Track-Check: Len Faki – Robot Evolution (FIGURE)

Wer Techno sagt, muss auch Len Faki sagen. Der Berliner ist Berghain-Resident seit der ersten Stunde und feierte im letzten Jahr den 15. Geburtstag seines Labels FIGURE – mit der Compilation „Figure 100“. Darauf befand sich auch sein Track „Robot Evolution“, der sich zu einem veritablen Clubhit entwickelte. Wie der Track entstanden ist, erklärt er uns hier. 

 

Robot Evolution“ kommt dunkel, hypnotisch und sehr wuchtig. Zu welchem Zeitpunkt entfaltet er sich im Club am besten?

Danke. Ich finde auch, dass „Robot Evolution“ hypnotische Qualität hat, da gebe ich dir absolut recht. Entsprechend spiele ich ihn gerne zu speziellen Momenten, wenn ein losgelöster Vibe herrscht. Das ist nicht zur absoluten Peaktime, eher, wenn die Nacht schon eine ganze Weile andauert oder auch zu den späteren Morgenstunden. Dann fühlt sich der Track richtig an und man spürt, dass die Leute offen sind, sich auf die Deepness einzulassen.

Aus wie vielen Spuren inklusive Layer besteht „Robot Evolution?

Da müsste ich das Projekt tatsächlich nochmal im Studio aufmachen. Momentan bin ich aber auf Tour. Es waren im Vergleich zu manch anderen Projekten recht viele Spuren, allein schon durch das Vocal, die Fläche und die vielen Details.

Woher stammt das namensgebende Vocal?

Das Vocal habe ich eher zufällig gefunden, jedoch genau zur rechten Zeit. Wie ihr vielleicht schon mitbekommen habt, habe ich eine Schwäche für Weltraumthemen und beschäftige mich in meiner Freizeit auch mal gerne mit wissenschaftlichen Artikeln über Planeten und dergleichen. Ich habe dafür ein paar Lieblingsblogs und -foren. In einem ergab sich aus einer Diskussion heraus die Idee, aus Spaß ein paar selbst erstellte Sci-Fi-Sounds zu teilen. Da haben letztlich viele mitgemacht und ich bin dabei über das Vocal gestolpert. Natürlich habe ich es noch umfangreich bearbeitet. Zu dem Zeitpunkt stand unsere Jubiläums-Compilation „FIGURE 100“ an und ich wollte dafür etwas Neues produzieren. Das Vocal hat die Track-Idee komplett gemacht.

Welches Equipment oder welches Plug-in war für „Robot Evolutionessenziell?

Prinzipiell war jedes Plug-in wichtig, um zu dem „Robot Evolution“-Sound zu kommen. Für dieses Sounddesign habe ich aber vor allem Plug-ins von Native Instruments, Soundtoys und Audio Damage benutzt. Für den Lead-Sound wollte ich im Sinne des Titels etwas finden, dass nach einer neuen Zeit klingt, Future-Space-Sound sozusagen, aber eben auch nach einer digitalen Welt. Eine gewisse Wärme sollte der Sound haben und gleichzeitig digitale Einfärbung. Beim FM8 von Native Instruments hab ich dafür passendes Ausgangsmaterial gefunden. Mit Absynth habe ich dann noch eine dezente Sub-Fläche dazu gebaut. Absynth ist ja eher für Effekt-geladene Sounds bekannt, aber man kann ihn auch sehr gut für so etwas nutzen. Um dem statischen Lead-Sound dann Bewegung zu geben, habe ich den Rough Rider Pro von Audio Damage benutzt. Der kann sehr kurze Releasezeiten und man kann mit dem ziemlich gut die Release- und Attack-Hüllkurve eines Synths simulieren. Der Lead-Sound atmet dadurch und klingt lebhafter.

 

Deine Tracks sind fast alle von einer dominanten Kick geprägt. Wie baust du dieses Element? Layering? Lange Effektketten? Bisschen von allem?

