Track-Check: DJ Naughty – Boing Bum Tschag (International Deejay Gigolo Records, 1996)

 

Fillippo (li.) mit Bruder Gio

“Boing Bum Tschag“ von DJ Naughty markiert das allererste Release – als Doppel-A-Seite mit David Carrettas „Innerwood“ – auf DJ Hells ikonischem Label International Deejay Gigolo Records und darf nicht nur deshalb in keiner Klassiker-Sammlung fehlen. Die Samples stammen vom Kraftwerk-Klassiker mit dem fast identischen Titel „Boing Boom Tschak“, der damals in Dauerschleife in DJ Naughtys Player lief und als Inspirationsquelle gilt. Wir haben mit Filippo Moscatello alias DJ Naughty über sein Meisterwerk gesprochen.

Filippo, kannst du dich noch an den Vibe im Studio erinnern, als „Boing Bum Tschag“ entstand?

Ich hatte mir zu dem Zeitpunkt gerade eine Casio RZ-1 Drummachine gekauft, mit der man unter anderem kleine Samples aufnehmen konnte. Als ich dann „Boing Boom Tschak“ von Kraftwerk auf Platte hörte, wusste ich, dass ich damit herumexperimentieren wollte. Ich saß also abends allein im Studio, schloss meine Geräte zusammen und legte los. Der Vibe hat an diesem Tag einfach gepasst und als der Track fertig war, dachte ich nur: „Yeah, das ist es.“

Wie sah dein Studio 1997 aus und wie hat es sich über die Jahre verändert?

Angefangen habe ich mit einer Roland TR-707 und einer Roland SH-101. Die 707 hatte ich damals – anstelle einer Gage für eine eher mittelmäßige Party – von einem Kumpel geschenkt bekommen. Generell war mein Studio damals massenweise mit Roland-Synthesizern bestückt, obwohl ich viele davon nur selten verwendete. Bei der 505 weiß ich bis heute nicht, wie sie klingt. Ansonsten hatte ich noch einen Soundcraft-Mischer, ein, zwei Effektgeräte und natürlich einen DAT-Recorder. Viele Geräte, die ich heute über alles liebe, sind damals komplett an mir vorbeigegangen. Zum Beispiel der Akai MPC-3000 oder der E-mu SP-1200. Heutzutage arbeite ich mit einem Apple Macbook Pro, der kompletten Arturia-Collection, Metric Halo und der E-mu SP-1200.

Der Track spielt mit Elementen, die man heute als „classy“ bezeichnen würde, und einigen verrückten Samples. Woher kamen die Samples?

Die sind meistens eher intuitiv bzw. zufällig entstanden. Ein großes Technik-Genie war ich nie und deshalb habe ich die ganzen Prozesse nie sonderlich hinterfragt, sondern einfach herumprobiert. Das gestaltete sich dann meistens so, dass ich alle Kanäle der 707 oder 808 in mein Mischpult steckte, zwei Effektgeräte zuschaltete und fleißig an den Knöpfen drehte – mit einem für meine Begriffe großartigen Resultat.

Wie ist der Cowbell-Sound entstanden?

Der Cowbell-Sound ist mit der 808 entstanden. Ich habe ihn dann mit ein paar billigen Effektgeräten „aufgemotzt“ und ins Mischpult eingedreht. Ganz genau weiß ich das leider nicht mehr, da ich, wie gesagt, immer sehr intuitiv gearbeitet habe.

Die Drums klingen nach legendärem Vintage-Equipment à la Roland TR-909. Welche Tipps hast du im Umgang mit Vintage-Instrumenten, damit sie immer noch frisch klingen in der heutigen Zeit?

Gute Frage, die ich eigentlich gar nicht beantworten kann. Wer heute frisch klingen will, sollte womöglich andere Geräte benutzen, denn der Sound von 909 & Co. klingt eben „alt“ und nostalgisch, aber das ist auch gut so. Viele der neueren Produktionen klingen einfach zu feinpoliert, zu akademisch oder vielleicht auch einfach zu perfekt.

Gerade die Bassline bringt Groove in den Track. Wie hast du diese komponiert und wie ist der Sound entstanden?

Die ist aus dem Zusammenspiel von CV/Gate und Triggern entstanden. Ich habe die Noten im Wechsel von Halftime und Doubletime eingespielt und irgendwie ist dann dieser geile Sound dabei rumgekommen.

Ist das lebhafte, treibende Arpeggio als Live-Jam entstanden?

Genau, das ist alles per Zufall im Live-Jam entstanden.

Auf was achtest du beim Mischen des Tracks am meisten?

Dass es meinen Ohren guttut. Ich bin nur nach Gefühl gegangen, weil ich damals keine Monitorboxen oder dergleichen hatte, sondern lediglich meine Hifi-Kenwood-Boxen und mein Mischpult. Das Einzige, auf das ich geachtet habe, war der Pegel, und das mache ich auch heute noch.

 

 

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