Track-Check: Carl Cox – Let The Bass Kick (White Label, 1991)

Endlich wieder Track-Check. Und weil das Päuschen ein wenig ausgeufert ist, haben wir uns als Entschädigung jemand ganz Großes (im wahrsten Sinne) unter den Nagel gerissen: Carl Cox! Der Three Deck Wizard und King of Ibiza hat jüngst sein erstes Album seit zehn Jahren namens „Electronic Generations“ angekündigt, das am 16. September via BMG erscheinen wird und auf dem unter anderem Fatboy Slim und Nicole Moudaber zu hören sein werden. Vorab drehen wir die Zeit aber um über 20 Jahre zurück und sprechen mit Carl Cox über seinen Early-90s-Banger „Let The Bass Kick“!

Carl, „Let The Bass Kick“ ist 1991 erschienen. A loooooong time ago. Wie war der Vibe in deinem Studio damals und welches Equipment hattest du am Start?

Das Schlafzimmer war mein Studio. Mein Vibe bestand darin, den Track live mit drei Melodien und einem Vier-Sekunden-Sampler an einem Mischpult aufzunehmen. Ich erinnere mich daran, dass ich ihn direkt und ohne Edit aufgenommen habe. Mein Gear war damals noch sehr spartanisch. Ich hatte drei Technics-1200-Plattenspieler, einen Numark-PPD-Sampler und einen Tascam-4-Spuren-Stereo-Recorder, um acht Spuren gleichzeitig aufzunehmen.

Der Track fügt diverse Samples aus verschiedenen Genres zu einem neuen Stil zusammen. Wie hast du in den 1990er-Jahren deine Samples gefunden?

Echte Samples gab es nicht, sie stammen alle von anderen Vinyl-Platten. Ich spielte zu der Zeit vermehrt Hip-Hop und Breakbeat. Die erste Scheibe, die ich für „Let The Bass Kick“ gesampelt habe, war „The Morning After“ von Fallout. Ich kaufte sie mir damals in einem Plattenladen und fügte die Elemente dann zu „Let The Bass Kick“ zusammen.

An welcher Stelle merkst du: „Dieses Sample ist großartig, das werde ich verwenden!“?

Das Ding ist, dass es in allen Musikrichtungen großartige Samples gibt. Es geht also darum, etwas zu hören und es dann zu loopen und zu sampeln. Es ist ein Gefühl. Man hört etwas, von dem man das Gefühl hat, dass man es nutzen kann. Nicht das Offensichtliche sampeln, sondern ein Ohr dafür haben, um das kleine Stück Musik zu finden, das funktionieren wird. That’s the way to go.

Die Samples stammen aus verschiedensten Quellen. Wie hast du es geschafft, sie zu einer derart homogenen Mischung zu verarbeiten?

Das passiert einfach. Ich habe diese Platte ausgewählt, „Fallout“ verwendet und bestimmte Teile davon gesampelt. Ich hörte es und dachte: „Alles klar, das ist es.“ Ich schuf den Rhythmus des Gesangs, der diesen Track ausmachte.

Kommen wir zu den Drums: Kannst du uns etwas über das Layering erzählen und erklären, wie du sie so groovy hinbekommen hast?

Bei der Verwendung von Drumloops kann man Drums aus allen Genres verwenden und sie auf ein bestimmtes Tempo einstellen. Darin befindet sich ein Groove, den man normalerweise nicht finden würde. Das nennt man wohl einen glücklichen Zufall! Es geht darum, wie man sich dabei fühlt. Und das, was dabei herauskommt, ist der Groove. Man nimmt heraus, was nicht funktioniert, und lässt das, was funktioniert, im Mix.  

Das Arrangement des Tracks ist sehr dynamisch. Kannst du dich noch daran erinnern, wie du das angestellt hast? Gab es damals eine Art Leitfaden oder Geheimrezept, um einen Banger zu produzieren?

Als Producer kommt es vor allem darauf an, wie du deine Musik arrangierst. Es gibt keine goldene Formel. Du triffst Entscheidungen, die für dich im richtigen Moment Sinn ergeben. Solange man seinen Track in einer Takt-Schleife hält, ist es quasi unmöglich, ein schlechtes Arrangement zu gestalten.

Du bist nun schon seit Ewigkeiten in der elektronischen Musikbranche aktiv und bekleidest dort eine essenzielle Rolle. Kannst du unseren Leser*innen ein paar Studio-Tipps mit auf den Weg geben?

  1. Was auch immer du kreierst, tu es mit Leidenschaft, Herz und aus vollster Überzeugung.
  2. Natürlich benötigst du Talent, aber versuche trotzdem, immer weiter zu lernen und probiere dich an Instrumenten wie Keyboard, Schlagzeug oder Gitarre aus. Das wird dir helfen, Musikalität zu verstehen.
  3. Hab Spaß. Mach Musik, um Spaß und eine gute Zeit zu haben. Nicht für den Erfolg in den Beatport-Charts.

 

 

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