Ich habe definitiv eine große Leidenschaft für die Kick. Sie lag mir schon immer am Herzen. Bei „Robot Evolution“ fand ich zur Abwechslung aber eine deepe 808-Kick mit längerem Decay passend. Also eigentlich eher weniger dominant für meine Verhältnisse.

Aber ich stimme dir in allem zu: Effekt-Ketten, Layering und ein bisschen von allem, genau. Da gibt es leider kein Patentrezept und mein Ansatz ist oft unterschiedlich. Das würde hier den Rahmen sprengen. Am wichtigsten finde ich die Erfahrung, die man im Laufe der Zeit sammelt, durch das viele Experimentieren im Studio und auch das Ausprobieren in den Clubs. Ich habe mir über die Jahre eine Library aus hunderten eigenen Kickdrums angelegt, auf die ich jetzt zurückgreifen kann. Daher muss ich heute nicht mehr so viel Zeit investieren und finde es auch überflüssig immer neue zu machen, wenn man eine Bandbreite hat, die alles, was man braucht, abdeckt. Etwas anpassen muss man sie natürlich trotzdem immer.

Früher habe ich extrem viel Zeit mit Sounddesign verbracht. Da kam es schon vor, dass ich stundenlang verschiedene Kicks ausprobiert habe – gelayert, mit verschiedenen EQs und Reverbs versehen, nochmals aufgenommen, wieder bearbeitet. Und dann irgendwann für die Library zusammengeschnitten und archiviert. Für Claps und Hi-Hats hab ich ähnliche Verfahren angewendet und in vielen Sessions probiere ich einfach nur Sachen aus, nehme auf, spiele herum und speichere dann eventuell Sounds. Teils öffnet man diese später wieder und weiß gar nicht mehr wie man sie genau erstellt hatte oder bearbeitet diese dann nochmal weiter. So entstehen immer spannende Sachen. Bei Sessions, bei denen es um einen Track-Workflow geht, hat man da nicht immer die Zeit für. Mittlerweile habe ich ja auch so eine große Leidenschaft für Edits für mein Label LF RMX entwickelt. Dafür bastle ich an eigenen Effekten herum, die sich in verschiedenen Tracks wiederfinden. Da ich immer eigene, sehr konkrete Vorstellungen habe, würde es zu lange dauern, immer bei Null mit dem Sounddesign anzufangen. So eine eigene Library ist absolut Gold wert. Ich kann nur jedem empfehlen, sich die Mühe zu machen.

Auch Reverb und Delay spielen bei „Robot Evolution“ eine Rolle. Greifst du hier auf analoge Geräte zurück oder ziehst du „In the box“-Varianten vor?

Bei „Robot Evolution“ ist alles „in the box“ passiert. Ich bin aber momentan dabei, ein neues Studio einzurichten, bei dem es vor allem in der Effektsektion auch Outboard-Equipment geben wird.

Wie lange arbeitest du in der Regel an einem Track und wie lange hast du für „Robot Evolution“ gebraucht?

Das variiert von Track zu Track. Für mich ist es aber essenziell wichtig, dass der Funke während der Produktion überspringt. Wenn das nicht passiert und ich merke, dass ich nicht richtig weiterkomme, dann finde ich es wichtig, auch etwas beenden zu können, zu löschen und woanders weiterzumachen. Das breche ich dann nicht über die Stange. Bei „Robot Evolution“ hatte ich zwei oder drei Sessions für das grobe Grundgerüst. Anschließend kam das Vocal hinzu, das ich auch länger bearbeitet habe und dann zuletzt die Fläche. Ich habe den Track zwischenzeitlich ruhen lassen, aber immer mit einem Gefühl, dass da alles cool ist, es etwas reifen muss, um dann beim nächsten Anhören zu merken, dass da eventuell noch die Fläche fehlt oder ein Sound etwas modifiziert werden müsste.

Wie kam es zu dieser Produktion? Gab es eine Initialzündung, zum Beispiel ein besonders intensives Set im Vorfeld?

