinnere mich an den Keller in der Domarkstraße, unser Studio, wo du und Eniac „Loneliness“ produziert habt. Das Vocal-Sample habt ihr von einem Acapella auf meinen Hip-Hop-Platten gehabt. Dann kam Kosmo Records. Wir waren die Kosmonauten. Du warst einer von uns. […] Du hast später Great Stuff Recordinge gegründet und warst auch noch Gastronom. Immer ein Macher, immer vorwärts. Ich weiß gar nicht, wie oft wir zusammen aufgelegt haben. Ob in den frühen 90ern im Pulverturm, Nachtwerk, Parkcafé oder später bei Mayday, Loveparade und Nature One. […] Vor ein paar Wochen haben sich unsere Wege endlich wieder gekreuzt bei einer Show in Belgien. Ich wollte mich eigentlich hinlegen, weil ich von der Nacht davor KO war, aber dein Anruf hat das verhindert. ‚Novy, altes Haus, komm, ich hab Hunger. Lass uns was essen gehen.‘ […] Eine Freundschaft, die ewig hält, trotz aller Umstände. So hat es sich beim Wiedersehen und deiner Umarmung angefühlt. Als wäre alles, was wir gemeinsam erlebt haben, erst gestern gewesen. Wir haben über zwei Stunden mehr geredet als gegessen und wie zwei uralte Freunde viel gelacht und uns erzählt, wie es uns in den letzten Jahren ergangen ist. Ich war froh, dass du gesund und munter warst. Glücklich in Sardinien angekommen mit deiner Familie. Du hattest Pläne, wolltest musikalisch wieder Gas geben und neue Musik machen. […] Später haben wir uns im Club wiedergesehen. Leider, und das ärgert mich sehr, bin ich bei der Hälfte, deines Sets gegangen, weil mein Flieger am Morgen um 7 ging. Ich habe dir immer gerne zugehört. […] Mein lieber Tom, ich bin wirklich tief traurig über deinen Tod. Und ich bin dankbar, dass wir uns noch einmal begegnet sind […]. Einmal mehr zeigt es mir, dass die Dinge im Leben nicht selbstverständlich sind und wir dankbar sein müssen für alles. […] Bis irgendwann, mein alter lieber Freund.“ – Tom Novy
„Ich bin total schockiert als ich (erst) heute [22. Juli 2024, Anm. d. Red.] von dem Tod meines lieben Kollegen DJ Tomcraft erfahren habe. Diese Nachricht hat mich zutiefst erschüttert und traurig gemacht. Ich kenne Thomas seit seinen / unseren Anfängen in den 90er-Jahren als DJ in München und die Erinnerungen an diese Zeit sind für mich von unschätzbarem Wert. Es war immer eine Freude und Bereicherung, ihn zu treffen. Unsere Gespräche waren inspirierend, und die Momente, die wir miteinander verbracht haben, waren voller Lachen und Spaß. Obwohl wir in den letzten Jahren keinen Kontakt mehr hatten, hat Thomas stets einen besonderen Platz in meinem Herzen behalten.
Ich möchte seiner Familie, seinen Angehörigen und Freunden mein tiefstes Beileid aussprechen.
Danke, Thomas, für all die schönen Stunden, die du uns geschenkt hast. Deine Musik und dein Wesen werden immer in unseren Herzen weiterleben.“ – Monika Kruse
„Unser guter Freund DJ Tomcraft ist mit nur 49 Jahren verstorben. Ich habe erst vor zwei Wochen mit ihm zusammen in Rügen gespielt. Er hatte ein tolles Set zusammen. Ich saß da und habe von Anfang bis Ende zugehört. Was ich sonst selten mache. Er klang großartig und unverwechselbar nach ihm. Es könnte sein allerletztes Set gewesen sein. Ich weiß es nicht. Ich habe vor drei Tagen mit ihm geplaudert und er sagte, dass er sich von einer Grippe erholt, aber er schien guter Dinge zu sein. Tom hatte fantastische neue Musik im Gepäck und freute sich sehr darauf, mit uns allen bei Rave The Planet zu spielen. Wie wir jetzt wissen: Es hat nicht sein sollen. Es ist wirklich herzzerreißend. Ruhe in Frieden, Bruder.“ – Westbam
„Unfassbar! Das Leben ist ungerecht! Wir haben so viel zusammen erlebt. Unsere witzige USA-Tour in Miami, Boston und Chicago. Ich war auf deiner Hochzeit am See. Wir haben uns in den letzten Monaten so oft gesehen und du hast immer so fit und lebenslustig gewirkt. Wir wollten noch dieses Jahr unsere gemeinsame Collabo starten. Ich kann es nicht glauben. Mach es gut, alter Weggefährte.“– Da Hool
„Ich habe ihn vor ein paar Wochen gesehen, wir haben zusammen gelacht. Er sah ein bisschen erschöpft aus, aber das hätte ich nie erwartet. Es tut mir so leid, Tom. Ruhe in Frieden, Bruder. Mein Herz ist bei der Familie […].“ – Talla2XLC
Tomcraft und die Kosmonauten – zehn unvergessene Tracks von Kosmo Records:
01 Da Hool – Meet Her At The Love Parade (1996)
02 BBE – Seven Days And One Week (1996)
03 Niels Van Gogh – Pulverturm (1998)
04 Moguai – U Know Y (2002)
05 Tom Novy feat. Lima – Now Or Never (2000)
06 Tomcraft – Overdose (2001)
07 Phil Fuldner – The Final (The Captain Future Theme) (1998)
08 Sonique on Tomcraft – Another World (2003)
09 Nalin I.N.C. – Planet Violet (1997)
10 Emmanuel Top – Turkish Bazar (2002)
Hier eines der legendärsten Sets von Tomcraft, während der Loveparade 2003:
Thomas Brückner verstarb am 15. Juli 2024. Ruhe in Frieden.
Aus dem FAZEmag 150/08.2024