Zu der Zeit stand ich mit dem Label kurz vor dem 15-jährigen Jubiläum, das wir unter anderem mit der „FIGURE 100“-Compilation gefeiert haben. Ich habe dadurch viel über das Label nachgedacht, einiges Revue passieren lassen und mich gefragt, was in wohl 15 Jahren sein wird. Wie wird sich die Welt entwickeln? Das wollte ich inhaltlich zum Ausdruck bringen und als ich das Vocal-Sample fand, wusste ich, dass ich das einbauen möchte. Das traf total meine Gedanken und die Sci-Fi-Thematik. Das ist auch nicht unbedingt üblich, dass ich so viel zu einem Track oder einer Track-Idee nachdenke. Finde es aber sehr schön, dass es hierbei passiert ist. Aber es steht ja auch nicht jeden Tag das einhundertste Release und ein 15-jähriges Jubiläum an, daher war es für mich passend, konzeptionell zu arbeiten. Das letzte Mal geschah das bei „Kraft und Licht“, das auf Ostgut Ton erschienen ist. „FIGURE 100“ war mir ebenso eine Herzensangelegenheit, da wollte ich etwas zum Ausdruck bringen, dass mir persönlich etwas bedeutet. Daher auch die Entscheidung dazu eine Remix-EP zu veröffentlichen, um mit dem Track in verschiedenen Interpretationen noch mehr Leute zu erreichen.

Du hast einen sehr ausgeprägten Signature-Sound, der sich durch deine Produktionen und Sets zieht. Inwiefern lässt du dich noch von außen beeinflussen?

Ich denke, man ist in gewisser Weise immer von außen beeinflusst. Das kann durch Musik sein, die ich privat höre oder die ich auflege. Oder Gefühle, die man wahrnimmt. Ich versuche aber eigentlich immer den Fokus darauf zu legen, was sich für mich gut anfühlt

und was mir vertraut ist. Ich bin natürlich schon eine Weile dabei und rückblickend ist klar, dass es eine ständige Entwicklung in meinem Sound gab – mit rotem Faden natürlich. Früher war bei mir mehr „Big Room“-Sound, heute finde ich deepe Sachen ebenso spannend und brauche es nicht immer brachial.

Für „Robot Evolution“ erschienen die eben schon erwähnten Neuinterpretationen. Nach welchen Kriterien hast du die Remixer ausgewählt?

Für mich war es wichtig, dass es eine gewisse Variation gibt und man Künstler an Bord hat, die verschiedene Facetten des Originals individuell ausdrücken können. Mit dem Vocal und der Fläche bot es sich an, nicht nur Techno auf die EP zu nehmen, sondern zum Beispiel mit Emika einen Pop-Einschlag zu verfolgen und mit Jensen Interceptor Electro miteinzuschließen – passend zum „Robot Evolution“-Thema. Emika hat von sich aus schon so einen Future-Sound und denkt sehr innovativ, sie hat sich eine ganze Story ausgedacht und eigene Vocals hinzugefügt, was ich sehr toll finde. Charlotte de Witte hat das Original in eine noch deepere Version verwandelt. Ein fantastischer und für sie unüblicher Mix, der sehr viel gutes Feedback bekommen hat. Benjamin ergänzt die Platte mit einer rauhen straight-forward Version, die zur Peaktime immer bestens zündet.

Wenn du heute nochmal die Möglichkeit hättest, Hand den „Original Mix“ zu legen. Würdest du Kleinigkeiten ändern? Im Arrangement, im Mix? Oder würde man so nie zu einem Ende finden?

Das Thema ist tatsächlich schon mal aufgekommen, als es um die Planung der Remix-EP ging. Mein lieber Labelmanager hatte angeregt, ob ich dafür selbst eine Version 2.0 mache. Ich habe allerdings realisiert, dass ich mit dem Original zufrieden bin und es gerne so stehen lassen möchte. Ich spüre keinen Bedarf, dem nochmal etwas hinzuzufügen und fand es wichtiger, dass den Remix-Künstlern in die Hände zu geben.

 

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Foto: Flavien Prioreau